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Haushaltsplanbeschluss Leingarten
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In Leingarten sieht man kommunalen Haushalt im globalen Kontext

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In Leingarten geben sich die Fraktionssprecher bei der Beratung vor der Beschlussfassung zum Haushalt 2025 staatsmännisch. Fast alle sechs beziehen in ihre Reden die Bundes- und die Weltpolitik mit ein. Am Ende stimmt einer gegen den vorgeschlagenen Haushalt.

Auf der Einnahmenseite stehen im Leingartener Haushalt die Steuern aus dem Gewerbegebiet ganz weit oben.
Auf der Einnahmenseite stehen im Leingartener Haushalt die Steuern aus dem Gewerbegebiet ganz weit oben.  Foto: privat

Bei 6,7 Millionen Euro liegt der aktuelle Gewerbesteuerstand, informiert Bürgermeister Ralf Steinbrenner vor Beschlussfassung des Leingartener Haushalts 2025. Erst nach einem geradezu staatsmännischen Vortrag zur globalen Lage und einer verhalten optimistischen Betrachtung der aktuellen politischen Situation auf Bundesebene kommt der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Landesvatter darauf zu sprechen: „Leingarten ist leider nicht mehr schuldenfrei.“ Wie nahezu alle Kommunen sei man bei den Ausgaben fremdbestimmt. Bei weiteren als den im Haushalt eingerechneten Maßnahmen plädiert er für ein „Fahren auf Sicht“. Fördern wolle seine Fraktion Klein- und Mittelbetriebe als Rückgrat der Wirtschaft.

Auch mal auf das Gute sehen

Daniel Kiesow, Sprecher der Freien Wähler (FWV), bezieht sich ebenfalls auf die Weltlage, aber aus einem anderen Blickwinkel: „Ich möchte hervorheben, wie gut es uns hier mehrheitlich geht.“ Die Werte in der Haushaltsplanung seien nur planerische Größen. Ausdrücklich lobt er die bisherigen Investitionen der Stadt, und er findet: „Der wahre Wert unserer Stadt liegt nicht in finanziellen Ressourcen, sondern in unseren engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die sich aktiv in das Gemeinschaftsleben einbringen.“

Klimawandel macht nicht vor Leingarten Halt

Ohne Umschweife kommt Brigitte Wolf auf die zentralen Anliegen ihrer Partei zu sprechen: Es geht „uns Grünen darum, dass wir unsere Stadt auch in Zeiten klammer Kassen nachhaltiger, klimafreundlicher, sozialer und gerechter gestalten.“ Aller wirtschaftlichen Angespanntheit zum Trotz sollte „das Erreichen der Klimaziele oberste Priorität haben“. Schließlich, so die Fraktionsvorsitzende: „Dem Klimawandel ist unser Haushalt völlig egal“, doch die Folgen würden Leingarten nicht verschonen. Die Grünen wünschen sich mehr PV-Anlagen und die Windkraftanlagen auf dem Heuchelberg, um das Klimaziel 2035 zu erreichen. 

Was man will, kann man sich leisten – zumindest finanziell

Auch Felix Rieker (Liste 19) holt zu einem globalen Rundumschlag aus. Er zitiert die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi. „Die Schoah begann nicht mit Auschwitz, sie begann mit Worten.“ Einige teure Maßnahmen in Leingarten sind für ihn unverzichtbar auch wenn sie die Stadt „immer wieder vor Herausforderungen“ stellen, insbesondere die kostspielige Aufnahme Geflüchteter. Zum Haushalt zitiert er den Ökonomen John Maynard Keynes: „Anything we can do, we can afford – Alles was wir leisten können, können wir uns auch leisten.“ Wichtig sind seiner Fraktion besonders Sportförderung, Kinder, Jugendliche, aber auch Wohnraum für Senioren. 

Haushalt hängt von bundespolitischen Entwicklungen ab

Wolfgang Kretschmann (SPD) sieht ebenfalls, dass die „Situation des Haushalts erheblich von bundespolitischen Entscheidungen abhängig“ ist. Er befürchtet einen Krieg um die Verteilung von Fördergeldern. Die Positionen seiner Fraktion bleiben hinter einer langen Auflistung von Zahlen und Fakten aus der Haushaltsplanung verschwommen. Klar wird, dass er auf Schuldentilgung hofft, unter anderem durch den Verkauf von Grundstücken aus dem Kappmannsgrund 5.

Einfach mal gegen alles sein

Zum ersten Mal eine Haushaltsrede hält das einzige Fraktionsmitglied der Unabhängigen Liste Leingarten (ULLe). Jörg Kühlwein kritisiert neben der Verwaltung etwa den „fragwürdigen Nutzen von Energie-Großprojekten“ wie das Umspannwerk. Auch spricht er von „aus dem Ruder gelaufenen Migrationskosten“, kritisiert die „undurchdachte Grundsteuerreform“ und kommt schließlich auf das ULLe-Hauptthema zu sprechen: Die geplanten Windenergieanlagen auf dem Heuchelberg. Hiervon erwartet die Fraktion nur Negatives. So kommt er – unbeirrt von Lachern und empörtem Gemurmel anderer Räte – zum Schluss: „Somit bleibt uns nur die Möglichkeit, gegen die Verabschiedung des Haushalts als Ganzes zu stimmen.“

Und so kommt es auch: Nachdem das Gremium noch mehrere Anträge (siehe Kasten) diskutiert hat, beschließt es nur mit der einen Gegenstimme Kühlweins den Haushaltsplan wie von der Verwaltung eingebracht.

Kein Strand am Kulturgebäude

Vor der Beschlussfassung diskutierte der Gemeinderat noch diverse Anträge zum Haushalt. So wird die Stadt ab 2026 versuchen, in Absprache mit dem Bauhof, die Entsorgung von Plastik auf den Friedhöfen anzubieten. Den Prüfantrag stellten die Grünen. Bürger regten an, im Sommer am Kulturgebäude einen Strand als Ort für spontane Begegnungen zu schaffen. Da dies für die Verwaltung mit einem Ausschank verbunden ist und kein örtliches Weingut Interesse gemeldet hat, wird dieser Vorschlag nicht weiterverfolgt. Auch die Anträge, eine Vereinsbörse zu schaffen und einen Radschutzstreifen, wurden mit Argumenten bis auf Weiteres nicht verfolgt. 

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