Stimme+
Prozess in Ingolstadt
Lesezeichen setzen Merken

Doppelgängerinnen-Mord: Schwester der Angeklagten sagt über Familie aus

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Im Verfahren um die ermordete Eppingerin Khadidja O. sagt die Schwester der Angeklagten vor dem Landgericht in Ingolstadt aus. Es geht ums Elternhaus und die jesidische Religion.

Der Prozess in Ingolstadt um den Mord an der Eppingerin Khadidja O. wird fortgesetzt.
Der Prozess in Ingolstadt um den Mord an der Eppingerin Khadidja O. wird fortgesetzt.  Foto: Heike Kinkopf

Die Stimmung im Saal ist hitzig. Wie so oft an den vergangenen Prozesstagen im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Ingolstädter Landgericht. Anklagevertreter und Verteidigung fallen sich ins Wort, werfen sich Belehrungen an den Kopf und übertönen sich gegenseitig. Was die geladenen Zeugen am Donnerstag berichten, klingt interessant. Fraglich ist, welche neuen Erkenntnisse sie zu Tat und Tätern liefern.

Angeklagt sind die Deutsch-Irakerin Schahraban K. (25) und der Kosovare Sheqir K. (26). Sie sollen im August 2022 die Eppingerin Khadidja O. (23) brutal in einem Wald bei Bad Rappenau-Fürfeld mit mehr als 50 Stichen brutal getötet haben.

Es gehört zur Strategie der Verteidiger der Angeklagten Schahraban K. (25), Zweifel an dem von der Staatsanwaltschaft unterstellten Tatmotiv zu säen. Die geht davon aus, dass die Beschuldigte eine ihr ähnlich sehende Frau über Instagram gesucht hat, um ihren eigenen Tod vorzutäuschen.

Doppelgängerinnen-Mordprozess: Schwester sagt zu Familienverhältnissen aus

Der Argumentation der Staatsanwaltschaft folgend, wollte Schahraban K. ihre gescheiterte Beziehung und ihre als extrem repressiv empfundene Familie hinter sich lassen. Die Schwester der Angeklagten tritt dem Bild eines alles kontrollierenden Elternhauses entschieden entgegen. „Unsere Eltern haben uns nie was verboten“, sagt die 30-Jährige. Ihr zufolge habe insbesondere der Vater die Angeklagte unterstützt, ihr den Rücken gestärkt. „Eine Scheidung ist nicht das Ende der Welt“, sollen die Eltern zum Scheitern der jesidischen Ehe von Schahraban K. gesagt haben.

Überhaupt hätten sie und ihre Schwester bei der Wahl des Ehepartners freie Wahl gehabt. Von einem GPS-Tracker, den der Vater am Fahrzeug seiner Tochter Schahraban angebracht haben soll, wisse sie nichts. Der etwa zweistündigen Aussage zufolge stand es Schahraban K. frei, so zu leben, wie es ihr gefällt. Dem stehen allerdings Chatnachrichten der Angeklagten gegenüber. „Es wird immer schwieriger“, schrieb die Angeklagte etwa. Oder: „Ich darf nicht raus, Mann.“

Doppelgängerinnen-Mord: Angeklagte und Opfer sollen sich nicht ähnlich gesehen haben

Über den kulturellen und religiösen Hintergrund von Jesiden berichtet Zemfira Dlovani, stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden in Deutschland, aus Koblenz. Sie kennt die Familie der Beschuldigten nicht, sagt sie. Aus religiöser Sicht seien im Jesidentum Männer und Frauen gleichberechtigt. „Das ist aber abhängig davon, woher sie kommen.“ Eventuell brächten jesidische Familien patriarchale Strukturen des jeweiligen Heimatlandes mit.

Einen Antrag der Verteidigung auf ein anthropologisches Gutachten lehnt der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl ab. Das Gutachten sollte prüfen, ob sich Khadidja O. und die Angeklagte Schahraban K. überhaupt ähnlich sahen. Die bisherige Beweisaufnahme, Lichtbilder und die Aussage der Rechtsmedizinerin würden bereits belegen, dass sich die beiden eben nicht zum Verwechseln ähnlich sahen, so Kliegl. Damit ist das von der Staatsanwaltschaft angenommene Motiv nicht widerlegt. Es komme allein darauf an, was sich die Beschuldigte vorgestellt hat. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben