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Wenn die Kultur auch in Krisenzeiten aus dem Vollen schöpft

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Auf ein kulturreiches Jahr folgen auch 2026 Neuentdeckungen, ein Intendantenwechsel und eine erweiterte Kunsthalle Würth. Warum es in Heilbronn kein Wertwiesen-Open-Air geben wird.

Faszination Malerei: 100 000 Besucherinnen und Besucher sahen im Museum Würth 2 in Künzelsau in Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll die monografische Ausstellung „Emil Nolde – Welt und Heimat“.
Faszination Malerei: 100 000 Besucherinnen und Besucher sahen im Museum Würth 2 in Künzelsau in Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll die monografische Ausstellung „Emil Nolde – Welt und Heimat“.  Foto: Ufuk Arslan

Der Sommer in der Region? Er war festivalgesättigt: Konzerte mit Sting und Sarah Connor in den Heilbronner Wertwiesen, Bryan Adams beim Würth-Open-Air, ein verregnetes Haigern Live! und der Mut, 2026 weiterzumachen: Vom 23. bis 26. Juli findet die 16. Auflage auf dem Haigern statt unter anderem mit Sänger, Rapper und Songwriter Clueso.

Vor 10 000 Fans singt im Juni der britische Musiker, Komponist und ehemalige Sänger von The Police im Wertwiesenpark. 2026 wird es vorerst kein Open-Air-Festival dort geben.
Vor 10 000 Fans singt im Juni der britische Musiker, Komponist und ehemalige Sänger von The Police im Wertwiesenpark. 2026 wird es vorerst kein Open-Air-Festival dort geben.  Foto: Mario Berger

Open-Air-Konzerte

Ein von der Neuenstädter Agentur Provinztour organisiertes Wertwiesenpark-Open-Air wird es 2026 nicht geben, dabei hatte Provinztour-Chef Rolf Weinmann für das erste Juniwochenende Roland Kaiser und Foreigner an der Angel. „Aber der Wertwiesenpark wurde uns für diesen Zeitraum von der Stadt nicht zur Verfügung gestellt.“ Kaiser, der ein bemerkenswertes Comeback feiert, spielt nun in Aspach im Stadion und Foreigner in Stuttgart auf der bereits ausverkauften Freilichtbühne Killesberg. „Wir veranstalten Roland Kaiser jetzt in Fulda auf dem auch bereits ausverkauften Domplatz. Für 2027 nehmen wir einen neuen Anlauf in Heilbronn, vielleicht klappt es ja dann.“ Andere dürften sich auf ein Konzert mit Helene Fischer freuen am 16. Juni in der MHP Arena Stuttgart.

Theater und mehr

In Kooperation mit der Experimenta hat das Heilbronner Theater im November beim Festival „Science & Theatre“ Fragen der Künstlichen Intelligenz mit theatralen und tänzerischen Mitteln verhandelt und wieder einen Internationalen Dramenwettbewerb durchgeführt. Das Siegerstück „Wo die Götter kauern wie Hunde“ von Leon Engler wird kommenden Juni in der Experimenta uraufgeführt, wie überhaupt das Theater in der letzten Spielzeit von Intendant Axel Vornam nochmal Gas gibt. Bevor im Sommer 2026 der Stab übergeben wird an die designierte Intendantin Solvejg Bauer. Die hat im November ihr künstlerisches Team vorgestellt: jung und musikalisch soll es werden, mit einer Pop-Beauftragten, viel Bürgernähe, dafür werden keine Gastspiele eingekauft. Was aus dem Tanz wird? Er soll weiter stattfinden, aber anders. Im Mai stellt Bauer den Spielplan und das Ensemble vor, elf Schauspielerinnen und Schauspieler werden übernommen. Auch lädt ihr Team im Mai die Abonnenten ein, um exklusiv über Neuerungen etwa im Abo zu informieren.

Dass Chemnitz Kulturhauptstadt Europas 2025 sein würde, galt als „ein spinnerter Traum“. Und doch holte sich Chemnitz den Titel zusammen mit Nova Gorica (Slowenien) und Gorizia (Italien). Damit war zum vierten Mal eine deutsche Stadt Kulturhauptstadt, nach West-Berlin (1988), Weimar (1999) und Essen mit dem Ruhrgebiet (2010). 2026 sind Oulu in Finnland und Trencín in der Slowakei Kulturhauptstädte. 

Apropos Theater: 75 Jahre Burgfestspiele feierte Jagsthausen in einer erfolgreichen Jubiläumsspielzeit mit 35 500 Besucherinnen und Besuchern. 100 Jahre Freilichtspiele wurden in Schwäbisch Hall mit der bisher zweitbesten Besucherzahl von 78 700 Besuchern begangen. Die Spielpläne für den nächsten Sommer stehen: Im Burghof gibt es unter anderem „Der Hexer“ von Edgar Wallace und eine Wiederaufnahme von „Das Abba Konzert – Dancing Queen“. In Hall kommen Schillers „Kabale und Liebe“ und „Cabaret“ auf die Große Treppe.

