Gefahrstoffzüge im Landkreis Heilbronn rücken bei giftigen Stoffen aus
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Die Feuerwehren Weinsberg und Bad Rappenau haben Abrollbehälter mit Spezialausstattung und Wechselladerfahrzeuge bekommen. Für das Anziehen des chemischen Schutzanzuges braucht es zwei Helfer.
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„Man ist schneller drin wie draußen“, sagt Thorsten Maier. Aber schon das Reinschlüpfen in den Schutzanzug braucht Zeit. Das demonstriert Christian Herzog, der bereits einen feuerfesten blauen Overall trägt. Allein kann der großgewachsene Feuerwehrmann das orangefarbene Ungetüm gar nicht handhaben. Thorsten Maier und Nils Marian helfen beim „Einsteigen“. Was nun aussieht wie ein außerirdisches Wesen ist ein CSA-Träger. CSA steht für Chemischer Schutzanzug. Er gehört in zehnfacher Ausführung zur Ausrüstung des Gefahrstoffzugs der Freiwilligen Feuerwehr Weinsberg.
Diese hat, wie auch die zweite taktische Einheit dieser Art im Landkreis Heilbronn – die Feuerwehr Bad Rappenau – einen Abrollbehälter Gefahrstoffe erhalten, nachdem der Gerätewagen Gefahrgut von 1997 ausgedient hatte. Was beinhaltet dieser Riesen-Container „AB-Gefahrgut 2“, den der Landkreis zusammen mit dem Wechselladerfahrzeug bezahlt hat, und wann kommen die beiden Einheiten landkreisweit zum Einsatz?
So könnte ein Gefahrgut-Einsatz aussehen: Aus einem beschädigten Container wird mit Spezialpumpe und -schlauch giftige Flüssigkeit abgepumpt. Die Einsatzkräfte benötigen einen chemischen Schutzanzug.
Foto: Ralf Seidel
Szenario: Mit Spezialpumpe und -schlauch gefährliche Flüssigkeit abpumpen
In der Fahrzeughalle hat die Weinsberger Wehr ein beispielhaftes Szenario aufgebaut: das Abpumpen von gefährlicher Flüssigkeit. Dazu haben die Feuerwehrleute einen Schlauch, der gegen viele chemische Stoffe beständig ist, zusammengesteckt, mit dem mithilfe einer Spezialpumpe die Flüssigkeit aus der vermeintlich beschädigten schwarzen Transportbox in ein sicheres blaues Fass befördert wird. „Das kann Salzsäure, Heizöl oder Diesel sein“, nennt Roland Wirth, Vize-Kommandant der Weinsberger Gesamtwehr, Beispiele. „Alles, was giftig und brennbar ist“, ergänzt der hauptamtliche Gerätewart, Patrick Bräuning.
Für die "Einkleidung" mit dem Schutzanzug braucht es Hilfestellung durch Thorsten Maier (links) und Nils Marian. Christian Herzog hat bereits einen feuerfesten Overall an und das Atemschutzgerät aufgesetzt.
Foto: Ralf Seidel
Die CSA-Träger braucht es an vorderster Front. Sie tragen unter dem Schutzanzug auch noch ein Atemschutzgerät, so dass sie sich mit rund 25 Kilogramm Zusatzgewicht herumplagen müssen. Die Verständigung ist nur per Funk möglich. „Die Thermik baut sich enorm schnell auf“, beschreibt Herzog das Befinden im Anzug, in den Luft weder rein- noch rauskommt. „Im Sommer in der Sonne ist es heftig, da herrschen ratzfatz 50 Grad. Die Feuchtigkeit bleibt im Anzug“, erzählt Thorsten Maier.
Einsatz im Schutzanzug stellt hohe körperliche Belastung dar
Herzog spricht von einer hohen körperlichen Belastung im Ernstfall. „Es ist eine spannende Herausforderung“, sagt er trotz der Strapazen und des extrem eingeschränkten Sichtfelds. Die Arbeitszeit betrage deshalb maximal 20 Minuten, erklärt Gesamtkommandant Heiko Frank, schließlich müsse fürs Entkleiden auch noch Zeit eingepuffert werden. „Rund zehn Minuten“, präzisiert Maier.
Vize-Kommandant Roland Wirth zieht einen Einschub des Abrollbehälters heraus. Der Container ist 6,90 Meter lang, 2,55 breit und 2,50 Meter hoch. Er wird mit einem Hakenlift auf das neue Wechselladerfahrzeug gehievt.
