Alpakas sind Neuweltkameliden wie Lamas. Die Wildformen Guanako und das kleinere Vikunja kommen in den Anden und in Patagonien vor. Ob die Alpakas vom Vikunja abstammen oder eine Mischung beider Wildformen ist, darüber sind sich die Experten uneins. Die Schwielensohler brauchen regelmäßige Klauenpflege, auch die Zähne wachsen ständig nach und müssen gekürzt werden.
Alpakas sind harmonisch und hygienisch
Die gutmütigen Neuweltkameliden wirken beruhigend, obwohl sie stets wachsam sind. Klare Körpersprache, Ruhe und Vorsicht helfen im Umgang mit den kuschligen Kamelen. Das macht dann auch die Menschen glücklich.

Mia und Mila sind stets neugierig. „Das sind Mama und Kind“, erklärt Kathrin Seidel. Auf dem Maienackerhof im Bad Friedrichshaller Stadtteil Kochendorf gibt es nicht nur 700 Hühner in Freiland-Mobilen, sondern auch Pferde und Alpakas. „Landwirtschaft mit Leidenschaft“, nennen Kathrin und Ulrich Seidel ihre Motivation.
Auch Sohn Alexander steht als gelernter Landwirt in den Stiefeln. „Diversifizieren“ lautet das moderne Konzept der Landwirtschaft. Der Bauernhof als Lernort bringt schon Kindern die Landwirtschaft nahe. Der Hofladen und Erlebniswanderungen holt Menschen auf den Hof, die aus der weiteren Umgebung kommen.
Alpaka-Wanderung zum Teambuilding
Eine ganze Gruppe aus dem Stuttgarter Raum hat sich zur gemeinsamen Wanderung mit den kuschligen Tieren angemeldet. „Wir sind auf einem Team-Workshop und das ist jetzt unser Freizeit-Programm zur Entspannung“, sagt eine der Mitarbeiterinnen eines großen Energiekonzerns.
Aber: Kuscheln steht nicht auf dem Programm, auch wenn das seidenweiche Fell dazu einlädt. „Erst mal nicht anfassen!“, rät Kathrin Seidel. Alpakas sind Fluchttiere und stets wachsam. Hunde, Radfahrer, Autos oder ein flatterndes Regen-Cape machen die Tiere nervös.
Alpakas achten auf Menschen: Vertrauen ist wichtig
Erst mal wird geschaut, dass sich die Gruppe ruhig den Tieren nähert. Immer zu zweit, Mensch wie Tier, geht es auf die Wanderung. „Die Tiere bleiben gerne in der Gruppe zusammen, es sind eben Herdentiere“, erklärt Kathrin Seidel. Aber, das ist die erste Herausforderung, sie können Menschen als Leittiere zumindest vorübergehend akzeptieren. Dazu ist es wichtig, dass der Mensch nicht am Strick zieht oder zerrt, sondern souverän die Richtung vorgibt.
Eine „klare Körpersprache“ ist für den Umgang mit Alpakas nötig. „Die Tiere achten auf den Menschen. Sie haben es gerne, wenn der Mensch vor ihnen läuft und signalisiert: Ich beschütze dich und du kannst mir vertrauen.“ Der erste Lernpunkt im Team-Workshop passt also auch gut zur Zusammenarbeit unter Kollegen.
Nur wenn Alpakas genervt sind, treten und spucken sie
Hinten muss man aufpassen, dass man kein Bein abbekommt. „Die haben einen 340-Grad-Rundumblick.“ Alpakas nehmen sehr wohl wahr, was hinter ihnen passiert. Der Tritt gilt aber meist einem allzu aufdringlichen Artgenossen. Auch das Spucken, mit diesem Klischee räumt die Bäuerin gleich auf, wird nur eingesetzt, wenn die Tiere untereinander eine Meinungsverschiedenheit haben. „Das ist dann aber immer das letzte Mittel.“
Bei allzuviel Aufregung kann das durchaus passieren, wie der neugierige Reporter am eigenen Leib erfährt. Kathrin Seidel füttert die ansonsten gutmütigen Tiere fürs Foto mit Leckerlis, was eine Rangelei auslöst. „Die haben durchaus auch mal ihre verrückten fünf Minuten“, weiß Seidel, die sich zum „Coach für alpakagestützte Aktivitäten“ weitergebildet hat. Wenn die Tiere Stress haben, ist das am offenen Mund zu erkennen. Dominanzverhalten und die in einer Herde notwendige Rangordnung wird eben hin und wieder auch mal ausdiskutiert. „Kleiner Donner“ trägt seinen Namen durchaus zu Recht.
