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Satirischer Jahresrückblick mit Django Asül
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Man kann auch ohne Drogen schräg drauf sein

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Warum der satirische Blick in den Rückspiegel 2024 mit Django Asül im Komödienhaus Heilbronn recht zahm gerät. 

Fazit 2024? „Mut zur Lücke“: Django Asül mit alkoholfreiem Weizen in Griffweite.
Fazit 2024? „Mut zur Lücke“: Django Asül mit alkoholfreiem Weizen in Griffweite.  Foto: Martina Kreet

Seit Ende November ist Django Asül unterwegs im Süden der Republik, Frankfurt und Mainz sind die nördlichsten Stationen. Ende Januar dann in Passau ist Schluss mit Django und seinem „Rückspiegel 2024“. Der Kabarettist und Comedian aus Niederbayern tourt seit 2011 immer um die Jahreswende mit einem satirischen Rückblick durch die Veranstaltungshallen, eine Tour de Force.

Im Komödienhaus Heilbronn macht sich Asül locker mit lokalen Annäherungsversuchen – Heilbronn und seine Ganzjahresausstellung mit Dönerbuden, eine Art Expo in Dönervariante – und freut sich über das fast volle Haus, trotz Champions League am selben Abend.

Die Tops und Flops eines Jahres

Dass Django Asül, der für den „Kicker“ Kolumnen schreibt, kundiger Sportsfreund ist, wird er noch mehrfach verwursten. Hauptangriffsziel indes ist die mit Aplomb gescheiterte Ampelregierung und ihre Vorgeschichte(n). Wenig originell, das hören wir derzeit in jedem Rückblick. Das D-Day-Paper der FDP und andere Ausflüge ins militärische Vokabular? Geschenkt. Gut zwei Stunden mit Pause wird sich der Mann mit dem kehlig rollenden R in Lederjanker mit Hirschhornknöpfen abarbeiten an den Tops und Flops eines Jahres, wobei die Flops überwiegen.

Scholz-will-wieder-Kanzler-werden und Heizungschaos-Habeck sind bevorzugte Zielscheiben, irgendwann sind Lindner und Söder an der Reihe, dann wieder SPD und Grüne, ein wenig fad, wie positioniert Django Asül in den Rückspiegel schaut. Durchkonjugiert werden zweifelsohne auch Donald Trump und sein Grusel-Kabinett, der DFB, das schlechte Abschneiden der deutschen Olympioniken, das Genöle über die Fußball-EM und mehr, was 2024 durch die Medien ging.

Ein entlarvender Schwenk zur Union, AfD oder BSW? Fehlanzeige. Nun blickt jeder nach seiner Fasson zurück. Wie Django Asül sich durch die vergangenen Monate gräbt, hat ja durchaus amüsante Seiten. Das Publikum ist entzückt.

Am Klatschverhalten die Gesinnung im Publikum erkennen

Wie jedes Jahr wird der Bayerische Rundfunk einen vom Meister gewählten Ausschnitt seiner Show am 31. Dezember übertragen. Aufgezeichnet wird kommende Woche, danach darf nix mehr passieren. Ist sowieso genügend geschehen, sagt Asül und meint, am Klatschverhalten die Gesinnung im Publikum zu erkennen: Wenn nur einer klatscht, freier Wähler. Drei, die klatschen: CDU. Klatscht keiner: SPD. Und so kommt der Dampfplauderer mit dem Weißbier in Griffnähe, alkoholfrei, vom Stöckchen aufs Hölzchen und von der Ampel, die den Stillstand der Union perfektioniert hat, zu Ideen für ein künftiges Regierungskabinett mit dem Bergdoktor als Gesundheitsminister. Wenn es allerdings um die reine Gaudi geht, sind Dobrindt und Scheuer nicht zu schlagen, witzelt Django Asül, seit 2004 ist er auf Initiative des damaligen Staatsministers Erwin Huber „Botschafter von Niederbayern“.

Django Asül, 1972 in Deggendorf als Ugur Bagislayici geboren, spricht auf der Bühne überwiegend niederbayrisch. Der Sohn türkischer Einwanderer machte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Bankkaufmann und Tennislehrer. Seit 1997 geht er mit Bühnenprogrammen auf Tournee und tritt in TV-Sendungen auf. 2007 hielt Asül als Nachfolger von Bruno Jonas die Fastenpredigt auf dem Münchner Nockherberg. 

Das ikonische Bild des Jahres? Trump mit blutüberströmtem Ohr und geballter Faust, ob sich da nicht Scholz eine Scheibe abschneiden kann, der so gar kein Gespür für Entertainment hat? Deutscher Beamtenstarrsinn, Penisring, Geldmacherei mit zeitgenössischer Kunst, die streikende Bahn und die Bauernproteste, Aiwanger im brandenburgischen Ausland und weitere Kuriositäten tauchen auf im Rückspiegel von Django Asül neben populistischen Kurzschlüssen wie, dass die Schwarzarbeit zurückgeht, wenn nur das Bürgergeld hoch ist.

"Die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen"

Bonmots vom „Ethnologen“ Franz Beckenbauer wie „Die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen“ werden zitiert. Die Materialsorgen der Bundeswehr durchgehechelt mit Querverweis auf das Waffenarsenal von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette.

„Googeln Sie mal die Pressemitteilung zum Sponsorendeal von Rheinmetall und Borussia Dortmund“, empfiehlt Django Asül und imaginiert das Gebaren einer Spielerfrau im neuen SUV des Rüstungskonzerns und Automobilzulieferers.

Der reichste Landkreis, wenn man Dieter Schwarz nicht herausrechnet

Dass die Legalisierung von Cannabis das Verhältnis zwischen Bayern und Deutschland zerrüttet hat, weiß Asül und dass man auch ohne Drogen schräg drauf sein kann. Wie Luftbuchungen in der  Politik heißen? Globale Minderausgaben. Messerverbotszonen mit Stichproben kontrollieren, ist dann der Gag, den kaum ein Kabarettist auslässt seit Nancy Faesers kurioser Idee. Deutschland steht am Abgrund, schenkt man den Medien Glauben, die alles madig machen. Oder Django Asül, der kokettiert, er könne nicht garantieren, ob er alles verstanden habe, was er so von sich gegeben hat. Sein Fazit 2024? „Mut zur Lücke.“ Dazu das finale Lokalkolorit über den reichsten Landkreis, wenn man Dieter Schwarz nicht herausrechnet. Und die volksnahe Einladung Django Asüls zu Selfies im Foyer nach dem Schlussapplaus.

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