Städtische Museen Heilbronn

500 Jahre Bauerkrieg – die größte Massenbewegung Europas vor der Französischen Revolution – war Thema einer Ausstellung in den Städtischen Museen Heilbronn. Ein Highlight im kommenden Jahr: Die Ausstellung der Ernst-Franz-Vogelmann-Preisträgerin 2026, Andrea Pichl, von Ende April bis September. Pichl macht in ihrer künstlerischen Arbeit Architektur, Stadtplanung und soziale Räume zum Thema und kommentiert die fragwürdige Ästhetik sowie Hintergründe standardisierter Bauformen.

Stichwort Vogelmann: Der Mäzen und Namensgeber von Kunsthalle und Preis liefert Gesprächsstoff, als im April die Ergebnisse einer Studie bekannt werden über die NS-Belastung von Heilbronner Namensgebern für Straßen und Gebäude. Die von der Stadt in Auftrag gegebene Studie stuft den Unternehmer Ernst Franz Vogelmann (1915-2003) als „formal belastet“ ein. Die Experten der Studie empfehlen eine Kommentierung der „formalen Belastung“ unter Nennung der NSDAP-Mitgliedschaft, der von NS-Ideologie geprägten Betriebsordnung und der Teilnahme am Ostfeldzug und der Einsatzorte. Die Räte der Vogelmann-Stiftung haben beschlossen, zur Klärung weitere Fachleute hinzuzuziehen.

Kunstkooperation mit dem Ipai

Mit zwei Ausstellungs-Präsentationen der kanadisch-chinesischen Künstlerin Sougwen Chung, eine der wichtigen Vertreterinnen international auf dem Feld von Künstlicher Intelligenz und Kunst, ist der Kunstverein Heilbronn im Sommer eine Kooperation mit dem Ipai eingegangen. Mit dem Schweizer Alex Hanimann wird 2026 dann ein konzeptuell und medienübergreifend arbeitender Künstler in Heilbronn ausstellen.

Erweiterungsbau Kunsthalle Würth

100 000 Besucherinnen und Besucher sahen zwischen Anfang April und Ende September im Museum Würth 2 in Künzelsau in Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll die monografische Ausstellung „Emil Nolde – Welt und Heimat“. 1972 hatte Reinhold Würth mit Emil Noldes Aquarell „Wolkenspiegelung in der Marsch“ eines der ersten Werke für die Sammlung Würth gekauft und damit den Grundstock gelegt. Derweil nimmt der Erweiterungsbau der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall Gestalt an: Der Rohbau ist abgeschlossen. Die Baumaßnahmen nach Entwürfen des Architekturbüros Henning Larsen München schreiten voran. Zum 25-jährigen Jubiläum der Kunsthalle soll der Erweiterungskomplex nach dreijähriger Bauzeit fertiggestellt und im Herbst 2026 eröffnet werden. Bisher haben über fünf Millionen Besucherinnen und Besucher seit 2001 in der Kunsthalle 51 Ausstellungen besucht.

65 Jahre Württembergisches Kammerorchester Heilbronn

65 Jahre WKO konnte das Württembergische Kammerorchester Heilbronn in diesem Jahr feiern: mit einem Jubiläumskonzert im Oktober mit der Klavierlegende Rudolf Buchbinder. Mit dem traditionellen Neujahrskonzert am 5. Januar startet das Württembergische Kammerorchester unter Chefdirigent Risto Joost und mit einem Potpourri aus bekannten Melodien in 2026. Wie überhaupt die Klassische Musik auch im sich zu Ende neigenden Jahr bestens vertreten ist mit Heilbronner Sinfonie Orchester und Kulturring und den jeweils namhaften Gastsolisten.

Europa-Reihe Unter der KSK-Pyramide

Gerade einmal fünf Jahre alt ist Heilbronns jüngste Kulturinstitution. Das Literaturhaus legt mit den eingeladenen Autorinnen und Autoren sowie Kooperationen eine bemerkenswerte Agenda auf. Dass das alles ohne Drittmittel nicht möglich wäre, ist klar. Umso erfreulicher, dass gemeinsam mit der Kreissparkasse Heilbronn die Europa-Reihe fortgeführt wird mit prominenten Namen. Auf den Sozialwissenschaftler Claus Leggewie im November folgen im Februar der Politologe Herfried Münkler, im März Schriftsteller Ingo Schulze und Klimaforscher Anders Levermann.

Renommierter Politologe: Herfried Münkler diskutiert im Februar 2026 in Heilbronn.
Renommierter Politologe: Herfried Münkler diskutiert im Februar 2026 in Heilbronn.  Foto: dpa
Phänomen Helene Fischer: Im kommenden Juni gibt die Schlagersängerin ein Konzert in Stuttgart.
Phänomen Helene Fischer: Im kommenden Juni gibt die Schlagersängerin ein Konzert in Stuttgart.  Foto: Foto: dpa
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