Die Hebammen der Kreisgruppe Heilbronn-Hohenlohe laden am Dienstag, 30. September, von 9 bis 13 Uhr zum offenen Stilltreff ins Cafe´ Fleur in die Lohtorstraße nach Heilbronn ein, beraten und klären auf. In den 70er Jahren war Stillen gesellschaftlich eher negativ bewertet, auch weil bestimmte Umweltgifte die Muttermilch belasteten. Vor 33 Jahren hatten Unicef und WHO die Weltstillwoche ausgerufen, die diesjährige steht unter dem Motto: „Du entscheidest. Nicht die Werbung.“ Sie richtet sich gegen kommerzielle Einflussnahme, die den Eindruck vermittle, Flaschenmilch sei gleichwertig mit Muttermilch. Inzwischen gibt es Krankenhäuser, die unter anderem für ihre gute Stillberatung zertifiziert sind.
Gesund und günstig: Stillen stärkt nicht nur die Bindung zum Baby
Hebammen machen zum Weltstilltag in Heilbronn auf den Wert der Muttermilch aufmerksam. Aber eine Hebamme zu finden ist auch in der Region teils ein Kraftakt.

Es ist gesund, schützt vor Infektionen und auch im späteren Leben vor Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes oder Adipositas. Für die Mutter senkt es das Risiko, Brustkrebs zu bekommen, und es stärkt das Band zwischen Mutter und Kind: das Stillen.
Anlässlich der Weltstillwoche ab dem 29. September wollen Anja Bletzinger, Kreisstillbeauftragte für Stadt- und Landkreis Heilbronn und Kreisvorsitzende Melanie Luzens, beide vom Hebammenverband Baden-Württemberg auf die vielen wissenschaftlich belegten Vorteile aufmerksam machen und eine Lanze brechen für die Muttermilch. Sie sei günstig im Gegensatz zu Erstlingsnahrung und immer verfügbar. Trotzdem ist die Stillquote in Deutschland relativ gering, europaweit betrachtet. Viele Wöchnerinnen geben dem Neugeborenen anfangs die Brust, brechen dann aber ab.
Frauen sollten eine Hebamme suchen, sobald sie schwanger sind
Woran liegt das? Schmerzen beim Anlegen, Verhärtungen im Gewebe oder Fragen wie: Nimmt das Kind genug zu? Ist es normal, dass es jede Stunde Hunger hat?, belasten nicht nur Erstgebärende. Doch wer eine Hebamme für die erste Zeit daheim braucht, der sollte mit der Suche beginnen, sobald er den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hält.
Zwar hat sich die Lage durch Geburtenrückgang und einem Zuwachs an Hebammenstudentinnen etwas entspannt. Trotzdem. Jemanden zu finden, ist auch in der Region nach wie vor ein Glücksfall. Und hängt stark vom Wohnort der Familie ab. „Wüstenrot? Katastrophe“, zählt Anja Bletzinger auf. „Neckarsulm? Katastrophe.“ Auch in Bad Friedrichshall gebe es Frauen, die keine Hebamme hätten, sagt die 47-Jährige. Wenn nach der Geburt die Fachleute im Krankenhaus mitbekommen, dass niemand zur Nachsorge bereitsteht, rieten sie eher zum Zufüttern, ist ihre Erfahrung. „Sie wollen auf Nummer Sicher gehen“, sagt auch Melanie Luzens.
Praxen in Heilbronn oder Bad Rappenau bieten offene Hebammensprechstunden
Als Notbehelf zur Betreuung daheim gibt es offene Hebammensprechstunden, etwa in Praxen in Heilbronn oder Bad Rappenau, auch das Haus der Familie in Heilbronn und die Diakonie haben ein solches Angebot, letztere zudem in Öhringen und Künzelsau. Ein Stillvorbereitungskurs gibt Sicherheit und räumt mit Mythen auf wie etwa, dass ein Neugeborenes nur alle vier Stunden trinkt. Auch Stillgruppen können helfen, sich mit anderen auszutauschen und dabei zu hören: Bei denen läuft auch nicht immer alles rund.
Wer die allererste Zeit gemeistert hat, für den stellt sich die Frage: Wie könnte das Stillen draußen klappen? Auf der Parkbank, im Café? „Untersuchungen zeigen, dass sich ein Viertel der Bevölkerung daran stört“, sagt Anja Bletzinger. „Es gibt viele Frauen, die sich nicht trauen, draußen zu stillen aus Angst vor Kommentaren. Und die deshalb in der Öffentlichkeit Fläschchen geben.“ Rückzugsmöglichkeiten, in denen auch ein Glas Wasser bereitgestellt wird, gibt es unter anderem in Tübingen oder Karlsruhe. „Es wäre toll, auch hier so ein Projekt langfristig anzustoßen“, sagt Melanie Luzens.