Pflegeheim in Beilstein schließt nach mehr als 30 Jahren – Eigentümerin spricht von Skandal
Für das Pflegeheim Haus Ahorn in Beilstein gibt es keine Zukunft mehr. 70 Bewohner müssen eine neue Bleibe finden, die Eigentümer sind verärgert.

70 Bewohner verlieren ihren Lebensmittelpunkt, 80 teils langjährige Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz: Das Haus Ahorn in Beilstein schließt bis Ende März 2025 seine Pforten. Der Grund: Das Gebäude entspricht nicht mehr den Vorgaben der aktuellen Landesheimbauverordnung. Wie die Wohnintern gGmbH, die das Pflegeheim betreibt, kürzlich verkündet hat, wird der Betrieb bis in sechs Monaten komplett eingestellt. Etwa 80 Wohnungseigentümer, die ihre Apartments an die Gesellschaft vermietet haben, stehen vor einem hohen finanziellen Verlust.
„In unseren Augen ist diese Entscheidung wirklich eine Katastrophe“, sagt eine Eigentümerin, die anonym bleiben möchte, gegenüber der Heilbronner Stimme. Die 70-Jährige besitzt drei Wohnungen im Heim. In eine davon wäre sie selbst gerne irgendwann eingezogen. Derzeit spreche allerdings viel dafür, dass das Gebäude abgerissen werde.
Immobilienfirma will Haus Ahorn in Beilstein für 2,5 Millionen Euro kaufen
„Das Heim ist erst 30 Jahre alt und die kleinen Apartments wirklich schön.“ Jetzt sei allerdings festgestellt worden, dass das Haus marode sei und nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Mit einer Renovierung oder Sanierung wären die Eigentümer einverstanden gewesen, doch dazu wird es offenbar nicht kommen. Stattdessen soll das Gebäude an die Firma BFI Immobilien aus Markgröningen verkauft werden. Den Eigentümern sei dazu geraten worden, dem Verkauf zuzustimmen.
„Die Immobilienfirma würde das ganze Haus für etwa 2,5 Millionen Euro kaufen“, sagt die Eigentümerin. „Sprich: Pro Wohnung bekommen wir Eigentümer in dem Fall noch 25.000 Euro – für Wohnungen, die uns vor zehn bis fünfzehn Jahren weit über 100.000 Euro gekostet haben.“ Für sie als Alleinstehende sei es „ein Riesenverlust“. Ihr Vater, mit dem sie Wohnungen damals gekauft habe, sei inzwischen verstorben. „Und jetzt steht man da, ohne Geld und ohne Platz, wo man bleibt.“ Über die Mieteinnahmen sei längst noch nicht alles abbezahlt.
Beilstein bald ohne Seniorenheim – Bewohner auf der Suche nach neuem Heimplatz
Angesichts der derzeitigen Wohnungsnot versteht die Eigentümerin nicht, weshalb die etwa 40 Quadratmeter großen Apartments, die über Küchenzeile und Bad verfügen, abgerissen werden. Wieso das Objekt nicht für andere Zwecke weiter genutzt werde – beispielsweise als Unterkunft für Studenten oder ukrainischen Flüchtlingen –, sei ihr ein Rätsel.
Nicht nur der finanzielle Schaden bereitet der Eigentümerin Sorgen. „Hinzu kommt, dass Beilstein dann überhaupt kein Heim mehr hat!“ Wie sie erfahren habe, seien die 70 Senioren, die im Haus Ahorn leben, alle außer sich. Bei der Suche nach einem neuen Heimplatz müsse man teilweise mit langen Wartezeiten rechnen. „Ich finde es skandalös.“ Das Hauptproblem sei die neue Heimbauverordnung des Landes. Zwar hätten die Betreiber des Pflegeheims vom Landratsamt Heilbronn mehrere Verlängerungen erhalten. „Aber jetzt ist anscheinend Schluss.“
Laut der Wohnintern gGmbH habe man in den vergangenen Jahren nach alternativen Lösungen gesucht, jedoch aufgrund der Baupreisentwicklung und Zinsexplosion Abstand von einem Neubau genommen. Eine Sanierung des Hauses Ahorn im laufenden Betrieb sei nicht möglich.
Bürgermeisterin erklärt, dass Entscheidung allein bei Betreibern liegt
Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld betont auf Anfrage unserer Zeitung, dass die Entscheidung, das Heim zu schließen, nicht bei der Stadt, sondern allein bei den Betreibern liege. Da es sich um ein Privatgebäude handle, dürfe die Stadt zum Beispiel kein Gutachten für das Haus beauftragen. „Wir möchten, dass die Beilsteinerinnen und Beilsteiner auch im hohen Alter und bei Pflegebedarf ein möglichst gutes Angebot vor Ort haben. Daher hat die Stadt ein hohes kommunalpolitisches Interesse an der Erhaltung von Beilstein als Standort für Pflege und unterstützt hier sehr gerne.“
Wie die Bürgermeisterin betont, sei man bereit, mit den Eigentümern zum Beispiel bei der Informationsbeschaffung zu helfen. Gespräche, auch mit der Heimleitung, hätten bereits stattgefunden. Außerdem habe man in der Verwaltung bereits seit Jahren nach alternativen Standorten für ein neues Pflegeheim gesucht. Bereits Ende Oktober solle ein Beschluss im Gemeinderat über einen neuen Standort gefasst werden, danach komme es zu einem öffentlichen Vergabeverfahren.
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