Ackerlandstreifen und stillgelegte Weinbauflächen: Heilbronn will Brachen für mehr Artenvielfalt nutzen
Um dem Rückgang bedrohter Tier- und Pflanzenarten wieder mehr Lebensraum zu geben, setzt Heilbronn auf die Vernetzung von Lebensräumen heimischer Pflanzen und Tiere. Die neue Biotopmanagerin der Stadt erklärt im Gemeinderat, warum das wichtig ist.

Das Land Baden-Württemberg hat sich auf die Fahnen geschrieben, Flächen mit Lebensräumen für heimische Pflanzen und Tiere zu verbinden. Auch die Stadt Heilbronn will Ackerrandstreifen und brachliegende Weinanbauflächen ökologisch aufwerten und in einem Netz zusammenführen. Das sagte die neue Biotopmanagerin der Stadt, Karin Stock de Oliveira-Souza, am Dienstag vor dem Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats.
„Arten brauchen Lebensraum“, sagte die Heilbronner Biotopmangerin. Ziel müsse es deshalb sein, brachliegende Flächen nicht nur ökologisch aufzuwerten anstatt sie verbuschen zu lassen. Diese Inseln müssten laut Karin Stock de Oliveira-Souza auch miteinander verbunden werden. Ziel sei dabei, den zunehmenden Verlust der Biodiversität zu stoppen und die Vielfalt wieder zu vermehren.
Rund 200 Kilometer Ackerlandstreifen machen in der Summe rund 73 Hektar aus
Den Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht die Biotopmanagerin bei der Ausgestaltung eines sogenannten Ackerlandstreifenprogramms sowie in einem Biotopverbund in den Weinbergen. Flächen habe die Stadt Heilbronn reichlich. So habe die Stadt laut Karin Stock de Oliveira-Souza zusammengenommen rund 200 Kilometer Ackerlandstreifen, die in Summe eine Fläche von rund 73 Hektar ausmache. 80 Landwirte hätten sich bereit erklärt, an dem Programm teilzunehmen.
Potenzial sieht die Biotopmanagerin auch in den Heilbronner Weinbergen. Denn die aktuelle wirtschaftliche Situation der Wengerter gestalte sich schwierig. Und die Prognosen für den lokalen Weinanbau bezeichnete die Biotopmanagerin als düster.
Die Folge: Anbauflächen würden stillgelegt und die dadurch brachliegenden Flächen der Kulturlandschaft am Hang mitunter nicht weiter kultiviert. „Eine Verbuschung ist aber nicht gut“, sagte Karin Stock de Oliveira-Souza.
Brachliegende Flächen im Biotopverbund miteinander vernetzen
Wie also sieht die Weinberglandschaft von morgen aus? „Wir wollen die Weinberge natürlich erhalten“, sagte die Referentin weiter. Als Kulturlandschaft, aber auch für Freizeit und Erholung sowie unter anderem für Tourismus. Wichtig sei aber auch, die brachliegenden Flächen in einem Biotopverbund miteinander zu vernetzen und damit die Biodiversität zu steigern.
Auch wenn die Verwaltung natürlich darauf setze, dass der Weinbau in Heilbronn auch künftig eine große Rolle spielen werde, so lautet für Baubürgermeister Andreas Ringle eine der zentralen Fragen: „Was passiert mit den Flächen, die nicht mehr gebraucht werden?“
Karin Stock de Oliveira-Souza arbeitet derzeit an einem Konzept. Mit ins Boot sollen dabei neben der Stadtverwaltung unter anderem Weingärtner, die Wein-Villa und darüber hinaus das Landratsamt und das Regierungspräsidium Stuttgart.
Rege Debatte im Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats
Laut CDU-Stadträtin Susanne Schnepf existiere derzeit etwa ein Viertel der Weinfläche zu viel. Vermarkter verlangten zehn Prozent Flächenstilllegung, so Susanne Schnepf. Die CDU-Rätin forderte die Verwaltung auf, zu kontrollieren, dass die Weinbergbesitzer Brachflächen rodeten. Laut Harald Pfeifer (SPD) falle auf, dass nicht mehr bewirtschaftete Flächen in den Weinbergen nicht gepflegt werden. Herbert Burckhardt (Freie Wähler) bedauerte für die Weinbauern, „dass die Menschen weniger Alkohol trinken“.
Mit ihrem Ackerlandstreifenprogramm fördert die Stadt Heilbronn Landwirte, die Grünstreifen, Feldhecken und Baumreihen auf Äckern im Stadtgebiet anlegen. Damit soll neuer Lebensraum für Tiere und Pflanzen in der Agrarlandschaft geschaffen und der Erholungswert der Ackerbaulandschaft erhöht werden.
Es gibt verschiedene Typen von Ackerrandstreifen. Unter anderem mit mehrjähriger Fettwiese, mit Bäumen oder Hecken, Streuobstwiesenanlage, Einzelbäumen, Feldlerchenstreifen oder Rebhuhndauerbrachen. Die 80 teilnehmenden Landwirten wurden laut Verwaltung Stand 2024 mit insgesamt gut 107.000 Euro gefördert. Die Gesamtfläche der 1907 Ackerlandstreifen in allen Stadtteilen betrug 2024 gut 72 Hektar auf 207 Kilometern Länge. Das ist etwa die Strecke von Stuttgart nach Frankfurt.