Vielleicht ja auch cool: Science & Theatre diskutiert über das Verhältnis von Mensch und Maschine
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Eine Neurowissenschaftlerin, ein Autor und ein Theatermacher suchen im Rahmen von Science & Theatre nach Antworten auf die Frage, was Mensch und Maschine unterscheidet - und ob es überhaupt wichtig ist, einzigartig zu sein. Mit dem Dramenwettbewerb und einer weiteren Deutschlandpremiere endet das Festival am Sonntag.
„Können Maschinen träumen?“: Eva Wolfangel, Alexandra Reichenbach, Michael Krauss und Roman Eich (v.l.) diskutieren bei Science & Theatre.
Foto: Mario Berger
Foto: Berger, Mario
„Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“, stellte schon US-Autor Philip K. Dick 1968 in seinem Roman die Frage, was den Menschen zum Menschen macht. Ein Klassiker der dystopischen Literatur, der vor allem bekannt geworden ist unter dem Titel der Leinwandadaption von Ridley Scott aus dem Jahre 1982: „Blade Runner“. Was vor 60 und 40 Jahren noch Science Fiction war, ist mittlerweile näher gerückt dank Fortschritten in Robotik und Künstlicher Intelligenz, sodass die Unnachahmlichkeit des Homo Sapiens vielleicht mehr denn je auf die Probe gestellt wird.
Wobei es nach knapp eineinhalb Stunden Podiumsdiskussion am Samstagnachmittag im nur spärlich besuchten Komödienhaus eine Stimme aus dem Publikum ist, die sich bei diesem Thema mehr Gelassenheit wünscht: „Es ist doch egal, ob wir einzigartig sind.“ Und damit auf der Bühne Zuspruch erntet. „Maschinen sind einfach anders als wir, das ist genau mein Punkt“, ist Autor Roman Eich einverstanden. „Ein Auto ist schneller als wir, daran stört sich keiner“, pflichtet Neurowissenschaftlerin Alexandra Reichenbach bei, für die Künstliche Intelligenz schlicht ein Werkzeug ist.
Michael Krauss: „KI berechnet ja nur Daten“
Mit „Können Maschinen träumen?“ ist die Veranstaltung überschrieben, die beim Heilbronner Festival Science & Theatre stattfindet und von Eva Wolfangel sachkundig moderiert wird. Neben Eich, dessen Stück „Häufig gestellte Fragen zum Fortbestand der Menschheit“ am Donnerstag in der Boxx uraufgeführt wurde, und Reichenbach, die Forschungsprofessorin an der Hochschule Heilbronn und Direktorin des Zentrums für Maschinelles Lernen ist, sitzt der Regisseur, Videokünstler und Filmemacher Michael Krauss aus Stuttgart in der Runde.
Zur Moderatorin Eva Wolfangel
Eva Wolfangel, geboren 1975, studierte Kulturwissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin. Zunächst Volontärin, dann Redakteurin bei einer Lokalzeitung, macht sich Wolfangel 2008 selbstständig, seit 2014 ist sie als Journalistin, Speakerin, Moderatorin unterwegs. Sie schreibt über Themen wie KI, virtuelle Realität, Technikethik und Cybersecurity. chf
Mit „Replik_A“, einem Stück für einen Tänzer und einen humanoiden Roboter, ist Krauss als Teil des Theaterlabels Meinhardt & Krauss beim Festival zu Gast und betont die Bedeutung, die die Körperwahrnehmung für die Entstehung von Emotionen und Intelligenz hat. „Die KI, von der wir immer reden, hat ja eigentlich keinerlei Wahrnehmung, die berechnet ja nur Daten.“
Alexandra Reichenbach: Computern kann man Gefühle einpflanzen
Wogegen Alexandra Reichenbach informationstechnische Parallelen zwischen dem subjektiven Empfinden des Menschen und dem, was in einem Computer passiert, zuspitzt. „Wenn Sie es wirklich als Reaktionsmuster auf bestimmte äußere Umstände sehen, dann ist das sicherlich etwas, was ein Computer so auch haben kann“, bejaht die Leiterin der School of Applied Artificial Intelligence, dass man Maschinen Gefühle einpflanzen könne. „Mehr ist bei unseren Emotion nicht dabei?“, hakt Wolfangel nach. „Was wollen Sie mehr haben?“, verweist Reichenbach auf Theorien, wonach Bewusstsein nur ein Begleitprodukt sei. Allerdings räumt sie ein, dass – Stand heute – ein Algorithmus nur auf Ziele hin trainiert werde, die ihm von außen vorgegeben würden, der Mensch aber auch Motivationen habe, die von intern kämen.
Sinnvoller als die Entwicklung einer generalistischen KI findet Roman Eich, der seine Masterarbeit in Hildesheim zum „Qualia-Problem in der KI“ verfasst hat, wenn stattdessen sehr spezielle Anwendungen entwickelt werden. Als Beispiel nennt der Preisträger des Science & Theatre Dramenwettbewerbs 2023 die KI AlphaFold, die Proteinstrukturen vorhersagt – eine Revolution für die Medikamentenentwicklung. „So eine KI braucht kein subjektives Empfinden, die braucht keine Motivation“, sagt Eich.
Roman Eich: „Vielleicht wird die Kunst verspielter und experimenteller“
Michael Krauss ist auch Lehrer an einem Gymnasium und beklagt den Verlust von Kreativität, wenn beispielsweise seine Schüler Aufgaben lösen mithilfe sogenannter Prompts, also Anweisungen an KI-Modelle. Auch befürchtet er eine Abstumpfung angesichts KI-generierter Kunst: „Was Kunst ja tun sollte, ist, Dinge zu verhandeln, wenn es gerade relevant wird, dass sie verhandelt werden, oder vielleicht sogar ein bisschen davor. Das können Maschinen nicht.“
Eine Sache, die in Bezug auf KI optimistisch stimmt und nachts besser träumen lässt, will Eva Wolfangel zum Schluss von jedem Gesprächsteilnehmer hören, um den Nachmittag nicht düster enden zu lassen. Dass Algorithmen so komplexe Muster durchdringen, damit wir tatsächlich einige Prozesse im Menschen besser verstehen können, führt Alexandra Reichenbach an. Eine Chance im Scheitern sieht Roman Eich: „Dass wir dem alle irgendwann so überdrüssig sind, dass die Kunst vielleicht noch mal verspielter und experimenteller wird.“ Michael Krauss scheint um eine Antwort zu ringen, greift dann aber ebenfalls zum Mikro: „Wenn jetzt wirklich alle durch KI Künstler sind, wie Beuys das irgendwie wollte, vielleicht ist das ja auch cool.“
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