Nepomuk Riva: Der König der Raubtiere
Unrast Verlag Münster
276 Seiten, 19,80 Euro
Nepomuk Riva zeigt in seinem Buch "Der König der Raubtiere. Orientalismus, Rassismus und kulturelle Aneignung in Disneys Musicalwelt", wie der Disney-Konzern für den Gewinn kolonialistische und rassistische Motive bedient.

Die schöne, unbeschwerte Welt des Musicals, große Produktionen, riesige Hallen mit angeschlossenen Hotels und Unterhaltungszentren, all das stellt Nepomuk Riva in Frage. Sein Buch "Der König der Raubtiere. Orientalismus, Rassismus und kulturelle Aneignung in Disneys Musicalwelt" nähert sich dieser ganzen Reihe von Problemen aus verschiedenen Richtungen. Riva gelingt es, seine These mit Hilfe von Fans, Darstellern, einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Arbeiten und den Managern von Disney, soweit sie sich geäußert haben zu begründen und zu festigen. Die Befragten zeichnen ein Bild, das darauf hinausläuft, dass die gesamte Musicalwelt eine Reihe von Problemen mit sich herumträgt. Und Riva erklärt, wie und warum sie nicht benannt werden.
Dabei ist die kulturelle Aneignung in den Musicals unabdingbar für deren wirtschaftlichen Erfolg, dabei wird der Orientalismus offen auf der Bühne zur Schau gestellt, dabei sind rassistisch problematische Besetzungsmuster bei jeder Aufführung zu sehen, führt Riva aus. Aber keiner dieser Umstände ist der große, das Disney-Vermarktungskonzept erschütternde Vorfall, zu sehr wird das dargestellte Falsche als das Richtige gesehen.
Für Riva ist nichts mit “Hakuna Matata”, mit "Es gibt keine Probleme" in der Musicalwelt. So wie im "König der Löwen", dem Musical, das ebenso wie das Musikstück "Hakuna Matata" zum Hit wurde, das aber auf der Bühne mit Einflüssen eines ganzen Kontinents aufgeführt wird und so das Narrativ vom einfältigen Afrika wiederholt. Der Kontinent, der dem Disney-Konzern musikalische, darstellerische und am Ende monetäre Ideen lieferte, wird als fernes einheitliches Land dargestellt. "Der König der Löwen" ist eigentlich eine japanische Geschichte, die in Japan spielt. Disney hat sie sich wie so vieles andere einfach einverleibt, schreibt Nepomuk Riva.

Diese Kritik ist nicht ganz neu, immer wieder brandeten Diskussionen in den Vereinigten Staaten auf, wenn es dort zu Rassismus kam. Wie aber ist es hierzulande? Riva lässt in seinem Buch eingefleischte Fans, Zuschauer und Schauspieler zu Wort kommen. Und er bewertet die Aussagen. Wenn sich Zuschauer wohl bewusst sind, dass die Darstellung in "Aladin" nichts mit der Realität zu tun hat, sich dann aber doch dazu angespornt fühlen, in den Orient in Urlaub zu wollen.
Die eingefleischten Super-Fans sehen dagegen die Probleme deutlicher, wenn sie wollen, blenden die Problemstellen aber durch eingeengte Sichtweisen aus. Stattdessen konzentrieren sie sich meist auf das Künstlerische. Wie Riva schreibt, ist auch die vermeintliche Konzentration der Betrachtung auf den immensen technischen Aufwand und die Begeisterung ausschließlich hierfür ein verbreitetes Phänomen, um schwierige Themen einfach auszublenden.
Also alles verloren? Nicht ganz, erfährt der Leser. Auch wenn die Diversitäts-Arbeitsgruppe der deutschen Produktionsfirma Stage Entertainment riesige Aufgaben vor sich hat und oft an Disneys Veto scheitern kann, so sieht Riva hier zumindest einen Ansatz. Und Familienvater Riva liefert zum Ende des Buchs auch noch einen Praxisleitfaden für verantwortungsvollen Umgang mit Produkten aus dem Hause Disney, in dem er beschreibt, wie er Zuhause vorgeht.
Nepomuk Riva: Der König der Raubtiere
Unrast Verlag Münster
276 Seiten, 19,80 Euro
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