Premiere von "Anatevka" bei den Burgfestspielen
Gestern Abend feierte das Musical "Anatevka" Premiere bei den Burgfestspielen in Jagsthausen. Eine Kurzkritik von unserer Kollegin:
In einem Dorf in der Ukraine 1905, kurz vor der Russischen Revolution: Hier in Anatevka lebt eine jüdische Gemeinde, die großen Wert auf die Tradition legt. Und die mit den Listen der Ohnmacht den Machtdemonstrationen der zaristischen Soldaten begegnet.
Milchmann Tevje und seine Frau sind zwar arm, haben aber fünf Töchter, drei davon im heiratsfähigen Alter - und sie haben sich ihren Humor bewahr. Diesen hintergründigen jüdischen Witz und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. So lange zumindest, bis der politische Druck des Zaren die jüdischen Gemeinschaft zwingt, das Dorf zu verlassen.
Das ist der Stoff nach dem jiddischen Roman „Tevje der Milchmann“ von Scholen Alejchem, aus dem 1964 das erfolgreichste Broadway-Musical gestrickt wird. Im Burghof in Jagsthausen feierte „Anatevka“ gestern Abend eine muntere Premiere in der Regie von Michael Bogdanov und mit Peter Bause in der Titelrolle. Dass „Anatevka“ auch ernste Themen wie Pogrom und Flucht anspricht, spielt bei Bogdanov keine große Rolle. Wie im Amerika der 60er Jahre geht es um Unterhaltung: Wer das mag, den doppelbödigen Wortwitz und all die Ohrwürmer von „Wenn ich einmal reich wär“ bis „Ist es Liebe“ wird bestens unterhalten von einem spielwütigen Ensemble an einem heißen Sommerabend.
Musicalstimmen wie am Broadway darf man freilich nicht erwarten, dafür eine prima Musikerschar und flott arrangierte Melodien. Viel Applaus nach knapp zweieinhalb Stunden. Der Mut, einen Stoff zu kürzen, ist allerdings Jagsthausens Sache nicht.