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Neugeborenes vom Balkon geworfen
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Babymord-Prozess in Heilbronn: Angeklagte bestritt Geburt bis zuletzt

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Eine 33 Jahre alte Frau aus Lauffen soll ihr neugeborenes Baby aus dem Fenster geworfen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeklagten Mord vor. Selbst nach der Tat bestritt sie offenbar gegenüber Notärzten ihre Schwangerschaft.

Im sogenannten Babymord-Prozess vor dem Heilbronner Landgericht hat die 33 Jahre alte Angeklagte aus Lauffen die Tat bereits gestanden. "Ich habe das Schlimmste getan", sagte sie am zweiten Verhandlungstag Ende April. Nachdem sie ihre Tochter in den frühen Morgenstunden des 12. September vergangenen Jahres alleine im Schlafzimmer ihrer Eltern zur Welt gebracht hatte, habe sie den Säugling in ein Tuch gewickelt und das Kind im zweiten Stockwerk aus dem Fenster fallen lassen. Ihre Schwangerschaft will sie bis zuletzt nicht bemerkt haben.

Nach der Tat bestritt sie dem Notarzt im Krankenwagen gegenüber, schwanger gewesen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt lag das Baby auf dem Rasen unterhalb des Fensters. Auch dem behandelndem Arzt im Heilbronner Gesundbrunnen verschwieg sie die Geburt ihres Kindes. Das sagten die beiden Mediziner am Mittwoch im Zeugenstand vor der ersten Schwurgerichtskammer.

Babymord-Prozess in Heilbronn: Notarzt findet im Bad viel Blut

Weder sei die Angeklagte psychisch auffällig gewesen, noch habe sie im Rettungswagen körperliche Ausfallerscheinungen gehabt, so der Notarzt. Er war zuvor in den frühen Morgenstunden wegen eines gynäkologischen Notfalls alarmiert worden, und mit dem Rettungswagen von Brackenheim nach Lauffen gefahren. Im Bad der Wohnung habe er viel Blut vorgefunden. Bis zu einem Liter, schätzt der Mediziner. Eine akut lebensgefährliche Situation habe er nicht feststellen können, so der Facharzt für Allgemeinmedizin und Anästhesie weiter. Die Frage, ob sie schwanger sei, haben die Angeklagte "sicher ausgeschlossen". Die Fahrt im Krankenwagen von der Lauffener Wohnung bis zum Heilbronner SLK-Klinikum sei vergleichsweise entspannt gewesen, sagte der Notarzt. 

Auch auf den behandelnden Arzt im Klinikum am Gesundbrunnen wirkte die Angeklagte gefasst. Der Kreislauf sei instabil gewesen. Sie habe starke vaginale Blutungen gehabt. Wegen Verletzungen im Darm- und Schambereich wurde sie operiert. Kurz vor der Operation habe die Angeklagte seine Frage nach einer Schwangerschaft verneint, so der Oberarzt in der Geburtshilfe. Die entfernte Plazenta mit einem Gewicht von rund 680 Gramm habe "auf ein reifes neugeborenes Kind schließen lassen", so der Oberarzt.

Leichenflecken am Säugling waren schon ausgeprägt

Währenddessen war der Notarzt aus Brackenheim bereits zum zweiten Mal in die Lauffener Wohnung gerufen worden. Diesmal wegen eines toten Säuglings. Das Baby lag in einer kleinen Kammer in der Wohnung. "Die Leichenflecken waren schon ausgeprägt", sagte der Mediziner. Bereits während der Fahrt zum zweiten Einsatz habe er sich gedacht, dass das Kind nicht mehr lebensfähig ist, "wenn man sich seit der Geburt nicht mehr darum gekümmert hat", so der Notarzt. Ob das Kind nach der Geburt gelebt hat, könne er nicht sagen. "Ohne Obduktion ist das nicht möglich." Die Angeklagte hatte am zweiten Verhandlungstag angegeben, sie habe zu keinem Zeitpunkt ein Lebenszeichen wahrgenommen. "In meinen Augen hat das Kind nicht gelebt", sagte sie. 

Auf der Fahrt zum Krankenhaus habe die Angeklagte mit ihrem Handy hantiert, so der Notarzt. Er habe sich nichts weiter dabei gedacht. Offenbar schrieb die Beschuldigte ihrem Bruder, er möge das Kind vom Rasen aufheben und in eine Mülltonne werfen. Außerdem schrieb sie eine Nachricht an ihre Kollegen bei ihrem Arbeitgeber Porsche. Sie habe innere Blutungen und sei im Krankenhaus. Sie melde sich wieder. Das sagte die Vorgesetzte der Angeklagten am Mittwoch im Zeugenstand.

Das befristete Arbeitsverhältnis der Angeklagten lief aus

Als Praktikantin habe die Beschuldigte bei Porsche begonnen. Anschließend wurde sie für ein Jahr als Mutterschaftsvertretung übernommen. Danach wurde die Frist um ein weiteres Jahr verlängert. Eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war seitens des Arbeitgebers aber nicht mehr vorgesehen. Obwohl ihre Teamleiterin mit der Arbeit der Angeklagten hochzufrieden gewesen sei. "Wir hatten aber einfach keinen freien Platz", sagte die Zeugin.

Erste Staatsanwältin Sara Oeß wirft der Angeklagten Mord vor. Aus niederen Beweggründen und getrieben von unbedingtem Vernichtungswillen habe die Beschuldigte beschlossen, das Kind zu ermorden. "Um ihren Lebensgenuss, das berufliche Fortkommen und ihr Masterstudium nicht zu gefährden", so die Anklagevertreterin.

Die Verhandlung wird am kommenden Montag fortgesetzt. Dann sagen voraussichtlich die Verwandten der Angeklagten aus. Ebenfalls im Zeugenstand soll der ehemalige Lebensgefährte der Beschuldigten stehen. Er ist der Vater des toten Kindes und tritt auch als Nebenkläger im Prozess auf.

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