Messerscharfe Pointen und viel Pessimismus
Widdern „Nett war gestern“ ist die Devise des Heppenheimer Kabarettisten Frederic Hormuth.

„Nett war gestern“ ist die Devise des Heppenheimer Kabarettisten Frederic Hormuth. Mit diesem bitterbösen Programm kam er in den Kaisersaal, um die Kleinkunstfans zu begeistern. Gleich zu Beginn identifiziert Hormuth sein Publikum als „Wassertrinker“, das kostenloses Leitungswasser verlangt, „möglichst aus dem Mittelstrahl und nicht zu kalt“. Diese Geiz-ist-geil-Mentalität mache die wahren „Heuschrecken“ aus. Hormuth schont weder sein Publikum noch sich selbst, denn „seit ich von mir auf andere schließe, habe ich immer öfter recht!“
Messerscharfe Pointen, Kalauer und bissige Wortgewalt - nett sein will er tatsächlich nicht. Nur kurz kann sich das Publikum genüsslich zurücklehnen, wenn er Roland Kochs Spiritualität hinterfragt, auf den „Zerstoiber“ zu sprechen kommt, die „East Woman“ in der „alzheimernden“ Koalition bedauert oder im Kindergeld eine „Besserverdieneraufzuchtprämie“ sieht.
Dann aber rät er, den Frauen das Wahlrecht abzuerkennen, um sie, Eva Hermann folgend, von unzumutbarer Doppelbelastung zu befreien. Er will nicht mehr nett sein, wenn ein höfliches Türeaufhalten als billige Anmache missverstanden wird. Die Welt ist ungerecht, so Hormuth, wenn die idealistischen Teelichterketten der 80-er Jahre nur dazu geführt haben, einen schwedischen Hersteller groß zu machen. Und wenn Dieter Bohlen entscheide, was gute Musik sei, dann sei auch der Papst berechtigt vorzugeben, was guter Sex sei. Vom Leben auf dem Lande ist er enttäuscht, wenn Kuhställe zu sonntäglichen Trommelworkshops umfunktioniert werden, Nordic Walker ihm die Fersen „piercen“ und „Baumumarmer“ ihn peinlich berühren.
Sein Pessimismus gipfelt in der Feststellung, dass Leute nur nett zueinander sind, weil sie sonst überhaupt niemand um sich hätten. Man besuche sich nur, um herauszufinden, ob man es überhaupt noch miteinander aushalten kann und damit man mit der Partnerin einer Meinung sein kann, wie schlecht doch der Abend war.
Bei allem „Nettsein lohnt nicht„ lässt er den Abend doch recht versöhnlich ausklingen mit einem rührenden Liebeslied - an sein Honigbrot. Na bitte, ohne Eros geht es halt doch nicht. Viel Applaus.