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Premiere im Komödienhaus
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So lief die Premiere von "Nein zum Geld" am Heilbronner Theater

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Am Freitagabend feierte die Inszenierung von Nils Brück Premiere im Komödienhaus. Darin geht es um einen Lottospieler, der einen Gewinn von 162 Millionen Euro nicht abholen möchte. In seinem Umfeld trifft er deshalb auf Unverständnis und Wut, die Lage eskaliert. Als Zuschauer stellt man sich die Frage: Kann man so viel Geld überhaupt ablehnen?

Richard (Tobias Loth, links) hat einen riesigen Lottogewinn abgelehnt. Seine Frau, seine Mutter und sein bester Freund sind wenig begeistert.
Richard (Tobias Loth, links) hat einen riesigen Lottogewinn abgelehnt. Seine Frau, seine Mutter und sein bester Freund sind wenig begeistert.  Foto: Jochen Klenk

Es hätte ein schöner Abend werden können. Der Braten ist im Ofen, der Tisch gedeckt, die Weinflasche geöffnet. Richard Carré (Tobias Loth) und seine Frau Claire (Romy Klötzel) haben in ihre kleine, beschauliche Wohnung in Limoges eingeladen. Doch noch bevor den Gästen das Essen serviert wird, ist die Lage schon eskaliert. Denn Richard hat eine Überraschung, die wie eine Bombe detoniert. „Bist du der Idiot, den sie seit Wochen suchen?“ Ja, Richard ist dieser „Idiot“, der im Lotto 162 Millionen Euro gewonnen hat, den Gewinn aber nicht abgeholt hat. Aus Überzeugung, wie er sagt, denn sein jetziges Leben sei glücklich und erfüllt.

Den Lottoschein hatte Richard ja eh nur in Gedenken an seinen Vater – die Zahlen sind das Hochzeitsdatum der Eltern – weitergespielt. Und überhaupt, sei die Lotterie doch ohnehin nur eine „goldene Rassel“, die den Armen unter der Nase geschwenkt wird, damit sie zum Wohle einer Person noch ärmer werden.

Ein Kammerspiel und eine Versuchsanordnung

Richard will das Geld, diesen exorbitanten Gewinn, nicht, sein (familiäres) Umfeld dagegen umso mehr. So viel zur Ausgangslage in Flavia Costes schwarzer Komödie „Nein zum Geld“, die in der Inszenierung von Nils Brück am Freitagabend im Komödienhaus des Heilbronner Theaters Premiere feierte. Richard hofft auf das Verständnis seiner Liebsten, ihm entgegen schlagen jedoch nur Wut und Unverständnis. Nicht nur von seiner Frau, mit der er gerade ein Kind bekommen hat, sondern auch von seiner Mutter Rose (Sabine Unger) – Typ sexbesessener Vamp mit ordinärer Schnauze – und seinem besten Freund Etienne Rougery (Tobias D. Weber), mit dem gemeinsam er in einem nicht wirklich rentablen Architekturbüro arbeitet.

„Nein zum Geld“ ist ein klassisches Konversationsstück, eine Art Versuchsanordnung. Und ein Kammerspiel, bei dem Beweggründe auf Vorwürfe treffen und der Stellenwert von Geld diskutiert wird. Ist Richard ein moderner Robin Hood, oder ist seine Opferbereitschaft im Namen der Liebe vielleicht auch nur die selbstsüchtige Angst vor dem Verlassenwerden oder vor Veränderung? Das Stück kontrastiert einen egoistischen Pragmatismus des gesunden Menschenverstandes mit einem pseudoheroischen Idealismus, der an Dummheit grenzt – und überlässt dem Zuschauer die Frage: Könnte ich so viel Geld ablehnen?

Die Regie von Nils Brück moderiert souverän das sich zwangsläufig anbahnende Drama, die zusammenbrechenden Beziehungen. Die Inszenierung gibt den Charakteren den nötigen Raum für ihre verdrängten Sehnsüchte, die Hoffnungen, Ideen und die Abstufungen ihrer Wut. Das Geschehen driftet, auch vom Alkohol getrieben, konsequent ins Absurde und Böse, Bündnisse werden geschmiedet, Strategien entwickelt, um Richard doch noch weichzuklopfen.

Munteres Ensemble und einige stumpfe Klischees

Das vierköpfige Ensemble spielt munter auf, Tobias Loth als visionärer Träumer, Romy Klötzel, die von der freundlichen Französischlehrerin zur rachsüchtigen Furie wird, Tobias D. Weber, der sich als selbstverliebter Architekt bald ganz anders offenbart, Sabine Unger als schlagfertige Witwe. Und doch hat die Inszenierung, die nach ein wenig Anlauf konsequent auf dem Gaspedal steht, einige Leerlauf-Momente, unnötige Szenen mit Brechstangen-Klamauk und stumpfen Klischees. Braucht es beispielsweise den Vibrator in der Handtasche der Mutter, der dann auch zu vibrieren beginnt? Und doch sind die knapp zwei Stunden inklusive Pause kurzweilig und werden vom Premierenpublikum mit viel Applaus bedacht.

Die nächste Vorstellung ist am Mittwoch, 27. November, im Komödienhaus. Weitere Vorstellungen unter www.theater-heilbronn.de.

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