"Götz von Berlichingen" bei den Burgfestspielen Jagsthausen: So kam die Premiere beim Publikum an
In der Schlussszene löst sich die Aufführung von "Götz von Berlichingen" bei den Burgfestspielen Jagsthausen von der Textvorlage. Die mutige Handlungswendung des bekannten Stücks sorgt für Diskussionen.

Nebel wabert durch den Hof der Götzenburg in Jagsthausen. Teile des Reichstags liegen in Trümmern. Bedrohlich-düstere Klänge untermalen das spannend gestaltete Bühnenbild noch bevor die Burgfestspiele mit der Premiere des "Götz von Berlichingen" am Samstagabend offiziell in ihre 74. Spielzeit starten.
Dabei sind die Rahmenbedingungen des Traditionsstücks am Originalschauplatz in diesem Jahr außergewöhnlich: 1774 - und damit genau vor 250 Jahren - wurde das Schauspiel rund um Werte wie Freiheit und Integrität des damals 24-jährigen Johann Wolfgang von Goethe am Berliner Comödienhaus uraufgeführt. Die Regie übernimmt in diesem Jahr - wie schon in der vergangenen Saison - Christoph Biermeier. Mit Peter Kaghanovitch gibt es eine Neubesetzung der Titelfigur. Und der 70-Jährige wirkt, als wäre ihm die Rolle direkt auf den Leib geschneidert.
"Götz von Berlichingen" bei den Burgfestspielen in Jagsthausen: Stück bleibt unter zwei Stunden
Mit knapp zwei Stunden ist der "Götz" in dieser Saison ein kurzweiliges Vergnügen. Einige Kampfszenen - auch im Zeitlupenmodus und untermalt mit krachender Musik - lockern die Dialoge auf. Letztere drehen sich - wie in der Textvorlage - um Verrat, das Einstehen für die eigenen Werte sowie dem Streben nach Macht, ohne Rücksicht auf Verluste - und haben damit auch im Jahr 2024 nichts von ihrer Aktualität verloren.
Das Ensemble überzeugt durch die Bank. Allen voran Bernadette Hug als Oberintrigantin Adelheid von Walldorf und Frank Roder, der den Gehilfen Franz derart überspitzt und drollig darstellt, dass es eine wahre Freude ist. Den Kracher hat sich Regisseur Biermeier aber bis ganz zum Schluss aufgehoben: In der Finalszene löst sich die Aufführung von der Textvorlage - und entlässt die Zuschauer mit einer überraschenden Handlungswendung in die beschauliche Sommernacht.
"Götz von Berlichingen": Wendung am Ende gibt Goethes Schauspiel neue Dimension
Bei bestem Wetter kommt die Premiere unter den Besuchern hervorragend an. "Es ist eine große Leistung, jedes Jahr dieses Stück am Originalschauplatz aufzuführen und dem bekannten Thema dabei immer wieder neue Aspekte zu entlocken und einen erfrischenden Fokus zu setzen", sagt Daniel Werthwein aus Stuttgart, der selbst schon als Laienschauspieler bei den Burgfestspielen mitgewirkt hat.
Beatrix Mallepree ist aus Düsseldorf zur Premiere angereist. "Ich bin absolut begeistert", erklärt sie. "Die Atmosphäre hier ist einmalig - und die Schauspieler sind grandios." Und auch Susanne Heck aus Jagsthausen wird den Abend noch lange in guter Erinnerung behalten: "Die Laien-Darsteller haben richtig Power, der Schauspieler des Götz hat seine Sache klasse gemacht und die Schlusswendung ist mutig, passt aber super zur Handlung und regt zur Diskussion an."