Stillgelegtes Atomkraftwerk Neckarwestheim: GKN-II-Rückbau läuft auf Hochtouren
Landes-Umweltministerin Walker informiert sich im Kernkraftwerk Neckarwestheim über den Stand der Rückbau-Arbeiten. Dabei erfährt sie so einiges über die Aufgaben der Mitarbeiter und die Zukunft der Kernkraft-Standorte.
So richtig viel ist noch nicht zu sehen. Unten im Becken stehen die Brennstäbe – 560 Stück, die das tiefblaue Wasser immer noch auf 32 Grad erwärmen. Der Reaktordruckbehälter schlummert unter einer Betondecke, wie seit seiner Inbetriebnahme 1989, sofern nicht ein Brennelementewechsel anstand. Nur wer genau hinschaut, entdeckt die abgesägten dicken Rohre, durch die bis April 2023 der Wasserdampf strömte, erhitzt durch die Radioaktivität, abgekühlt im Dampferzeuger.

Dabei hat der Rückbau im Atomkraftwerk Neckarwestheim (GKN) längst begonnen: Nicht nur der sogenannte Primärkreislauf wurde demontiert, die Pumpenanlage inklusive. In der Turbinenhalle laufen ebenso die Abbauarbeiten. Grund genug für Landes-Umweltministerin Thekla Walker, im Rahmen ihrer Sommertour im Kernkraftwerk Neckarwestheim vorbeizuschauen. „Ich bin überzeugt, dass hier mit höchster Präzision und sorgfältig gearbeitet wird“, sagte sie. „Das ist nicht einfach ein Gebäude, das man abreißt.“
Was aus dem seit 2008 stillgelegten Kernkraftwerk Obrigheim wird, ist wieder offen
In der Tat dauern die Bauarbeiten ein Vielfaches länger, erläutert Jörg Michels, Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH: 15 bis 20 Jahre sind zu veranschlagen, vom letzten Tag der Stromerzeugung bis zur Entlassung der übriggelassenen Bauten aus dem Atomrecht. Daher steht selbst das Kernkraftwerk Obrigheim, abgeschaltet 2008, immer noch unter strenger Aufsicht des Landes-Umweltministeriums.

Dort werden derzeit die Betonbauten nochmals gemessen, ob noch irgendwo zu hohe Radioaktivität feststellbar ist, und gegebenenfalls weiteres Material abgefräst. Wann Obrigheim gänzlich freigegeben wird, ließ Michels offen. Und was danach dort geschehen wird, ebenso: Der jüngste Entwurf des Netzentwicklungsplans, der dort eine Endstation für eine weitere Stromautobahn, wie für Suedlink der Konverter bei Leingarten, vorgesehen hat, ist vor dem Platzen der Ampel-Regierung nicht mehr in Kraft getreten.
Atomkraftwerk Neckarwestheim: Auf den Schildern steht schon nicht mehr „GKN“
Für das Gelände südlich von Neckarwestheim ist ein Rechenzentrum im Gespräch. Die Beschilderung wurde schon angepasst – im Ort wird nicht mehr der Weg zum Gemeinschafts-Kernkraftwerk Neckar, kurz GKN, beschrieben, sondern zum „Energiepark im Steinbruch“. Auf dem Gelände des Kernkraftwerks Philippsburg steht heute der Konverter der Stromautobahn Ultranet. Auch dort laufen noch die Rückbauarbeiten. Auch im älteren Neckarwestheimer Reaktor, also GKN I, ist schon deutlich mehr ausgebaut worden.

Wie die Stimmung am Tag des Abschaltens von GKN II in Neckarwestheim war
Als am 15. April 2023 auch das Ende für GKN II gekommen war, waren Michels und Anlagenleiter Andre Knapp beim Abschalten dabei. „Es war schon eine besondere Stimmung“, erzählt Michels. Aber eigentlich sei die Belegschaft ja darauf vorbereitet gewesen, schließlich stand das Enddatum schon seit zwölf Jahren fest. Nur die Verlängerung bis in den April war nicht geplant. Große Hoffnung, dass es mit der Kernkraft dauerhaft weitergehe, habe nach seiner Einschätzung kaum jemand unter den Mitarbeitern gehabt. „Wir haben ihnen vermittelt: Ihr habt hervorragend gearbeitet, und jetzt wird es noch spannender.“ Es sei schließlich äußerst anspruchsvoll, eine Atomanlage unter Einhaltung aller Gesetze und Verordnungen zu demontieren. Und dies sei ein Wissen, das weltweit gefragt sei, auch über die reine Atomkraft hinaus.
Atomkraftwerk Neckarwestheim: Was die Beschäftigten noch zu tun haben
500 Beschäftigte des Karlsruher Energiekonzerns arbeiten immer noch am Standort, überwachen in der Warte zum Beispiel Brennelemente und Lüftung, sind beim Strahlenschutz, bei der Sicherung, bei der Arbeitsplanung und den Abbauarbeiten eingesetzt, dekontaminieren oder verpacken die Reste. Etwa 1,14 Millionen Tonnen Material fallen beim Abriss an, berichtet Michels. Ein Prozent, also gut 11.000 Tonnen, müssen als hochradioaktiver Müll in ein – noch zu findendes – Endlager gebracht werden, etwa 20. 000 Tonnen sollen als schwach und mittelradioaktiv ins Endlager Konrad gebracht werden.
Castor-Verladung in Vorbereitung: Brennelemente werden in Zwischenlager gebracht
Zunächst einmal bereitet das Team am Standort den nächsten Schritt vor: Fünf Castorbehälter mit 120 Brennelementen sollen in den nächsten Wochen vom Abklingbecken ins Zwischenlager gebracht werden.

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