Lauffener Betriebe suchen Mitarbeiter per Speed-Dating
Lauffen setzt auf Kreativität bei der Suche nach Arbeitskräften: Lokale Betriebe führen im Rathaus Bewerbungsgespräche mit 50 Bewerbern.

Betriebe suchen händeringend Arbeitskräfte, und Arbeitskräfte suchen Jobs. Warum also nicht beide Seiten auf einer niederschwelligen Ebene zusammenbringen? Das hat sich Lauffens Bürgermeisterin Sarina Pfründer gefragt und gemeinsam mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur Heilbronn im Rahmen eines mehrstündigen Job-Speed-Datings an diesem Montag in einem ersten Schritt umgesetzt. Fünf Betriebsbereiche sind an diesem Morgen im Lauffener Rathaus vertreten, darunter Fahrrad Probst, Pflanzen Mauk, MH Abbruch sowie drei Betriebe aus der Gastronomie. Sie nehmen sich in den drei Stunden jeweils 15 Minuten Zeit für die 35 Bewerber. Auch der Integrationsdienst der Stadt ist auf der Suche nach Unterstützung. Hier haben sich weitere 15 Bewerber gemeldet.
„Wir haben als Kommune ein Interesse daran, dass die hiesigen Betriebe ihren Bedarf an Arbeitskräften decken können“, sagt Sarina Pfründer. „Außerdem wünschen wir uns, dass die Menschen auch sinnstiftende Arbeit finden.“ 15 bis 20 Stellen haben die Betriebe zu vergeben.
Ukrainer im Job-Speed-Dating
Dmytro Haievyi stammt aus der Ukraine, war dort unter anderem Sicherheitsmitarbeiter in einem Kohlebergwerk und später selbstständiger Landwirt. Nun sitzt er im Rathaus den beiden Geschäftsführern von MH Abbruch, den Brüdern Michael und Daniel Härle gegenüber. Sie suchen jemanden, der beim Rückbau von Innenräumen von Gebäuden mithilft, Bauschutt mit einem Bagger heraustransportiert. Der 42-Jährige hat bereits ein dreimonatiges Praktikum bei einer Heilbronner Firma absolviert und dort Bagger und Radlader kennengelernt. Den Baggerführerschein hat das Jobcenter finanziert.
Der Ukrainer hat allerdings ein Problem. Die Busverbindung von seinem Wohnort Brackenheim-Stockheim nach Lauffen ist gegen 5 Uhr morgens noch nicht ausreichend getaktet. Den Härle-Brüdern reicht jedoch der zweite Bus gegen 5.50 Uhr. „Das würde passen“, sagt Michael Härle am Ende des Gesprächs. Sie vereinbaren einen Probetermin. Auch bei Mauk wird jemand mit Haievyis Fähigkeiten für das Gartencenter gesucht.
Unbürokratische Abschaffung von Hürden gewünscht
Markus Deißler vom Jobcenter ist häufig mit Problemen konfrontiert: „Oft passen die Rahmenbedingungen nicht. Es scheitert oft an den Busverbindungen.“ Auch der Führerschein werde meist nicht problemlos anerkannt, und das Geld für einen neuen Führerschein hätten die Bewerber nicht. Deißler: „Ich wünsche mir eine unbürokratische Abschaffung der Hürden.“
Im Büro von Jasmin Trefz-Gravili ist Liudmyla Galay eine von acht Bewerbern. Die Stadt Lauffen sucht einige Aushilfen als Springer für die Kindergärten. Die 55-jährige Mutter von drei Kindern lebt seit eineinhalb Jahren in Lauffen. „Ich bin Lehrerin und habe viel Erfahrung mit Kindern“, sagt die Ukrainerin. Die angebotenen 20 bis 30 Wochenstunden würden ihr zusagen. „Ich möchte zunächst alle Bewerber kennenlernen und werde mich anschließend bei Ihnen melden“, sagt Trefz-Gravili. Fast entschuldigend schiebt sie nach: „Normalerweise haben wir für ein solches Gespräch eine Stunde Zeit.“
„Der erste Eindruck ist positiv“, sagt Adrienne von Olnhausen. Sie ist beim Jobcenter des Landkreises unter anderem für die Betriebsakquisition zuständig. Sie hofft darauf, dass nach diesem Morgen auch die Probearbeit in den jeweiligen Betrieben gelingt. „Es ist wichtig, dass bei den Arbeitgebern ein Umdenken stattfindet.“ Sie meint damit, dass die deutsche Sprache nur bis zu einem gewissen Grad vorausgesetzt werden darf und erst in der täglichen Praxis trainiert wird. Aber diese Herangehensweise, dass sich Kommunen und Betriebe zusammensetzen und Arbeitskräfte suchen, könnte ihrer Meinung ein Modell für die Zukunft sein.