Lebenslust oder die Show zum Buch: Constanze Lindner in der Kapelle im Schloss
Wer andere klein macht, verzwergt sich selbst und warum Constanze Lindner Friede geschlossen hat mit ihrem Körper: Ein Abend unter Hochspannung in der Kapelle im Schloss in Brackenheim

Welche Frau vermag zu sagen, sie habe Friede mit ihrem Körper geschlossen? „Wir dürfen nicht so streng mit uns sein“ lautet die Botschaft Constanze Lindners. In der Kapelle im Schloss knutscht sie zum Beginn ihrer One-Woman-Show nicht nur die erste Reihe ab. Beherzt stürzt diese aufgedrehte Rampensau durch die Reihen nach hinten, stapft dann zurück auf die Bühne. Bussi fürs Publikum, das braucht Constanze Lindner, hat die Schauspielerin, Moderatorin, Autorin und Komödiantin einmal erzählt, um ihr Lampenfieber zu bekämpfen.
Fleischgewordener Flumi
Mit ihrem dritten Soloprogramm „Lindners Lebenslust – die Show zum Buch“ rockt die Frau, die man sich schwer schweigend vorstellen kann, die Kleinkunstbühne in Brackenheim. Ein fleischgewordener Flumi, ein Antidepressivum, wie sie sich selbstironisch nennt. Nein, Scheu kennt die gebürtige Münchnerin, die nach der Vorstellung in reines Bühnendeutsch switcht, keine. Nicht vorm Publikum, nicht vor den eigenen Unzulänglichkeiten, vor keinem Kalauer schreckt Lindner zurück. Direkt und unverblümt, laut und saukomisch.
Zwischen Miss Piggy und Weltenerklärerin gelingt der 52-Jährigen ein eigener Stil, mal scharfsinnig, mal herzlich blödelnd schürft sie nach den niederschmetternden Seiten im Alltag einer Frau und in der unendlichen Geschichte der Paarbeziehung. Vorzugsweise das Minenfeld Mann-Frau, aber auch unter Freundinnen kann es gefährlich werden. Wohl der, die sich selbst ihre beste Freundin ist.
Dieses Kokettieren mit dem weiblichen Körper
Constanze Lindner ist ein Phänomen, eine Sympathieträgerin, der man auch schale Scherze nachsieht, wie „ich war die Einzige, die mit 13 schon Cellulitis hatte“. Schenkelklopfend mimt sie die Tragödie, als sich der Teenager Constanze in Skinny Jeans zwängte, wie sie Kate Moss trug. Dieses Kokettieren mit dem eigenen, weiblichen Körper würde kaum einem männlicher Comedian einfallen. Geschenkt, das Publikum liebt Lindners Abrechnung mit dem Fitness- und Wellnesswahn. Wobei das bayerische Energiebündel mehr drauf hat. Das situative Spiel mit den Zuschauern, in jeder Vorstellung dürfte ein Gscheidhaferl im Publikum sitzen, diesmal ist es ein besonderes Käpsele.
Die Suche nach Mister Right
Nun räumt Constanze Lindner nicht nur lustvoll mit den drei Ds auf – dick, dünn, Diät –, lästert über zu Barbie und Ken geklonte Trainer und weiß, dass die Chippendales kein Möbel sind. Lindner stellt klar, dass Frauen mit Geld umgehen können, auch wenn Männer investieren und Frauen konsumieren. Vom Mo und dem Om erzählt sie und warum man Entspannung nicht überstürzen sollte. Ein Frau gewordener Duracell-Hase, den nichts erschüttert, auch nicht die frustrierende Suche nach Mister Right und der Besuch bei Ikea mit dem eigenen Mann.
Nach gut zwei Stunden mit Pause wird Constanze Lindner grundsätzlich – man nimmt sie ihr gern ab, die Schlussworte aus ihrem Buch „Miss Verständnis“: Wer andere Menschen kleiner macht, abwertet, verzwergt sich selbst. Riesenapplaus.

 Stimme.de
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