"Keine Selbstverständlichkeit": Dorfladen in Jagsthausen schreibt noch immer schwarze Zahlen
Der 2011 eröffnete Dorfladen in Jagsthausen ist eine Erfolgsgeschichte. Bürgermeister Roland Halter wünscht sich dennoch mehr Unterstützung von der Politik.

Nudeln aus dem Schöntal, Honig aus Jagsthausen oder Kaffee aus Heilbronn: In den Regalen des Dorfladens Jagsthausen stehen zahlreiche Produkte aus der Region. Wer hier einkauft, findet wirklich alles, was er braucht und muss dafür nicht erst in einen klassischen Vollsortimenter fahren. Neben Lebensmitteln reihen sich hier Drogerie, -Haushalts- und Schreibwaren aneinander. Mit seinen mehr als 3.000 Artikeln ist der Laden „weitaus mehr als ein Tante-Emma-Laden“, wie Bürgermeister Roland Halter, auf dessen Initiative der Dorfladen zurückgeht, unterstreicht. Der Laden misst stolze 250 Quadratmeter, auf denen auch eine Metzgerei, eine Bäckerei und eine Post-Annahmestelle untergebracht sind.
„Jeden Morgen sorgen hier fünf ehrenamtliche Mitarbeiter dafür, dass die Regale gefüllt sind“, erklärt Halter. „Das entlastet uns erheblich.“ Wie er betont, sei der Fortbestand des Ladens seit seiner Eröffnung 2012 „keine Selbstverständlichkeit“. Durch die vielen Stammkunden sei es bis dato gelungen, den Dorfladen rentabel zu führen und schwarze Zahlen zu schreiben. „Einige Kunden reisen sogar aus 20 bis 25 Kilometern Entfernung an, weil sie sagen: Wir unterstützen euch und nicht die Discounter.“ Alleine mit Kunden aus Jagsthausen wäre der Markt laut Halter wohl nicht rentabel, durch die Kunden von auswärts zähle man jedoch täglich 600 Besucher.
Bürgermeister Roland Halter appelliert an Politik: Gleiche Herausforderungen wie große Lebensmittelhändler
Laut Marktleiterin Claudia Klappenecker beschäftigt der Dorfladen derzeit 14 Mitarbeiter, manche davon arbeiten nur stundenweise. Die Gehälter abzudecken und gleichzeitig Umsatz zu machen, sei laut Halter ein knappes Unterfangen: „Die Erhöhung des Mindestlohns im Jahr 2023/2024 hat den Gewinn des Jahres 2022 aufgefressen“, sagt er. Wie er betont, habe man im Lebensmittelbereich eine geringe Umsatzrentabilität. „Aus ein bis zwei Prozent können auch schnell mal Minus ein Prozent werden.“ Das würde er gerne auch der Politik sagen. Diese solle verstehen, dass man hier vor die gleichen Herausforderungen gestellt werde wie große Lebensmittelhändler.
Beim Gang durch den geräumigen Laden ist die Vertrautheit von Mitarbeitern und Kunden spürbar: Man kennt sich, grüßt sich, plaudert nett. Selbst, wer der eingeschworenen Gemeinschaft nicht angehört, kann erahnen, wie wichtig dieser Ort des Zusammenkommens für die Bürger ist, der die Grundversorgung vieler von ihnen vor Ort sichert. Nachdem die Gemeinde 2010 nach der Schließung von Metzgerei und Bäckerei ohne Grundversorger dastand und eine Edeka-Tochter erklärte, sich doch nicht anzusiedeln, musste eine andere Lösung her.
Idee zum Dorfladen einst aus der Not geboren
„Wenn dir niemand hilft, hilf dir selber“, so Halters damaliges Motto. Gesagt, getan: Mit Unterstützung einer Genossenschaft wurde der Dorfladen 2012 eröffnet, 2016 folgte das angrenzende Café. Unterstützt wurde das Projekt mitunter vom „Entwicklungsprogramm ländlicher Raum“ des Landes Baden-Württemberg mit 100.000 Euro.
Der Dorfladen ist täglich von 7-18 Uhr geöffnet, mittwochs derzeit nur bis 13 Uhr. „Aufgrund von Personalproblemen mussten wir die Öffnungszeiten übergangsweise reduzieren“, sagt Halter. Etwa 30 Ehrenamtliche im Alter von 25 bis 70 Jahren unterstützen den Dorfladen aktuell. Laut Halter werde es aber zunehmend schwieriger, freiwillige Helfer zu finden. "Jeder nimmt seine Rechte wahr, aber gesellschaftliche Pflichten werden vernachlässigt."