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Ping-Pong-Diplomatie und die Wunder der Kommunikation im Museum Altes Rathaus Leingarten

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Das Künstlertrio BMP lädt zum großen Hin und Her ins Museum Altes Rathaus und stellt Modelle für Kunst am Bau vor. Warum man die Ausstellung „Let’s Communicate“ wörtlich nehmen sollte.

Mit Witz und Geist: Das Künstlertrio BMP stellt Pläne vor für Installationen im Außenbereich des Museums Altes Rathaus in Leingarten. Und schlüpft dafür in einen Kommunikationsschlauch: Karl May (links), Uli Peter und Detlef Bräuer.
Mit Witz und Geist: Das Künstlertrio BMP stellt Pläne vor für Installationen im Außenbereich des Museums Altes Rathaus in Leingarten. Und schlüpft dafür in einen Kommunikationsschlauch: Karl May (links), Uli Peter und Detlef Bräuer.  Foto: Ralf Seidel

Dass das Konzeptkünstler-Trio BMP die Titel seiner Projekte wörtlich nimmt, ist Teil der Strategie. Mit Objekten, Bildern, Installationen, auch multimedialen, und Videos loten Detlef Bräuer, Karl May und Uli Peter seit der Gründung von BMP 1991 Wahrnehmungsmöglichkeiten im Raum aus. Untersuchen und spielen mit Raumsituationen im öffentlichen Bereich, auf Straßen und Plätzen, aber auch in geschlossenen Räumen. Wie dem Museum Altes Rathaus in Leingarten.

Installation von BMP im Museumskomplex Altes Rathaus in Leingarten.
Installation von BMP im Museumskomplex Altes Rathaus in Leingarten.  Foto: Ralf Seidel

Kommunikation in Zeiten der Sprachlosigkeit sozialer Medien

Wie stets bei BMP, ihr Atelier unterhalten sie in der Zigarre in Heilbronn, werden Besucher zu Mitspielenden. „Let’s Communicate! Vom großen Hin und Her“ nennen sie die Ausstellung, ein gutes halbes Jahr haben sie die großangelegte Schau vorbereitet. Wer den Parcours durch die Geschosse des Museums durchlaufen will, sollte sich Zeit nehmen. Vom Keller bis unters Dach verwandelt das Trio mit Zeichnungen, übermalten Monotypien, raumgreifenden Plastiken, Ready Mades und mehr Räume und Treppenhäuser in ein so hintersinniges wie sinnliches, ästhetisch überzeugendes Gesamtkunstwerk. Wenngleich das Disparate der Exponate auch Stärke ist – gemäß dem Diktum, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Doch auch ohne metaphysischen Überbau macht „Let’s Communicate“ großen Spaß. Weil es den Begriff Kommunikation breit fasst in Zeiten der Sprachlosigkeit sozialer Medien.

Kommunikation als Hin und Her funktioniert auf allen Ebenen. Zwischen Betrachter und Objekt, zwischen den Objekten, zwischen den Besuchern, zwischen Altbau und Neubau. 100 Jahre etwa trennen die zwei Bauten des Museumskomplexes. Nun war vergangenen Sonntag die von den Künstlern als Intermezzo deklarierte Midissage in der Tat das Zwischenspiel, eine Anregung von Besuchern aufzugreifen. Und deren Wunsch, das Museum möge eines der Modelle für Kunst am Bau realisieren lassen und ankaufen.

Die spielerische Erweiterung des Raums

Zwei Beispiele von Kunst im öffentlichen Raum wurden vorgestellt. Da ist das Objekt Kommunikationsschleife(n) in einer Art Doppelloop. Verbindungsschlaufen als Rohrsystem aus Stahl oder Kunststoff und Plexi, entweder lackiert oder durch ein LED-Lauflicht gesteuert: ein externes Verbindungsglied zwischen altem Rathaus und Museumsanbau. Und da ist die Variation einer Dachgaube des Altbaus. Die Idee: Die Oberflächen einer Gaube werden in zwei spitzwinklige, gleichförmige Dreiecke und in zwei Rechtecke mit unterschiedlichen Seitenlängen zerlegt – und zu einer Neukonstruktion komponiert in den Maßen der Originalgaube. Allerdings aus Edelstahl und Glasscheiben mit einer spezifischen Schicht, die je nach Lichteinfall und Betrachtungswinkel die Farbprismen wechselt. Auch hier besticht der Dialog zwischen Alt und Neu und schafft eine spielerische Erweiterung des Raums.

„Let’s Communicate“ nennen Karl May (links), UIi Peter und Detlef Bräuer ihre Ausstellung im Museum Altes Rathaus Leingarten.
„Let’s Communicate“ nennen Karl May (links), UIi Peter und Detlef Bräuer ihre Ausstellung im Museum Altes Rathaus Leingarten.  Foto: Ralf Seide

Eine Runde Tischtennis in Erinnerung an die TT-WM 1971

Man wird sehen, ob es zur Realisierung kommt. Derweil bestehen noch wenige Tage Zeit, „Let’s Communicate“ beim Wort zu nehmen: selbst etwa ein Farbschlingenlabyrinth gestalten, in einem Kommunikationsschlauch mit der Anmutung eines Ganzkörperkondoms mit zwei offenen Enden die Beziehung zum Raum und möglichen Mitspielern erkunden. Oder eine Runde Tischtennis spielen in Erinnerung an die TT-WM 1971 und an das, was als Ping-Pong-Diplomatie bekannt wurde und für die gegenwärtige Beziehung zwischen China und den USA nicht uninteressant sein dürfte. Schließlich ein Winkeralphabet als Kommunikationsform für Krisenzeiten entdecken. Und Filmschnipsel ansehen aus dem Videofundus von BMP, die in der Dauerausstellung des Heimatmuseums einen wundersamen Dialog provozieren.

Öffnungszeiten

Donnerstag und letztmals kommenden Sonntag im Museum Altes Rathaus Leingarten, Eppingerstraße 150, sowie nach Vereinbarung Telefon 07131 900 173.

Künstlertrio: Seit seiner Gründung 1991 in Heilbronn arbeitet BMP gemeinsam im Bereich Installation, Objekte, Bilder, Videos, Zeichnung.
Künstlertrio: Seit seiner Gründung 1991 in Heilbronn arbeitet BMP gemeinsam im Bereich Installation, Objekte, Bilder, Videos, Zeichnung.  Foto: Ralf Seidel
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