Ende 2022 begann der Pilot für das Projekt E-Akte bei der Polizei in Ulm. Die inoffizielle Bilanz fiel Medienberichten zufolge desaströs aus. Das Projekt zog weiter zur Polizei nach Mannheim und Heidelberg und kam im August 2024 nach Heilbronn. Laut E-Government-Gesetz des Bundes soll die E-Akte ab 1. Januar 2026 eingeführt werden. Die Frist wurde um ein Jahr verlängert.
Elektronische Ermittlungsakte offiziell eingeführt – Kritik reißt nicht ab
Innenminister Thomas Strobl spricht von einem großen Schritt hin zur Digitalisierung bei der Polizei. Doch die Kritik reißt nicht ab.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat am Mittwoch die elektronische Ermittlungsakte, kurz E-Akte, offiziell eingeführt. Strobl wählte als Präsentationsort das Polizeipräsidium seiner Heimatstadt Heilbronn. Papier-, Akten- und Ordnerberge sollen der Vergangenheit angehören. „24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Land haben bereits 300.000 Akten digital an die Staatsanwaltschaften übersandt“, sagt der 65-Jährige im Foyer des Präsidiums.
E-Akte soll Papierakte ersetzen
Schließt die Polizei Ermittlungen in Strafverfahren ab, geht die Akte an die Staatsanwaltschaft. Die prüft, ob sie das Verfahren einstellt, ob die Polizei möglicherweise nachermitteln muss und ob sie bei Gericht Anklage erhebt. Zusammengetragen war dies in einer Papierakte. Die soll durch eine elektronische Akte ersetzt werden. Strobl spricht von einem großen Schritt hin zur Digitalisierung bei der Polizei.

Strobl spricht von einer OP am offenen Herzen. Mit viel Motivation und Einsatz hätten Polizeibeamte an der Umsetzung mitgewirkt. „Damit die Einführung zuverlässig und im Zeitplan gelingt.“ Digitalisierungsprozesse seien anspruchsvoll. Das Heilbronner Polizeipräsidium sei von Anfang an dabei gewesen. Bei der Übermittlung von Daten an die Staatsanwaltschaften habe es Probleme gegeben, räumt er ein. Ein holpriger Start sei leider normal.
Der Vorwurf: Übertragungszeiten dauern zu lange
Viele Polizeipräsidien im Land arbeiten bereits mit der E-Akte. Dort ist sie laut Recherchen der Heilbronner Stimme in großen Teilen umstritten. Wie aus internen Polizeikreisen zu hören ist, gestaltet sich das Arbeiten mit der digitalen Ermittlungsakte als schwierig und ineffizient. Gerade bei der Übergabe an die Staatsanwaltschaften komme es auch aktuell immer noch zu langen Übertragungszeiten, Datensätze blieben bei der digitalen Übermittlung hängen oder verschwänden, heißt es.
„Wir haben zu viele Schnittstellen und zu wenig Infrastruktur“, sagt ein Polizist aus einem Präsidium im Land. „Dass die E-Akte Personal bindet, ist unbestritten.“ Zeitläufe für Sachbearbeitungen dauerten doppelt so lange wie vorher. „Wir wären viel lieber auf der Straße, als uns mit PC-Problemen zu beschäftigen.“ Man habe wohl nachgebessert, was die Aktenübermittlung an die Staatsanwaltschaft angehe.
Einführung der E-Akte sei eine Herkulesaufgabe
Mit Blick auf den Ipai nennt Thomas Berger Heilbronn ein Brennglas der IT-Entwicklung. Der Polizeipräsident des Präsidiums für Technik, Logistik und Service erklärt, man habe für die Entwicklung der E-Akte massiv Gelder erhalten. Die Einführung einer neuen Software beschreibt er als schwierig. Es sei eine Herkulesaufgabe für die Polizei gewesen. „Die Polizei arbeitet gut, wenn sie unter Druck ist. Die E-Akte ist ein Beispiel“, sagte der 54-Jährige bei der Pressekonferenz. Angesprochen auf die Kritik erklärt er, die Probleme seien identifiziert und beseitigt. Es könne vorkommen, dass ein Stau entsteht. Bei der Kritik an der E-Akte müsse man auch den Faktor Mensch berücksichtigen. Er spricht von einem Wahrnehmungsproblem.
Die Einführung der E-Akte habe dem Präsidium Heilbronn sehr viel abverlangt, erklärt Frank Spitzmüller, Präsident des Präsidiums Heilbronn. „Nicht nur der schlichte Einsatz der Software hat uns herausgefordert.“ Umfangreiche Schulungsmaßnahmen hätten stattgefunden, um die Kollegen mitzunehmen.
Umstellung wirke noch immer auf das Polizeipräsidium Heilbronn
Der 53-jährige Spitzmüller erklärt, dass die Zusammenarbeit mit den drei Staatsanwaltschaften gut gewesen sei. Doch die Umstellung wirke noch immer. „Uns war von Anfang an klar: Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern das Durchhalten.“
Die technischen Probleme sei man angegangen und habe sie nach und nach beseitigt, erklärt Heilbronns Polizeivizepräsident Markus Geistler. Laut Projektleiter Elmar Hörscher kostet die E-Akte landesweit bislang 14 Millionen Euro. Am Montag sei es gelungen, ein Verfahren in Echtzeit zu übertragen.
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