Peter Riek, 1960 in Heilbronn geboren, studiert an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Zivildienst am Bodensee. Hier ist er bei der Galerie Vayhinger Artist-in-residence. Auslandsstipendien führen ihn nach Straßburg, Paris, Budapest und Basel. Stehen zuerst grafische Komponenten nur im Zusammenhang mit pastoser Malerei, versteht sich Riek heute als Zeichner. „Old Man Odyssey“ wird diesen Donnerstag, 19 Uhr, im Atelier in der Südstraße 115-1 nochmals vorgestellt. Anmeldung info@peter-riek.de.
Unterwegs nach Ithaka mit einem Helm wie Odysseus
Der Heilbronner Peter Riek hat ein Künstlerbuch geschrieben über mehr als 2000 Kilometer Fahrradreise von Lindau nach Ithaka - und seinen sehr persönlichen Reisebericht im Literaturhaus Heilbronn vorgestellt.

Seit der Antike ist der Begriff Odyssee Synonym für eine Irrfahrt. An der Wende vom 8. zum 7. Jahrhundert vor Christus hat Homer eine der einflussreichsten Epen der abendländischen Literatur geschrieben: über die Abenteuer von Odysseus, König von Ithaka, und seiner Gefährten während der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg.
Nun hat sich auch der Heilbronner Künstler Peter Riek Ende April auf eine Irrfahrt aufgemacht von Lindau nach Ithaka, mit dem Fahrrad von Deutschland über Österreich, die Schweiz, Italien und Albanien nach Griechenland. Wenngleich ohne Gefährten, verführerische Sirenen, dafür mit einem festen Routenplan, der unvorhersehbare Ereignisse nicht ausschließt.
Die ruppigen Nonnen von Bari
Die mehr als 2000 Kilometer lange Reise an 24 Tagen hat Riek zu einem Künstlerbuch verdichtet. Den täglich entstandenen Zeichnungen stellt er eine Postkarte zur Seite, die er sich selbst jeden Tag nach Hause schreibt. Fast alle sind angekommen, der einzige Verlust dürfte auf die Unzuverlässigkeit ruppiger Nonnen in einem Kloster bei Bari zurückgehen. Und darauf, dass es kaum noch Briefkästen gibt und das Porto einer Karte teurer ist als die Karte selbst. Das so entstandene, sehr persönliche Reisetagebuch „Old Man Odyssey“ – schließlich sei er nun ein alter Mann, kokettiert Riek – dürfte auch bewegungsfaule Freundinnen und Freunde des Südens, die gern in Gedanken unterwegs sind, begeistern.
Untermalt mit elektronischer Musik
Im Literaturhaus Heilbronn hat der Geschichtenerzähler Riek seine „Old Man Odyssey“ vorgestellt. Untermalt wird der Abend von den sphärischen Klanglandschaften Lothar Heinles, der sich seit Jahren mit elektronischer Musik beschäftigt. Ausverkauftes Haus, aufgrund der Nachfrage wird der Reise-Bericht am Donnerstag wiederholt im Atelier des Künstlers.
Mit Homers Odyssey in der Satteltasche also, vier Stück Kreide für jeden Tag und dem Nötigsten ist Peter Riek aufgebrochen. Jede Zeichnung unterwegs auf der Straße wird fotografiert, später dann gedruckt auf Messerschnitte auf Leinwand. Arlberg-Pass, Inntal, Reschenpass, jede Menge Höhenunterschiede, Wind und Wetter, Albaner Berge und streunende Hunde, gegen die nur ein Stein in der Hand als Abschreckung hilft. Es ist nicht die erste Gewalttour von Riek, der, wie er erzählt, eigentlich keinen Sport mag und sich ein Mal die Woche leidenschaftslos zum Joggen zwingt.
Eine Frage des Willens
Auch Radfahren hat wenig mit Sport zu tun für Peter Riek, sondern mit Freiheitsempfinden, eine Frage des Willens und nicht der Kondition. Ein Mann voller protestantischer Ethik gepaart mit dem Freiheitsempfinden des Intellektuellen. Was er dann über einzelne Etappen seiner Fahrt berichtet, klingt so abenteuerlich wie humorvoll, hier erzählt ein kundiger Staunender: vom 24. April, dem Tag der Befreiung in Italien, den in Südtirol kaum einer kennt, vom 1. Mai, wenn in Italien die Strandsaison beginnt, auch wenn kein Italiener ins Wasser gehen würde bei den milden Temperaturen. Von Ferrara und anderen entzückenden Renaissancestädtchen in der Emilia Romagna, vom ersten Grillenzirpen, Besuchermassen in Verona, dem Ornithologen-Paradies Valle di Comacchio und der Weiterfahrt am Meer entlang bis Brindisi, fast durchgehend verläuft ein Radweg, lange Straße aus Sand nannte es Pier Paolo Pasolini.
Bilder tauchen auf und verschwinden, Riek erlebt die Wechsel der Landschafträume und kuriose Unterkünfte. Ihm gefällt die Flüchtigkeit. Wie Odysseus trägt er einen Helm. In Brindisi nimmt er die Fähre nach Albanien, die antike Stadt Butrint lernt er kennen, Albaniens einziges Weltkulturerbe, und Menschen von ausgesprochener Herzlichkeit. Schließlich passiert er die griechische Grenze, vorbei an einsamen Küsten. Und den Rest der Strecke von Mesolongi nach Ithaka im zweiten Gang, gezwungenermaßen.
„Ich bin angekommen“
Dieses letzte Stück am Penepoles ist am gefährlichsten, eine verkehrsreiche Schnellstraße. Am 15. Mai in Argostoli schreibt Riek die 24. und letzte Postkarte. „Ich stehe am Ufer und schaue auf die Möwen und in der Ferne auf Ithaka – mit dem Fährschiff in einer guten Viertelstunde zu erreichen. Doch heute fährt keines mehr. Das macht nichts, ich bin angekommen.“