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Premiere von "The Addams Family" bei den Burgfestspielen

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Schaurig und morbide: "The Addams Family" unter der Regie von Franz-Joseph Dieken feierte am Mittwochabend Premiere. Im Musical treffen zwei völlig unterschiedliche Familien aufeinander.

Von Andreas Sommer
Premiere bei den Burgfestspielen: Bei "The Addams Family" treffen zwei völlig unterschiedliche Familien aufeinander.
Foto: Burgfestspiele Jagsthausen
Premiere bei den Burgfestspielen: Bei "The Addams Family" treffen zwei völlig unterschiedliche Familien aufeinander. Foto: Burgfestspiele Jagsthausen  Foto: © Burgfestspiele Jagsthausen, Cecilia Stede

"Normal" ist bei der Familie Addams das schlimmste Schimpfwort. Der bizarre Clan mag Tod, Unglück und Exzentrik. Mutter Morticia schneidet Blumen erst die Köpfe ab, bevor sie sie ins Wasser stellt. Ihr Sohn Pugsley steht darauf, von seiner Schwester Wednesday gefoltert zu werden.

Die Oma ist eine Art Hippie-Hexe, Onkel Fester hat sich in den Mond verliebt und Familienvater Gomez markiert den heißblütigen Latino. Butler Lurch, ein liebenswerter Zombie, stapft langsam durch die Szenerie. Wenn derlei "Verrückte" auf Normalos treffen, ist Zoff vorprogrammiert.

Wednesday Addams hat sich in einen jugendlichen Spießer namens Lucas verliebt. Dieser Schwiegersohn-Traum ist mit seinen Eltern Alice und Mal bei den Addams zum Dinner geladen. Das daraus resultierende Tohuwabohu schildert das Musical "The Addams Family" von Marshall Brickman, Rick Elice (Buch) und Andrew Lippa (Musik). In der Inszenierung von Franz-Joseph Dieken wurde es bei den Burgfestspielen heftig beklatscht.

Die Musik pendelt zwischen vielen Genres

Das Personal, basierend auf den Cartoons von Charles Addams aus den 30er Jahren, den TV-Serien der 60er und den Kinofilmen der 90er Jahre, ist Kult. Charles Addams wollte der amerikanischen Gesellschaft vor 80 Jahren einen satirischen Spiegel vorhalten. Davon ist in der Musical-Fassung kaum noch etwas übrig. Sie feiert die Freude am Grotesk-Makabren im Konflikt der Generationen und Lebensentwürfe. Leider hat das Buch Schwächen, und die Story franst zum Ende hin aus bis zum nicht sehr originellen Happy End.

Die Musik ist zwar vielfältig, pendelt zwischen Rock, Tango, düsteren Keyboard-Soli und großen Shownummern. Aber trotz oder gerade wegen der Vielfalt bleibt wenig Musik im Ohr.

Mehr zum Thema: Bei der anschließenden Premierenparty reichten die Gespräche von Sadismus bis zu Frauenpower - und es wurde viel gelacht (Premium)

 


 

Was die Inszenierung in Jagsthausen dennoch sehenswert macht, ist ihre Optik und das leidenschaftliche Ensemble, dem hübsche Figurenporträts gelingen. Kostüme (Volker Deutschmann) und Maske haben hohen Schauwert. So sieht Nuria Mundry als Wednesday Addams aus wie ein Mix aus einer sinistren Pippi Langstrumpf und Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz im Outfit der Nullerjahre. Valerija Laubach ist eine wunderbare Gothic-Mama, die ihre fingerschnippende Grufti-Familie mit unterkühlter Dominanz führt.

Mehr Figurenentwicklung gesteht das Musical der "normalen" Familie zu. Wie Isa Weiß als Alice Beineke von dem in Versen redenden biederen Hausmütterchen zur selbstbewussten Frau mutiert, die ihren Lucas (Alexander Sasanowitsch) auch mal rüde zurechtweist, ist große Schauspielkunst. Pierre Sanoussi-Bliss als ihr Gatte Mal durchläuft eine ähnliche Läuterung. Der Langweiler erinnert sich seiner Jahre als junger Wilder - und spricht nun selbst in Reimen. Die Beinekes werden im Kontakt mit dem Anderssein der Addams Family im wahrsten Sinn des Wortes wiederbelebt.

Die Inszenierung ist mal überdreht, mal lustig

Die Inszenierung reiht Witz, Wortspiele und Zoten aneinander, die mal lustig, mal überdreht und auch mal infantil sind. Das eiskalte Händchen rollt nur am Anfang über die Bühne, die Sabine Kohlstedt und Yvonne Marcour als funktionale schwarz-weiße Showtreppe gestaltet haben.

Sven Niemeyers Choreographie ist ausgefeilt und abwechslungsreich, die Band unter Leitung von Andreas Binder treibt das Geschehen präzise und dynamisch voran, während der schräge Chor der Ahnen erfrischende Akzente setzt.

Weitere Aufführungen

www.burgfestspiele-jagsthausen.de

 

 

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