Warum Miroslav Nemec gerne nach Beilstein kommt
Schauspieler Miroslav Nemec hat eine enge Verbindung zu Beilstein - seine Schwiegereltern leben dort. Bald tritt er dort auch auf. Im Interview erzählt er, warum Jugo für ihn kein Schimpfwort ist und er sich leidenschaftlich gern an das Kino "Partizan" in Zagreb erinnert.

Die meisten kennen ihn als Hauptkommissar Ivo Batic aus dem Münchner "Tatort". Dabei tritt der Schauspieler Miroslav Nemec seit Jahren mit seiner eigenen Band auf als Gitarrist, Sänger und Klavierspieler und ist als Autor quer durch die Republik unterwegs.
Herr Nemec, was verbindet Sie mit Beilstein?
Miroslav Nemec: Nemec bitte mit tz aussprechen. Weil das c kein Häkchen hat. Das fällt vielen schwer, da sich der Batic tatsächlich Batitsch spricht, weil ein Akzent, ein Victoryzeichen, auf dem c sitzt. Nun zu Beilstein. Dort leben die Eltern meiner Frau, sie ist in Beilstein zur Schule gegangen. Wir sind da immer wieder, das letzte Mal kam die Familie an Weihnachten zusammen.
Werden Sie auf der Straße erkannt?
Nemec: Ja schon, sogar als Nemec. Manche fragen, "werden wir verhaftet?" und sprechen mich als Herr Batic an oder Herr Kommissar.
Im Dezember lief in der ARD die 80. Folge des Münchner "Tatort". Wird das nicht allmählich fad für Sie?
Nemec: Nein. Die Drehbücher sind immer neu, die Regisseure wechseln. Nur der Maskenbildner bleibt. Es ist wie beim Theater jedes Mal ein anderes Stück. Natürlich kann man es als langweilig empfinden, einen Kommissar zu spielen. Aber wir spielen oft eine Geschichte, die über den Kriminalfall hinausgeht und die einen emotional berührt.
Hauptkommissar Batic kommt als Gemütsmensch rüber...
Nemec: ...genau wie ich. Nur ist er etwas mürrischer. Dafür so wahrheitsliebend und eruptiv wie ich.
Drei bis vier Monate im Jahr sind Sie mit dem Abdrehen Ihrer "Tatort"-Folgen beschäftigt. Und sonst?
Nemec: Gerade hatte ich zwei Lesungen in Frankfurt mit meinem jüngsten Krimi "Kroatisches Roulette". Davor habe ich mit meiner Band ein Konzert bei Hannover gegeben und eins in der Nähe der holländischen Grenze. Das waren so clubartige Auftritte mit großartiger Stimmung. Meine Musiker, übrigens Franken aus Hof, und ich, wir covern von Rio Reiser, Pink Floyd, den Stones und den Beatles bis zu Kroatischem alles, was Spaß macht.
Sie haben am Mozarteum in Salzburg klassisches Klavier studiert. Mit Abschluss. Und danach an der Schauspielakademie in Zürich.
Nemec: Das Musikstudium - üben, üben, üben, fünf bis sechs Stunden am Tag - habe ich meinen Adoptiveltern zuliebe abgeschlossen. Danach zog es meine damalige Freundin zum Schauspiel, und ich dachte, dann komme ich mit. Ein Jugendstreich, aus dem Ernst wurde, als wir an der Schauspielschule prompt angenommen wurden.
Viele Jahre haben Sie an großen Theatern gespielt. Warum haben Sie die Bühne für das Fernsehen verlassen? Weil man da mehr verdient?
Nemec: Dass ich mehr verdient habe, war eine Auswirkung, nicht der Grund. Nach zehn Jahren Theater hat es mich zum Film respektive Fernsehen gezogen. Am Film reizen mich die Großaufnahmen und der höhere Pulsschlag, aber auch die leisen Töne und die reduzierte Spielweise. Ich bin von Jugend an Kinofan. Im Kino "Partizan" in Zagreb bin ich den Helden meiner Jugend begegnet: Marlon Brando, Paul Newman, Al Pacino, Robert de Niro, aber auch den Marx Brothers und Louis de Funès.
In Beilstein lesen Sie aus Ihren biografischen Erzählungen "Miroslav Jugoslav", die 2011 erschienen sind.
Nemec: In der Schule wurde ich Miroslav Jugoslav genannt. "Sag mal, wo du herkommst, gibt es da Strom?", wurde ich gefragt. Wir verheizen Parkett, um Licht zu erzeugen, war meine Standardantwort. Diese Geschichten und Anekdoten erklären viel, dazu erweitere ich das Programm musikalisch, singe und rezitiere, begleite mich am Klavier.
Haben Sie sich ausgegrenzt gefühlt?
Nemec: Nein. Ich war der einzige Ausländer in der Klasse. Es ist doch so: Einer trägt eine Brille, ein anderer ist dick oder dünn. Ich war der Jugo, mein Alleinstellungsmerkmal. Jugo heißt Süden. Und ich komme nun mal aus Südslawien, mich stört das nicht. Ignoranz ist allgegenwärtig, ich bin da anderes gewohnt.
Wie erleben Sie den erstarkten Nationalismus in Europa, insbesondere in Ihrer alten Heimat auf dem Balkan?
Nemec: Ich bin erstaunt und erschrocken über die Entwicklung in Ungarn, der Slowakei, in Tschechien und Bulgarien. Und nicht nur dort. Vielleicht ist es ein Reflex, wenn man Unterdrückung so lange erduldet hat, plötzlich in Freiheit lebt und eine Bedrohung von außen spürt. Oder meint zu spüren. Umso mehr müssen wir dieses, unser Europa zusammenhalten.
Auftritt in Beilstein
"Miroslav Jugoslav - der Nemec hinter dem Batic" - ein literarisch-musikalischer Abend, Samstag, 16. Februar, 20 Uhr, Stadthalle Beilstein.
Restkarten für 16 Euro (ermäßigt 9 Euro) gibt es in den Geschäftsstellen unserer Zeitung, beim Kulturverein Oberes Bottwartal sowie an der Abendkasse.
Zur Person
Als Miroslav Strkanec 1954 in Zagreb geboren, ist der Schauspieler, Musiker und Autor Miroslav Nemec seit 1991 vor allem als Hauptkommissar und Teil des Ermittlerduos Batic und Leitmayr aus dem Müncher "Tatort" bekannt.
Aufgewachsen zwischen Zagreb, Adria, Ober- und Niederbayern, beschließt Nemec als Zwölfjähriger, bei seinen Adoptiveltern in Freilassing zu bleiben. Auf das Musikstudium am Mozarteum in Salzburg (Schwerpunkt klassisches Klavier) folgt die Schauspielakademie in Zürich. Zehn Jahre spielt er Theater in Köln, Essen, Frankfurt und München und wendet sich Ende der 80er Jahre dem Fernsehen zu. Nemec, der in zweiter Ehe mit der Dokumentarfilmerin Katrin Jäger verheiratet ist, lebt mit Familie in München.