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Uraufführung in der Boxx
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Petra Wüllenweber hat Jan Weilers „Der Markisenmann“ dramatisiert und inszeniert

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Nach jahrelanger Funkstille: Eine 15-Jährige lernt zum ersten Mal ihren leiblichen Vater kennen. Autorin und Regisseurin Petra Wüllenweber bringt im Theater Heilbronn Jan Weilers Roman „Der Markisenmann“ auf die Bühne.

„Das ist wie beim Krimi, wo man am Ende erfährt, wie die Zusammenhänge sind“: Autorin und Regisseurin Petra Wüllenweber in der Boxx.
„Das ist wie beim Krimi, wo man am Ende erfährt, wie die Zusammenhänge sind“: Autorin und Regisseurin Petra Wüllenweber in der Boxx.  Foto: Seidel, Ralf

„Man ist nicht mehr Kind, aber man ist auch noch nicht flügge“, erinnert sich Petra Wüllenweber, wie das Leben so gewesen ist mit 15 Jahren. An die Tanzschule, das Volleyballspielen, die Jungs. Und wenngleich die Schule eine große Rolle spielte, war es bis zum Abitur und der Frage, was danach kommen soll, noch ein bisschen hin. „Man ist halt noch relativ unschuldig“, sagt die Theatermacherin, deren Teenagerjahre so ganz anders waren als diejenigen von Kim Papen.

Kim wächst in einem reichen, gefühlskalten Haushalt in Köln-Hahnwald auf bei ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und jüngeren Halbbruder. Auch weil sich das Mädchen ungeliebt fühlt, wird es verhaltensauffällig: Kim klaut, muss zum zweiten Mal eine Klasse wiederholen, testet Grenzen aus. Bis sie bei einem Grillabend den Bogen dermaßen überspannt und Schuld auf sich lädt, dass sie die Sommerferien über nach Duisburg zu ihrem leiblichen Vater Ronald muss.

Wie sich die Sicht auf den eigenen Vater ändert

Als 32-Jährige wird sich Kim an diese Zeit zurückerinnern in Jan Weilers Roman „Der Markisenmann“, den Petra Wüllenweber im Auftrag des Heilbronner Theaters für die Bühne adaptiert und inszeniert hat. Am Sonntag ist Premiere in der Boxx.

„Da, wo wir vielleicht ein Liebes- oder ein Feindbild haben, das man infrage stellen kann, ist gar kein Bild“, verweist Wüllenweber auf die Leerstelle im Leben von Kim, die ihren richtigen Vater erst jetzt wirklich kennenlernt, weil sich die beiden 13 Jahre lang nicht gesehen haben. Dass Ronald kein reicher Geschäftsmann ist, wie sie dachte, sondern in einer Lagerhalle lebt und das Ruhrgebiet abklappert, um alte Markisen aus DDR-Restbeständen zu verkaufen, damit muss Kim sich erst anfreunden.

Gut 300 Buchseiten auf 90 Theaterminuten verdichtet

„Das ist wie beim Krimi, wo man am Ende erfährt, wie die Zusammenhänge sind“, findet die Autorin und Regisseurin spannend, dass Jan Weiler die Geschichte der Tochter mit der Geschichte ihres Vaters verquickt hat. „Wenn in einer Generation nicht aufgeräumt wird und man Geheimnisse hat, dann kann das dazu führen, dass in der darauffolgenden Generation sich schlimme Taten wiederholen.“ Gut 300 Buchseiten hat Wüllenweber auf 90 Theaterminuten verdichtet. Nach „Das Herz eines Boxers“ und „Zweier ohne“ ist „Der Markisenmann“ die dritte Regiearbeit der gebürtigen Saarbrückerin, Jahrgang 1971, für das Haus am Berliner Platz.

Sonia Glade und Frank Watzke spielen die Hauptrollen in diesem Stück. Die vielen anderen Parts verteilen sich auf drei weitere Schauspieler. „Backstage ist unglaublich viel los“, berichtet Petra Wüllenweber von fliegenden Wechseln, was Kostüme und Maske betrifft. Das variable Bühnenbild ist abstrakt gehalten. Wie ist die Atmosphäre abends am Rhein-Herne-Kanal? Wie in einer Autowerkstatt? „Über das Ohr sind wir auch sofort an einem Ort“, arbeitet Wüllenweber zudem mit akustischen Einspielungen.

Der Markisenmann

Premiere: Sonntag, 18 Uhr, Boxx Heilbronn. Regie: Petra Wüllenweber. Mit Sonia Glade, Frank Watzke, Max Lamperti und anderen.

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