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Schreiben, was nicht lesbar ist: Eva-Maria Schön bei der Neuen Kunst im Hagenbucher in Heilbronn

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Eva-Maria Schön aus Berlin schafft mit der Installation "Hand Schrift" einen geheimnisvollen Wandfries in der Künstlerwohnung in der Kleiststraße in Heilbronn.

"Originalschrift, das klingt heute ungewöhnlich": Eva-Maria Schön schreibt ihre Reflexionen über Handschrift auf Blaupausen.
Foto: Mario Berger
"Originalschrift, das klingt heute ungewöhnlich": Eva-Maria Schön schreibt ihre Reflexionen über Handschrift auf Blaupausen. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

"Ich schreibe nach wie vor gerne mit der Hand." Eine Woche lang hat sich Eva-Maria Schön in Klausur begeben in die karge, so gut wie unmöblierte Künstlerwohnung der Neuen Kunst im Hagenbucher. Seit Jahren lädt Mechthild Bauer-Babel Künstlerinnen und Künstler ein, in der Kleiststraße 17 vor Ort eine Arbeit, eine Installation, ein Konzept zu realisieren.

Eva-Maria Schön also hat sich aufs Schreiben konzentriert. Weniger, weil es sich um eine aussterbende Kulturtechnik handelt. Das Thema hatte sie im Kopf, bevor sie aus Berlin anreiste. Im Gepäck: jede Menge weißes Papier und einen Packen Pauspapier mit ungewöhnlich starkem, blauem Pigment, das es heute nicht mehr im Handel gibt.

Mit Pauspapier, das es heute nicht mehr im Handel gibt

Wie sie an das Material gekommen ist? Sie hat es von Jan Schneider geschenkt bekommen, einem der Geschäftsführer von Brunnen, das heißt der Baier & Schneider GmbH & Co. KG. Dass der Schreibwaren-Hersteller seinen Sitz in Heilbronn hat, ist für sie Zufall. Eva-Maria Schön kennt die Familie lange aus ihrer Zeit in Düsseldorf, wo die 1948 in Dresden geborene Künstlerin aufgewachsen ist.

Den kleinen Jan hat die gelernte Fotografin, die später an der Kunstakademie Düsseldorf studiert hat, als Kind porträtiert. Unerwartet schließt sich ein Kreis, wenn Schön nun mit Hilfe von Brunnen-Pauspapier eine Installation in der Künstlerwohnung schafft.

Reflexionen über die Schrift

Schon einmal, vor 27 Jahren, hat sie bei der Neuen Kunst im Hagenbucher eine Arbeit gezeigt, damals noch im ursprünglichen Hagenbuchergebäude. Jetzt hat Eva-Maria Schön in einem der drei kleinen Räume eine Matratze zum Übernachten auf den Boden gelegt, in einem anderen Raum steht der lange Tisch, an dem sie auf Blaupausen und dem darunter liegenden Papier schreibt: Reflexionen über die Schrift, die ganz simpel aus der Hand kommt, aus der Bewegung, mal schnell, mal langsam und damit stets ein Original ist. "Original - das klingt heute ungewöhnlich."

Dabei verfolgt Schön mit der Installation "Hand Schrift" einen anderen Effekt. An der Wand hängen neben den beschrifteten Blaupausen die spiegelverkehrten und damit unleserlichen Handschriften. Die individuelle Linie, die in jeder Handschrift steckt, ist zum Liniengewirr geronnen mit zeichnerischer Qualität. Die Wörter sind aufgelöst, mit einem kleinen Spiegel kann man die Sätze wieder lesen.

Mit einem Spiegel entziffern

"Was mich reizt, ist, etwas schreiben, das nicht mehr lesbar ist." Das irritiert. "Unsere Neugier treibt uns doch dazu, ein Schriftstück zu entziffern." Mit den auf die Blaupause gezeichneten Gegenständen wie etwa einem Tisch verhält es sich einfacher: Er ist als solcher auch spiegelverkehrt erkennbar. Eva-Maria Schöns unmittelbarer Umgang mit Handschrift ist nicht nur ein ästhetischer Selbstversuch, sondern als Ergebnis ein geheimnisvoller Wandfries.

Eröffnung: Neue Kunst im Hagenbucher, Kleiststraße 17, EG, heute 18 bis 21 Uhr. Bis 28. April, Dienstag, Donnerstag, Freitag 18 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung.

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