Rainer Moritz erkundet Kulturgeschichte des Winterschlagers
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Songs, die sich um Strand, Sand und Rotwein drehen, gibt es haufenweise. Rainer Moritz, Experte für leichte Musik, hat sich auf die Suche nach Winterschlagern begeben - und ist fündig geworden. Ab Freitag, 12. Dezember, kommt er mit seiner Playlist aufs Theaterschiff Heilbronn.
„Die Königin aus Großaspach darf natürlich nicht fehlen“: Auch Andrea Berg ist im Programm von Schlager-Experte Rainer Moritz vertreten.
Foto: Henning Kaiser
Dass Musiker Weihnachtslieder veröffentlichen, hat Tradition – auch im Schlager. Bevor beispielsweise Helene Fischer nächstes Jahr auf große Stadiontour geht, stimmt sie ihre Fans mit dem Album „Die schönsten Kinderlieder – Winter- und Weihnachtszeit“ auf den Advent ein. 25 Songs hat der Star dafür aufgenommen. „Schrecklicherweise auch eines mit Rolf Zuckowski zusammen“ – Rainer Moritz hat bereits reingehört.
Moritz, ehemaliger Leiter des Hamburger Literaturhauses, ist passionierter Schlagerforscher, hat sich mit dem Thema mehrfach schreibend auseinandergesetzt und immer wieder Bühnenprogramme dazu veranstaltet. Von einem Kollegen angesprochen, ob er nicht einen Auftritt mit Weihnachtsnummern zusammenstellen könnte, winkte er zunächst ab. „Nur mit Weihnachtsschlagern kommen wir nicht über den Abend, wir wollen ja nicht die ganze Zeit hören, wie Helene Fischer ‚O du fröhliche‘ singt“, wollte der Kritiker, Autor und Übersetzer daher das Repertoire um Lieder erweitern, die allgemein mit der Winterzeit zu tun haben.
Kein Freund von Heino: Autor, Kritiker, Übersetzer und Schlager-Experte Rainer Moritz.
Foto: Ralf Seidel
Ob Rainer Moritz selbst singen wird? „Das möchte ich nicht zumuten“
Was noch immer keine leichte Aufgabe war. „Weil es viel mehr Sommerschlager mit Strand, Sand und Rotwein gibt“, wie der 67-Jährige festgestellt hat. Aber der Experte für leichte Musik hat in den Archiven gewühlt und ist fündig geworden. „Zwei Spuren im Schnee“ heißt sein Solo, nach dem gleichnamigen Hit des Schweizers Vico Torriani. Ab Freitag nächster Woche ist der gebürtige Heilbronner damit viermal auf dem Theaterschiff zu erleben. Zwei Stunden wird er Musikstücke anspielen, kommentieren und glossieren. Und selbst auch singen? „Das möchte ich nicht zumuten“, lacht Rainer Moritz, „nur wenn ich den Saal räumen lassen will.“
„Ohne Schnee und Eis geht es nicht, auch die Hütte darf nicht fehlen“, zählt Moritz unverzichtbare Zutaten für einen Winter- oder Weihnachtsschlager auf, „viele sind natürlich in der Schweiz und in Österreich lokalisiert.“ Dabei mangelt es nicht an Skurrilitäten. In die Kategorie „Singende Sportler“ fällt der österreichische Skiläufer Toni Sailer mit seinem „Tiroler Hula Hup“ aus den Fünfzigern. „Das ist eines der schönsten Lieder, die wir in Heilbronn hören werden“, verspricht der Musikliebhaber.
„Hei, hei, hei, so eine Schneeballschlacht“ singt Kinderstar Conny Froboess in den Sechzigern, ehe es mit der Filmkarriere losgeht.
Foto: imago/Future Image
Foto: imago stock&people
Warum sich der Schlager mit dem Winter schwertut
Außerdem auf seiner Playlist sind Conny Froboess, die als Mädchen „Hei, hei, hei, so eine Schneeballschlacht“ singt, die israelische Sängerin Elisa Gabbai und „Winter in Kanada“. Sowie der Hit der norwegischen Sängerin Kirsti Sparboe, „Ein Student aus Uppsala“. „Es gibt Shanghai-, Bombay-, Capri-Schlager, aber Orte wie Uppsala kommen selten vor.“
„Im Winter ist die Stimmung nicht unbedingt am besten, deswegen tut sich der Schlager da etwas schwerer“, spricht Rainer Moritz von Melancholie und Trübsinn in der kalten Jahreszeit. Die es übrigens auch in Matthias Reims „Letzte Weihnacht“ gibt, der relativ getreuen deutschen Version des Wham!-Hits „Last Christmas“. Wehmütig stimmen kann in Zeiten des Klimawandels auch, wenn Heintje in den Siebzigern noch wusste: „Im Winter sogar sind uns die Eisblumen treu.“ „Man wird darüber sinnieren können, was es nicht mehr gibt“, fällt Moritz etwa das Eislaufen ein.
Matthias Reim hat mit „Letzte Weihnacht“ 2011 eine deutsche Fassung des Wham!-Hits „Last Christmas“ vorgelegt, die dem Original recht nahe kommt.
Foto: Michael Matthey
Ein DDR-Klassiker macht den Abend komplett
Für ihn nicht vollständig gewesen wäre der Abend ohne „Weihnachten in Familie“, die Titelnummer der meistverkauften Platte des DDR-Labels Amiga, 1985 eingesungen von Schlagersänger Frank Schöbel, dessen damaliger Freundin Aurora Lacasa und den beiden gemeinsamen Kindern Dominique und Odette. „Das kennt jeder, der in den Achtzigern in der DDR aufgewachsen ist.“ „Die Königin aus Großaspach darf natürlich ebenfalls nicht fehlen“, ist der Schlager-Spezialist glücklich, auch ein Lied von Andrea Berg gefunden zu haben, in dem der Schnee vorkommt.
„Dieses Angebiedere an die Volksmusik, er turnt ja immer noch rum und tritt irgendwo auf“, ist Moritz kein Freund von Heino, wenngleich er auch von ihm einen Titel parat hätte. „Ich muss an den Abenden in Heilbronn sehr stark sein, um Heino abspielen zu können, diese Entscheidung lasse ich mir offen.“
Termine auf dem Theaterschiff Heilbronn
Rainer Moritz, 1958 in Heilbronn geboren, Literaturkritiker, Übersetzer, Autor, studierte in Tübingen und promovierte über Hermann Lenz. Von 1989 bis 2005 arbeitete er in mehreren Verlagen, danach leitete er bis zu diesem Frühjahr das Literaturhaus Hamburg. Mit „Zwei Spuren im Schnee“ kommt Moritz viermal aufs Theaterschiff: freitags und samstags, 12. und 13. , 19. und 20. Dezember, jeweils 20 Uhr.
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