Foto: Ralf Seidel
Zuvor allerdings wird die Montur in einem aufblasbaren Ein-Personen-Zelt dekontaminiert, das mit Druckluft befüllt wird und ebenfalls an Bord des Abrollbehälters ist. Übrigens ist ein CSA-Anzug ein Einwegprodukt mit einem Preis im vierstelligen Bereich. Alle in einem Einsatz benutzten Materialien müssen anschließend von einer Spezialfirma gesäubert oder ersetzt werden.
Zur Ausstattung gehören Dichtkissen, Bindemittel und Gefahrgut-Literatur
In einem der sechs Rollwagen und im Container selbst sind feinsäuberlich auch Transportmöglichkeiten, wie Rollwagen oder Sackkarren, einsortiert. Es gibt Dichtkissen, um Schachteinläufe und Behälter zu sichern, und größere Exemplare für Rohrleitungen, damit keine gefährlichen Stoffe in die Kanalisation gelangen. Bindemittel und -fleece gehören zur Ausstattung. Ein Rollwagen enthält Pumpen samt Zubehör, die an einen Tanklastwagen angeschlossen werden können. Ein Faltpavillon dient als Wetter- und Sonnenschutz für die Einsatzkräfte. Die Gefahrgut-Literatur – ein Handbuch für gefährliche Güter – gehört zur Ausstattung, ist aber auch digital im Einsatzleitwagen abrufbar.
Wann sind die Gefahrstoffzüge des Landkreises Heilbronn gefragt? Beispielsweise bei Verkehrsunfällen mit Gefahrgut oder bei Zwischenfällen mit gefährlichen Stoffen auf Betriebsgeländen. Dann gilt es, Stoffe mit radioaktivem, biologischem oder chemischem Gefahrenpotenzial nachzuweisen, aufzufangen, umzufüllen und abzudichten. Die Einsatzkräfte müssen Strahlung oder Gas messen, den ph-Wert von Flüssigkeiten feststellen, Proben ziehen, die unter Umständen von der analytischen Task-Force in Mannheim am Einsatzort untersucht werden.
Datenblätter und Transportpapiere geben Auskunft
Datenblätter oder Betriebsanweisungen geben in Unternehmen Auskunft über die verwendeten Stoffe, bei Lkw sind es die Transportpapiere und die orangefarbenen Warntafeln, mit denen Gefahrgut gekennzeichnet werden muss.
45 Einsatzkräfte und zehn Fahrzeuge gehören zum Weinsberger Gefahrstoffzug. Dieser sei sehr personalaufwendig, sagt Gesamtkommandant Frank. Die Zahl der Einsätze ist überschaubar, zwei bis drei seien es pro Jahr. Dabei handle es sich meist um beschädigte Ladung auf der Autobahn. Die Spezialeinheit rückte aber auch schon mal zum Wimmentaler Freibad aus. Der Chlorgasunfall stellte sich als Fehlalarm aufgrund eines technischen Defektes der Überwachungsanlage heraus.
Alle Feuerwehrleute brauchen eine Schulung für die spezielle Aufgabe
„Jeder muss wissen, worum es geht“, begründet Frank, warum alle 145 Feuerwehrleute der vier Weinsberger Abteilungen eine Schulung für die Spezialausrüstung benötigen. Etwa die Hälfte der Kräfte absolviert zudem einen 14-tägigen Lehrgang ABC-Einsatz mit Abschlussprüfung an der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal. Zu den normalen Übungsabenden kommen noch mehrere Belastungsübungen mit dem chemischen Schutzanzug, erzählt Herzog.
Zu der Gefahrstoffeinheit des Landkreises Heilbronn gehören neben den beiden Zügen in Weinsberg und Bad Rappenau zwei Gerätewagen Messtechnik bei den Feuerwehren Neckarsulm und Lauffen, ein CBRN-Erkundungswagen für chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren des Bundes bei der Feuerwehr Leingarten und eine Dekontaminationseinheit des Bundes, die bei der Feuerwehr Eppingen stationiert sein wird.
Für die neuen Abrollbehälter und Wechselladerfahrzeuge in Weinsberg und Bad Rappenau hat der Landkreis laut Kreisbrandmeister Bernd Halter rund 1,3 Millionen Euro ausgegeben.
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