In Cleebronn kommt der Stromnetzausbau dem Bedarf nicht hinterher
Im Industriegebiet Langwiesen fliegen immer wieder Sicherungen raus, weil die Stromleitungen nicht ausreichen. Große Güglinger Firma hat ihren Bedarf erst sehr spät angemeldet. Netze-BW arbeitet an der Aufrüstung.

Sie zischt, quietscht, sprüht Funken, während ihr Laserarm über die große Metallplatte schwebt und die Linien einkerbt, die Heinz Holzhäuer zuvor auf dem Plan am PC referenziert hat: die Laserschneidmaschine in der Fertigungshalle der Firma Hesa auf Cleebronner Gemarkung des interkommunalen Industriegebiets Langwiesen.
„Wir produzieren Dunstabzugshauben für das obere Preissegment“, erklärt Holzhäuer. Auch Plasma-Luftreinigungsgeräte gehören zum Sortiment. Vor acht Jahren hat er sich vergrößert und seine Firma von Sternenfels nach Cleebronn verlagert. Doch jetzt hat er ein Problem: Ständig fliegen die Sicherungen raus.

„Damals habe ich die Stickstoffanlage angeschafft“, erklärt der 64-Jährige, warum die Hauptsicherung rausfliegt, seit er sich den Generator vor zwei Jahren zulegte. Ohne Stickstoff kann er den Laserschneider nicht betreiben.
Wenn Stickstoff produziert wird, muss alles andere warten
Früher kaufte der Unternehmer das Gas ein, „das war irgendwann zu umständlich“. Auch sei es wirtschaftlicher, den Stickstoff vor Ort zu produzieren. Doch jetzt kosten ihn die unfreiwilligen Produktionspausen Geld. Denn wenn die Anlage läuft, dürfe sonst nichts laufen, nicht einmal die E-Fahrzeuge vor der Tür aufgeladen werden, so Holzhäuer. Und schon gar nicht die Laserschneidmaschine: „Wenn die rausfliegt, muss ich von vorne anfangen und sie wieder referenzieren.“
Zum Beweis schaltet er den Kompressor ein. Nach drei Minuten übertönt ein Alarmsignal den Maschinenlärm. Schnell drückt Holzhäuer den Ausschalter. Am Sicherungskasten zeigt er: „Eine Phase ist jetzt draußen.“
Energieversorgung in Cleebronn ein Riesenproblem
Das große Problem sei die Energieversorgung. „Hier liegt ein Hauptanschluss für das ganze Areal – abgesichert mit 63 Ampere.“ Wenn diese Sicherung durchbrenne, müsse jemand von der Netze BW kommen, um sie auszutauschen. Er schüttelt mit dem Kopf: „Wenn ich ein Industriegebiet mache, kann ich nicht so kleine Leitungen einbauen.“

Auch sein Vermieter schimpft: „eine Katastrophe!“ Josef Staudinger schränkt ein, dass er für den Bau der Halle den Bedarf von 40 Watt, eben 63 Ampere, beim E-Werk angemeldet hatte: „Das hat damals gelangt.“ Doch jetzt nicht mehr, zumal er noch eine weitere Halle gebaut hat. Und nun, sagt der 76-Jährige Betreiber, wolle die EnBW, „dass ich selbst eine Leitung vom Trafo aus lege. Für 170.000 Euro!“ Er droht an: „Dann höre ich auf.“

Bis das Problem gelöst ist, hat er Holzhäuer Dieselaggregate angeboten – für diesen aber keine Alternative. Auch eine geforderte Solaranlage auf dem Dach will Staudinger nicht bauen: „Die Energie, die ich damit kriegen würde, kriege ich nicht weg.“ Denn auch hierfür bräuchte es eine entsprechende Leitung.
Das bestätigt auch Mario Dürr. Er kenne zwar die Thematik nicht, sagt der Geschäftsführer der Neckar Netze GmbH, aber: „Wenn die Leitung überlastet ist, kann man die auch mit einer PV-Anlage nicht einspeisen.“ Die Netze müssten mithalten. Während die Neckar Netze und die Kommunen Eigentümer der Stromnetze sind, sind die Netze BW die Betreiber. Diese seien seit zwei Jahren dabei, das Netz im Gebiet Langwiesen zu verstärken.
Bis Ende 2025 soll das Netz ausgebaut werden
Motiv für den Ausbau sei aber der Ausbau der Firma Layher. Der Güglinger Gerüstbauer habe seinen Strombedarf erst sehr spät mitgeteilt. Sieben Megawatt fragte er an, während das Netz nur drei bringen könne, so Dürr. Doch auch wenn diese Anfrage Auslöser für die Erweiterung des Netzes war, laufe das Werk: „Also sind wir in der Lage, die Strommenge zu liefern, die Layher braucht.“ Von anderen Firmen mit erhöhtem Strombedarf weiß Dürr nichts. Er kann nur in Aussicht stellen: „Ziel ist, dass das Netz bis Ende 2025 ausgebaut ist.“
Dem Vorsitzenden des Zweckverbands Wirtschaftsförderung Zabergäu, der das Gebiet Langwiesen betreibt, ist die Problematik bekannt: „Es muss dringend nachgerüstet werden“, sagt Thomas Csaszar, „aber die Netze BW ist dabei.“ Man habe vor 20 bis 30 Jahren nicht auf dem Schirm gehabt, dass sich dort eine Firma Layher ansiedeln würde.
Anforderungen an Stromnetze haben sich verändert
„Die Anforderungen an die Stromnetze haben sich stark verändert: Die Netzinfrastruktur wurde in der Vergangenheit auf das damalige Energiesystem ausgelegt“, nimmt der EnBW-Pressesprecher Ralph Eckhardt Stellung zur Langwiesen-Problematik. Damals wurde Strom von zentralen Groß-Kraftwerken hin zu den Endverbrauchern transportiert. „Heutzutage fließt der Strom nicht nur in beide Richtungen, sondern die Netze müssen zusätzlich die Einspeisung von Photovoltaik- und Windenergie bewältigen und zunehmend Energie für Elektromobilität, IT-Server sowie zur Wärme- und Kälteerzeugung bereitstellen. Aufgrund zahlreicher Leistungserhöhungen wird das Stromnetz kontinuierlich ausgebaut. In der Region um Cleebronn wurden bei der Netze BW einige sehr hohe Leistungsanfragen in kurzen Abständen eingereicht. Die führten dazu, dass bestehende Kapazitäten ausgelastet wurden und einen Netzausbau notwendig machen.“
Netzbetreiber müssen frühzeitig über Bedarf informiert werden
Firmen aufgefordert zu haben, auf eigene Kosten Leitungen zu legen oder sich Generatoren zuzulegen, bestreitet die Netze-BW. Es sei nur wichtig, den Netzbetreiber frühzeitig über geplante Bauvorhaben zu informieren, um das Netz gegebenenfalls anpassen zu können. Je nach Planungs- und Genehmigungszeit könne dass dann ein bis zwei Jahre dauern. „Der Ausbau eines Umspannwerkes kann sogar mehrere Jahre dauern.“
Da für das Gebiet Langwiesen, so Eckhardt, Netzanschlussanfragen vorliegen, „die einen Ausbau des Mittelspannungsnetzes notwendig machen“, sei man „kurz vor der Inbetriebnahme von zwei neuen Mittelspannungsleitungen, die in den vergangenen Monaten vom Umspannwerk Güglingen ins Industriegebiet Langwiesen verlegt wurden“. Eine neue Mittelspannungsleitung zwischen dem Umspannwerk Meimsheim und Cleebronn sei derzeit in der Planungsphase.

Stimme.de