Letzte Ausstellung im Museum Zander in Schloss Bönnigheim
Letzter Vorhang im Museum Zander: Die Ausstellung "Rewind - Zurück zum Anfang" ist eine Hommage an die Sammlerin Charlotte Zander. Ihre Tochter Susanne Zander kuratiert - und bereitet den Auszug aus dem Schloss im Juni vor.

"Damit fing alles an", sagt Susanne Zander und deutet auf die Bilder von Matija Skurjeni. "Die hat meine Mutter von Anfang an gesammelt, das sind Bilder, die bei uns zu Hause hingen. Mit denen bin ich groß geworden." Für Zander ist der kroatische Maler ein "forgotten hero".
Nicht nur mit Skurjeni ist sie aufgewachsen, auch mit vielen anderen, die sie für diese letzte Ausstellung mit Arbeiten der Sammlung Zander im Bönnigheimer Schloss gesichtet hat und kuratiert. Wehmut? Nein, "das ist der falsche Ausdruck. Es ist eine Aufarbeitung". Noch nie hat sich Susanne Zander so früh auf eine Ausstellung vorbereitet. Mit "Rewind - Zurück zum Anfang", so der Titel der Schau, die am 4. April öffnet, verabschiedet sich das Museum Zander von Bönnigheim - nach knapp 24 Jahren. Im Juni zieht das Museum aus und die mit 4500 Arbeiten große Sammlung Naiver Kunst, Art Brut und Outsider Art in ein Kunst-Depot nahe Köln.
"Ich lasse mich nicht drängeln"
Was damit geschieht? "Ich lasse mich nicht drängeln. Nicht von der Öffentlichkeit, nicht von Fragen", sagt Susanne Zander. Die Geschäftsführerin der Sammlung, einer gemeinnützigen gGmbH, hat sich den Weggang aus Bönnigheim wohl überlegt - wir berichteten. Im Moment ist es der Tochter der Sammlerin Charlotte Zander wichtig, den Bestand wissenschaftlich aufzuarbeiten, die Sammlung "zu kontextualisieren in der zeitgenössischen Kunst". Die Kooperation mit einer Universität ist geplant, aber noch nicht spruchreif.
Mit der Ausstellung "Rewind" möchte Susanne Zander, Kölner Galeristin und Mitinhaberin von Delmes & Zander, wie auf einem Kassettenrekorder die Taste drücken. Und zurück zu den Inhalten. "Ich will meine Mutter als Sammlerin darstellen. In ihrer Offenheit und Unangepasstheit."
Das Interesse am Unperfekten in der Kunst
Im März 2014 starb Charlotte Zander, dass sie sich nie anpassen wollte, hat die Tochter stets geschätzt an der passionierten Sammlerin. Breit aufgestellt mit ihrer Privatsammlung, interessierte sich Charlotte Zander für das Unperfekte, das Authentische an der Kunst jenseits von Mainstream und akademischer Malerei. "Es ist aufschlussreich zu verfolgen, wohin die Sammlung sich entwickelt hat. Es hätte ebenso in Richtung Surrealismus gehen können oder Neue Sachlichkeit." "Rewind" versteht sich als Hommage an die Persönlichkeit Charlotte Zander, die für ihre mäzenatische Förderung der Bildenden Kunst auch mit dem Art-Cologne-Preis ausgezeichnet wurde.
Sammlung Zander: Seit September 1996 im Bönnigheimer Schloss untergebracht, umfasst die weltweit größte Privatkollektion der Naive, Art Brut und Outsider Kunst rund 4500 Werke, die die Galeristin und Sammlerin Charlotte Zander (1930-2014) zusammengetragen hat. 2015 wurde die Sammlung in eine gemeinnützige gGmbH eingebracht, deren Geschäftsführerin die Kölner Galeristin Susanne Zander ist, Direktorin der Sammlung ist Cynthia Thumm. Der Mietvertrag mit der Stadt Bönnigheim zum symbolischen Mietpreis von einem Euro lief bis 31. Dezember 2019. Zu den Kosten für den laufenden Museumsbetrieb äußert sich Susanne Zander nicht. Wie andere Häuser auch, ist man auf projektbezogene Gelder angewiesen. Die letzte Ausstellung im Schloss „Rewind“ läuft vom 4. April bis zum 31. Mai, danach ist Umzug.
"Die Sammlung ist international bekannter als in Deutschland." Ende Februar ist Susanne Zander in New York bei der Kunstmesse "Independent" und nimmt sich Zeit, im Museum of Modern Art vorbeizusehen. "Das MoMA ist wegweisend beim Thema Outsider Art. Da hängen Künstler wie Morris Hirshfield, André Bauchant. John Kane, Séraphine Louis und Bill Traylor, die wir seit langem in der Sammlung haben." Mal sehen, was sich entwickelt, wie gesagt, sie lässt sich nicht drängen. "Ich habe Berater aus dem musealen Bereich." Dass als Käufer einzelner Blöcke nur Museen und nicht Privatpersonen infrage kommen, liegt in der Natur der Gemeinnützigkeit der Sammlung.
Kooperationen mit Museen weltweit
Kooperationen mit dem Folkwang Museum Essen, der National Gallery Washington DC und dem Los Angeles County Museum werden fortgeführt, geplant ist eine Zusammenarbeit mit dem Peggy Guggenheim Museum Venedig. "Ich denke nicht in Grenzen", sagt die 57-Jährige. Den Mietvertrag mit Bönnigheim nicht zu verlängern, hat sie sich gründlich überlegt. Erklärter Wille der Mutter war es, die Sammlung als Ganzes zu erhalten.
Und jetzt der Tabubruch? Susanne Zander hat sich entschieden, "einen Schritt nach vorne zu gehen in die Zukunft, und die liegt nicht in Bönnigheim". "Ich denke global und möchte die Sammlung Wissenschaft wie Öffentlichkeit zur Verfügung stellen." Das ist in der Abgeschiedenheit der Ganerbenstadt schwer möglich, von den konservatorischen Bedingungen für die Bilder und Skulpturen ganz abgesehen. Wirklich großes Denken von Seiten der Stadt wäre nötig. Ein "Think big", ohne das Susanne Zander keine Zukunft sieht für die Kollektion, die, wäre sie nach dem Tod der Sammlerin nicht in die Gemeinnützigkeit überführt worden, "unter den Hammer gekommen wäre".
"Wir verlassen das Schloss tip top"
2016 ließ die Sammlung Zander gGmbH die Innenräume im denkmalgeschützten Schloss renovieren. "Mit Spendengeldern. Man kann sich vorstellen, das hat gekostet", sagt Susanne Zander. "Wir verlassen das Schloss tip top." Zuvor gibt es noch einmal die Gelegenheit, sich auf die Bilderwelten von Emerik Fejes, Franjo Klopotan, Nikifor, Max Raffler, Alfred Wallis, Gérard Valcin und vieler anderer einzulassen.