Die Herde hält immer zusammen
Aber sobald etwas anderes die Aufmerksamkeit der Tiere erregt, wird die Meinungsverschiedenheit beigelegt und alle halten als Herde wieder zusammen. Kathrin Seidel holt die individuell angepassten Halfter. Es geht raus auf den Hof. „Die Tiere sind im Hier und Jetzt, ob wir nun zehn Minuten oder zwei Stunden laufen, ist ihnen egal.“ Wieder eine Botschaft, die sich im Team-Workshop gut macht.
Aufgrund der Ruhe, die Alpakas ausstrahlen, eignen sie sich auch gut als Meditationsbegleiter. Besondere Events bietet der Maienackerhof auf Nachfrage an. Im Normalfall, berichtet Kathrin Seidel, sind Alpakas „sehr harmonische Tiere und gehen dem Stress aus dem Weg“.
Paco, Blacky und Fernandez sind die „Oldies“ in der Gruppe. „Vor 15 Jahren waren Alpakas noch eine Besonderheit“, erinnert sich Kathrin Seidel. Nach dem Scheren im Mai haben Passanten gefragt: „Sind das Rehe?“ Ohne die zwei bis sechs Kilo Wolle sind die grazilen Tiere tatsächlich recht schlank. „Im Sommer wäre das für die Tiere auch zu beschwerlich mit der dicken Wolle am Leib.“
Der Alpaka-Bob hat es auch bei den Menschen zum Trend geschafft
Nur der der Alpaka-Bob, der es auch bei den Menschen zum Trend geschafft hat, wird stehen gelassen. Wer die kuschelweiche Wolle anfassen will, kann dies in einem kleinen Sack, den Kathrin Seidel bei der Wanderung dabei hat, tun. Aus der Wolle lassen sich bequeme und warme Handschuhe, Stulpen und Unterziehhemden machen, aber auch Seife: Im Vergleich zur Schafwolle besitzt diese Wolle äußerst wenig Wollfett oder Lanolin. Dadurch werden unangenehme Gerüche verhindert. Die Seife wird mit Lavendel, Ringelblume oder Rosenduft versetzt.

Nach einer Weile werden die Tiere zutraulich. Abigail, oder kurz „Abi“, lässt sich gerne am Kinn kraulen. Sternchen bleibt hingegen sehr aufmerksam und weicht den streichelfreudigen Menschenhänden aus. „Wenn es den Tieren zu viel wird, gehen die einfach weg.“ Fußgängern entlang der Weide am Riedweg rät Kathrin Seidel wegen des Elektrozauns ohnehin zur Vorsicht.
Alle Alpakas gehen aufs gleiche Klo
Alpakas sind nicht nur harmonisch, sondern auch sehr hygienisch. „Die gehen alle aufs gleiche Klo.“ Daher ist im Stall schnell sauber gemacht. Auf der Weide sollten Alpakas nicht mit anderen Tieren wie zum Beispiel Schafen gehalten werden, weil die überall hinkötteln. „Wenn Sie Alpakas mit anderen Tierarten halten, ist es so, als ob die Alpakas an ihrem Kloplatz fressen müssen“, heißt es bei den Haltungstipps eines anderen Hofs.
Es gibt seitens des Züchterverbands Vorgaben für die Haltung: „Alpakas sind Herdentiere. Sie dürfen niemals alleine gehalten werden. Deshalb bilden jeweils mindestens zwei Hengste oder zwei Stuten zusammen eine Gruppe, besser drei oder mehr, um die Hierarchiebildung zu ermöglichen.“ Eine reine Stallhaltung ist nicht erlaubt. Alpakas brauchen Bewegung, deshalb müsse ein regelmäßiger Weidegang gewährleistet sein. „Es wird eine Offenstallhaltung empfohlen, so dass die Tiere selbst wählen können, ob sie sich im Stall oder im Freien aufhalten wollen.“ Zwei bis vier Quadratmeter Fläche wird pro Tier empfohlen, da auch Herdentiere beim Ruhen gerne nicht zu viel Körperkontakt haben.
Vom Futter her sind Alpakas unproblematisch: Auf der Weide fressen sie gerne frisches Gras und Blätter, im Stall dürfen die Wiederkäuer am Heu mümmeln, so viel sie wollen. „Heu und frisches Wasser haben die Tiere immer zur Verfügung“, so Kathrin Seidel. Ab und zu gibt es Äpfel und Karotten als Leckerli und Mineralfutter als Ergänzung.