Vidina Popov, 1992 in Wien geboren, studiert Schauspiel am Mozarteum in Salzburg, 2013 schreibt sie das Monolog-Stück „Ich bin Bulgare?!“. In Paris besucht sie die Clownschule École Philippe Gaulier. Von 2017 bis 2024 festes Mitglied im Ensemble des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, wird Popov 2022 mit Yael Ronens „Slippery Slope“ zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Popov ist für Film und Fernsehen tätig, etwa in der Reihe „Der Lissabon Krimi“, im „Tatort“, in „Soko“-Episoden, im Biopic „Alice“. Sie lebt in Berlin und hat eine eigene Late-Night-Radio-Show.
Was macht Bulgarien aus? Gutes Essen, viele Menschen und Musik
In ihrer Show „Ich bin Bulgare?!“ auf dem Theaterschiff Heilbronn denkt die Wienerin Vidina Popov aus Berlin ziemlich rasant über das Konzept Heimat nach. Warum dieser Abend mit Balkan-Sound und Humor uns alle angeht.

Seit sie vor mehr als zehn Jahren während des Schauspielstudiums am Mozarteum in Salzburg ihre One-Woman-Show geschrieben hat, tritt Vidina Popov immer wieder damit auf. Am Deutschen Theater Berlin, Staatstheater Hannover, in Leipzig, wird zu Festivals eingeladen und jetzt aufs Theaterschiff Heilbronn.
An zwei Abenden ist „Ich bin Bulgare?!“ – mit Frage- und Ausrufezeichen – zu erleben. Eine musikalische und sehr rasante „360-Grad-Untersuchung“, wie Popov es nennt, des Begriffs Heimat. Dazu muss man wissen, dass die Tochter des ehemaligen Cheftrainers der bulgarischen Leichtathleten in Wien geboren, zweisprachig aufgewachsen ist, wienerisch sozialisiert, früh in Österreich ein Kinderstar wird am Wiener Volkstheater und im ORF als Kindermoderatorin. Und schlussendlich in Berlin landet. Von 2017 bis 2024 ist Vidina Popov Ensemblemitglied am Maxim-Gorki-Theater.
Nur nicht die Moralkeule schwingen
Warum sie jetzt lieber frei arbeitet? Und was einen waschechten Bulgaren auszeichnet? Wenige Tage, bevor sie nach Heilbronn reist, nimmt sie sich Zeit für ein Gespräch. Weil es Popov wichtig ist, dass sich jeder angesprochen fühlt. Dafür verwebt die Schauspielerin Interviews, Dokumentationen und Begegnungen, im Grunde ist das Thema Heimat aktuell wie je, wenn nicht aktueller. So wie die Welt und Vidina Popov sich seit 2013 verändert haben, ändert Popov ihre Show. Der Kern bleibt derselbe mit Live-Musik, Balkan-Soul und, darauf besteht sie, die keine Moralkeule schwingen möchte, mit Humor.
Was also zeichnet den Bulgaren aus? „Jeder Bulgare wird da anders antworten. Aus meiner Sicht zeichnet den waschechten aus, dass er sehr gastfreundlich ist. Offen, warm und ziemlich direkt in der Kommunikation. Wenn ich an Bulgarien denke, gibt es immer richtig gutes Essen, eine gute Tafel mit vielen Menschen und Musik.“
„Ich bin eine Wienerin, deren Herz im 7/8 Takt schlägt, dem spezifisch bulgarischen Takt,“ erklärt sie, welche Seele nun überwiegt in ihrer Brust. Darum gebeten, wechselt sie mühelos vom Bühnendeutsch ins Wienerische. Den Ortswechsel nach Berlin hat Popov nicht so sehr als krassen Kulturschock erlebt. Die beiden Städte sind wie Cousins zweiten Grades, mit unterschiedlichen Temperamenten, vergleicht sie.
Wien hat etwas Morbides
„Wien flaniert, Berlin vibriert. Wien ist klassischer, konservativer – und hat etwas Morbides. Dieses Morbide schafft spannende Reibungspunkte, was sich in Literatur und Kultur niederschlägt“ und ihr gefällt. Warum ist Vidina Popov aus dem festen Engagement am Gorki-Theater Berlin ausgestiegen? Im Moment möchte Popov frei arbeiten, singen, moderieren, hat eine eigene Radioshow. „Das aber muss nicht für immer sein.“
Von klein auf hat Vidina Popov anderen gerne etwas vorgespielt, wollte unterhalten. So wie jetzt mit „Ich bin Bulgare?!“. Alles echte Geschichten, sagt sie, zugespitzt, sonst wäre es keine Bühnenshow zwischen Theater und Stand-up. Um Vorurteile und Klischees geht es und was sie mit uns zu tun haben. Um Verlust und Ankunft, Fremdbilder über sich und andere, gängige Mechanismen also. Die Popov ausgerechnet in der kreativen Welt, wo man gerne vorgibt, offen zu sein, erlebt hat. Wie sie gecastet wird als Schauspielerin, hängt auch mit dem Namen und der dunklen Haarfarbe zusammen. Dabei könnte sie Haare färben und abschneiden. Immerhin, es ändert sich etwas diesbezüglich, auch in Popovs Beruf Schauspiel.
Bühnenmusik und Sounddesign
Und warum heißt ihre Show „Ich bin Bulgare?!“ und nicht Bulgarin, wird die 32-Jährige immer wieder gefragt. „Weil ich generell von Bulgarien erzähle. Ich spiele nicht nur eine Frau, sondern viele Rollen.“ Begleitet wird sie dabei von Live-Musiker Mark Badur, der als freiberuflicher Komponist, Produzent und Künstler im Grenzbereich zwischen Bühnenmusik und Sounddesign an großen Häusern arbeitet.
Auftritt in Heilbronn
Am Freitag, 7., und Samstag, 8. November, 20 Uhr, Theaterschiff Heilbronn.

Stimme.de