Die Hausaufgabenbetreuung in der Nordstraße in Heilbronn begann mit 34 jesidischen Kindern aus dem Baden-Württembergischen Sonderkontingent, einige syrische Kinder folgten. Sprachangebote gab es auch für die Mütter der Kinder. Acht Engagierte der ersten Stunde sind immer noch dabei, insgesamt arbeiten bis zu zwölf Personen mit den Schülern, die inzwischen aus sehr vielen verschiedenen Volksgruppen stammen.
Hausaufgabenbetreuung war eine wichtige Stütze für jesidische Kinder
Dank einer einzigartigen Rettungsaktion des Landes kamen vor zehn Jahren jesidische Mütter mit ihren Kindern auch nach Heilbronn. Nach dem Massaker durch die IS-Miliz gelang vielen hier ein guter Neustart, auch mit Hilfe von Angeboten wie der Hausaufgabenbetreuung.

Dani Taha, 17 Jahre alt, dunkle Augen, wenn sie redet, bewegen sich ihre Perlmutt-Ohrringe mit. Aktuell macht sie ein Freiwilliges Soziales Jahr bei den offenen Hilfen, kocht für Menschen mit Behinderung, geht mit ihnen ins Kino und zum Arzt. Dani Taha, die gern Fußball spielt und tanzt, ist Jesidin. Sie ist eine von rund 1000 Geflüchteten aus dem Irak, die nach dem Völkermord der IS-Miliz an Jesiden in einer weltweit einmaligen Rettungsaktion im Rahmen des baden-württembergischen Sonderkontingents aufgenommen wurde. Auch in Heilbronn waren jesidische Familien untergebracht.
Als sie in Heilbronn Zuflucht fand, war sie sieben Jahre alt
Als sie in Deutschland Zuflucht fand, war sie sieben Jahre alt. Und sie erinnert sich genau, was ihr trotz der erlebten Gräueltaten geholfen hat, in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen: „Die Mitschüler, die Lehrer, und auch die Hausaufgabenbetreuung.“ Denn seit zehn Jahren bieten Ehrenamtliche in der Nordstraße 53, direkt gegenüber vom Flüchtlingsheim, wo auch Dani Taha mit ihrer Mutter und den zwei Geschwistern gewohnt hat, Hilfe in vielen Fächern an. Auch in enger Absprache mit den Pädagogen der Wartbergschule.
In einer Bilderreihe hatten sich die Kinder selbst gemalt und die Namen dazu geschrieben, damit die Ehrenamtlichen sich diese besser merken konnten. „Ich bin die mit den türkisfarbenen Haaren“, sagt Dani Taha. Warum sie sich blaue Haare gemalt hatte, das weiß sie nicht mehr.
23 Mitstreiter waren zu Beginn in der Hausaufgabenbetreuung, die mit 34 Kindern in der Anfangszeit vor allem Deutsch übten. Ihr beruflicher Hintergrund ist vielfältig. Lehrerinnen sind darunter wie Margret Landes und Gabriele Erlewein-Hügel, Mona Stockhausen ist Kosmetikerin, Birgit Caspari Psychotherapeutin. „Zu Beginn haben wir sehr viel gespielt“, erinnert sich Birgit Caspari. Uno etwa und Memory, um Begriffe besser zu verankern. Und gesungen. „Kling Glöckchen, klingelingeling“ haben die Kinder nicht nur an Weihnachten, sondern auch an Ostern intoniert.
Die Ehrenamtlichen leisteten auch Fußballfahrdienste
Ausflüge ins Museum im Deutschhof in Heilbronn, Wald- und Schulfeste sowie im Park von Schloss Assumstadt bei Möckmühl gehörten dazu. „Wir hatten viele Aktivitäten“, sagt Mona Stockhausen. „Wir fanden das wichtig, um die Kinder in die Kultur einzuführen.“ Gleichzeitig war es eine gute Ablenkung, denn Dani Taha erinnert sich noch genau daran, dass sie anfangs Angst hatte im Flüchtlingsheim. „Ein arabischer Junge hat uns terrorisiert und geradezu verfolgt. Wir haben sogar Anzeige erstattet.“
Das Team der Hausaufgabenbetreuung musste Regeln aufstellen für den Umgang der Kinder untereinander. „Wir haben darauf bestanden, dass jeder die gleichen Rechte haben soll“, sagt Gabriele Erlewein-Hügel. „Wir wollten, dass die Kinder lernen, sich zu respektieren.“
Auch Fußballfahrdienste haben die Freiwilligen geleistet, etwa zur TG Böckingen. „Wir hatten vier Jungs, die jeweils zweimal die Woche zu unterschiedlichen Zeiten trainierten“, sagt Birgit Caspari. Das Bringen und Abholen teilten die rund 20 Ehrenamtlichen untereinander auf. „Wir waren intensiv beschäftigt.“
Auch jetzt noch profitiert Dani Taha von den Kontakten. Über die Hausaufgabenbetreuung hat die Familie eine Wohnung und die 17-Jährige die Stelle für das Freiwillige Soziale Jahr gefunden.
Ihr persönlicher Rucksack ist voll. Sie hat zehn Familienmitglieder auf grausame Weise verloren, lebte im Flüchtlingscamp im Irak, erkrankte schwer seelisch und ist immer noch in ambulanter Therapie. Ihre Mutter muss regelmäßig in den Irak fliegen, damit tote Angehörige identifiziert werden können. Trotzdem hat Dani Taha ihre Ziele klar im Blick. Abitur will sie machen oder Heilerziehungspflegerin werden. „Es ist schwer, aber ich krieg’s hin.“
Der Erfolg der jesidischen Kinder macht die Freiwilligen glücklich
Dass die inzwischen erwachsenen Kinder von damals ihren Weg machen, das ist für die Ehrenamtlichen eine Freude. Es ist eine Erfolgsgeschichte. „Und es tut gut, dass wir hierzu einen Beitrag leisten konnten“, sagt Margret Landes. Fast alle sind gut durch die Schule gekommen, haben eine Ausbildung absolviert, Abitur gemacht oder studieren. Respekt zollen die Ehrenamtlichen der Erziehungsleistung der jesidischen Mütter. „Ich habe Hochachtung vor diesen Frauen“, sagt Birgit Caspari.

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