"Tatort"-Kommissarin stellt Autobiografie vor
"Ich war mein größter Feind" heißt die Autobiografie von Schauspielerin Adele Neuhauser. In der ausverkauften Buchhandlung Osiander hat die 59-Jährige das Buch vorgestellt.

Am Anfang steht eine halbe Entschuldigung. Und wie es halbe, vielleicht auch halbherzig gemeinte Entschuldigungen nun einmal so mit sich bringen, hat auch Adele Neuhausers Anliegen etwas leicht Flatterhaftes, nicht wirklich Ernstzunehmendes an sich. Ja, was hat sie denn nur?
Bittet sie doch tatsächlich ihre Fangemeinde in der Buchhandlung Osiander für ihre recht früh, vielleicht auch zur Unzeit verfassten Erinnerungen um Verzeihung. Um dann, durchaus lustvoll und mit Wiener Schmäh, aus eben diesen vorzulesen. Es ist zum Haareraufen.
Seit 2010 beim Tatort dabei
"Einen wahnsinnigen Respekt vor der Literatur", bescheinigt sie sich noch und möchte sich durchaus nicht als Autorin verstanden wissen. Und überhaupt: "Ich bin doch noch so jung." Genug des dann doch recht anstrengenden Fishing for Compliments, genug des Charmierens. 59 Jahre ist sie jetzt, eine gestandene Schauspielerin, die als Medea auf der Bühne stand und als Mephisto in einer Regensburger "Faust"-Inszenierung für Furore sorgte. Seit 2010 ist sie an der Seite von Harald Krassnitzer im Wiener "Tatort" zu sehen: Als taffe Kommissarin mit markant tiefer Stimme und einem latenten Alkoholproblem.
Um ein Problemfeld ganz anderer Natur kreisen die Memoiren Adele Neuhausers, die in ihrer Jugend einige Suizidversuche unternommen hatte. Ein Selbsthilfebuch legt sie mit "Ich war mein größter Feind" dann aber gar nicht vor. Weshalb es zu diesem "Exzess" gekommen ist, so Neuhauser über diese für sie schwierige Zeit in den späten 70er Jahren, wird für das Publikum eine große Leerstelle bleiben.
Leben gewinnt über Umwege an Konturen
Mit Pathos und großen, rhetorisch zu verstehenden Fragen steigt Neuhauser in die kurzen Kapitelchen ihrer Lesung ein. Was es bedeute, zu leben, fragt sie dann ernsthaft. Ob der Begriff des Feindes, den sie verwende, nicht vielleicht zu hoch gegriffen sei. Ob das größte ihrer Probleme nicht darin liegen würde, dass sie immer überfordert worden sei? Fragen über Fragen mit denen sie dann eher spielerisch umgeht, die einem die Persönlichkeit der Schauspielerin auch nicht wirklich näher bringt.
Eine Kindheit in Griechenland und eine Jugend in Wien spricht sie an, ein verfrühtes Schulende, als sie sich kurzerhand selbst von der Schule abmeldet und ans Max-Reinhardt-Seminar anmeldet. Sie fliegt von der Schauspielschule, geht an ein privates Institut, erste Lehr- und Wanderjahre folgen. "Ich hatte das Gefühl, dass ich keine Zeit habe", so Neuhauser. Zarte Hinweise auf ihre Selbstmordversuche, die sie nun thematisiere, weil sie als Schauspielerin sichtbar sei.
Doch dann sind es die Umwege über ihre Familiengeschichte und die Geschichte ihrer Urgroßmutter, durch die Adele Neuhausers Leben an Konturen gewinnt. Ihre Urgroßmutter verliebte sich einst in einen jüdischen Arzt, folgte ihm in ein KZ, wo er schließlich verhungerte. Traumata, das weiß man heute, vererben sich. Von Generation zu Generation.
Buchtipp
Adele Neuhauser: Ich war mein größter Feind. Loslassen und weitergehen. Brandstätter Verlag, München. 224 Seiten, 21,90 Euro