Theatermann mit Ecken und Kanten
Heilbronn/Ravensburg - Ex-Intendant Klaus Wagner im Alter von 81 Jahren gestorben
Heilbronn/Ravensburg - Klaus Wagner, von 1980 bis 2003 Intendant am Stadttheater Heilbronn, ist tot. Der 81-jährige Grimmepreisträger starb am Donnerstagabend in einer Klinik in Ravensburg, nachdem er am vergangenen Wochenende einen Schlaganfall in Weingarten erlitten hatte. Bei den dortigen Klosterfestspielen, die am 27. Juli beginnen, inszenierte Wagner das Hauptstück "Was ihr wollt" von Shakespeare.
Bevor er 1980 seinen Posten am damals noch im Gewerkschaftshaus untergebrachten Heilbronner Theater antrat, hatte er versprochen, kein bequemer, aber auch kein langweiliger Intendant zu sein. Motto: "Vielfalt und Überraschungen". Klaus Wagner hat Wort gehalten − kämpferisch, streitbar und unverzagt. In seiner Amtszeit entwickelte sich die Bühne am Berliner Platz zu einer der erfolgreichsten kommunalen Bühnen des Landes, deren künstlerische Arbeit über die Region hinaus strahlte.
Den Spagat zwischen Amüsierbedürfnis und Auseinandersetzung erhob er zum Programm, das er bis zum Abschied im Juli 2003 konsequent durchzog. Scherz mit dem Entsetzen treiben, Widerborstiges und vermeintlich Unnatürliches zeigen: Auch das gehörte unter Wagner zum Repertoire des Hauses. Pflege des Musicals, Kontakte nach Osteuropa, China und in den Nahen Osten, der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern sowie die Durchsetzung des Komödienhauses sind Wegmarken der Ära Wagner, zu der untrennbar Verwaltungsdirektor Jürgen Frahm gehört.
Wagner, der spielte und inszenierte, galt als ebenso eloquenter wie dickschädeliger Theaterprinzipal der alten Schule, der Autorität als Voraussetzung für Verantwortung ansah. Ein Theatermann mit Ecken und Kanten: kämpferisch, streitbar und aufbrausend.
Die ein Jahr andauernde unerbittliche Auseinandersetung um die Heilbronner Inszenierung des Stückes "Corpus Christi" von Terrence McNally 1999/2000 ist das markanteste Beispiel für Wagners Wagemut bei der Spielplangestaltung und seine nie versiegende Kampfeslust bei der geradlinigen Durchsetzung von Dingen, die ihm richtig und wichtig erschienen. Ein Umfaller war Klaus Wagner nie, schon gar nicht in der Affäre "Corpus Christi", die ihn und sein Haus bundesweit bekannt machte.
Der gebürtige Frankfurter, der in Traunstein aufwuchs und in München Theaterwissenschaft studierte war seit 1983 mit der Schauspielerin, Sängerin und Regisseurin Madeleine Lienhard verheiratet und lebte auf einem 300 Jahre alten Weingut in Eckenroth/Hunsrück. Seit sieben Jahren wirkte Wagner bei den Klosterfestspielen Weingarten als Regisseur, zwei Mal spielte er auch, darunter seine Paraderolle des Nathan in Lessings "Nathan der Weise". Seine Witwe führt nun die letzte Inszenierung in Weingarten zu Ende.