Käthchen, die Tochter von Prinz Charles?
Heilbronn - "Demütig, geradezu unterwürfig, anspruchslos, nicht gebildet, hübsch, lieb, nett, mit Vermögen versehen, so wünschte sich die gutbürgerliche Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eine Ehefrau, und so wurden die Töchter erzogen: Wohlbehütet zu Hause, besuchten sie vielleicht das Lyzeum oder ein Mädchenpensionat, lernten ein bisschen Französisch und Klavierspielen, kochen und Haushaltsführung und bekamen statt einer Ausbildung eine Aussteuer", so beschreibt die Referentin Lore Maria Peschel-Gutzeit im Schießhaus das Frauenbild, dessen Prototyp das 15-jährige Käthchen verkörpert.

Heilbronn - "Demütig, geradezu unterwürfig, anspruchslos, nicht gebildet, hübsch, lieb, nett, mit Vermögen versehen, so wünschte sich die gutbürgerliche Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eine Ehefrau, und so wurden die Töchter erzogen: Wohlbehütet zu Hause, besuchten sie vielleicht das Lyzeum oder ein Mädchenpensionat, lernten ein bisschen Französisch und Klavierspielen, kochen und Haushaltsführung und bekamen statt einer Ausbildung eine Aussteuer", so beschreibt die Referentin Lore Maria Peschel-Gutzeit im Schießhaus das Frauenbild, dessen Prototyp das 15-jährige Käthchen verkörpert.
Frauenrechte
200 Jahre Käthchen von Heilbronn, Grund zu feiern, ja − aber auch höchste Zeit, um die Rechtslage von Frauen kritisch zu beleuchten. Was, wie der Titel des Vortrags "Das Käthchen von Heilbronn − Eine Zeitreise durch 200 Jahre Familienrecht" etwas dröge scheint, entpuppt sich als gesellschaftsanalytisches Abenteuer und rigoroses Votum für Gleichberechtigung und Frauenrechte.
Wer war Käthchen? Eine minderjährige Halbwaise mit unklarer Vaterschaft, verlobt mit ihrem Vetter, wird als Prinzessin von Schwaben mit dem Grafen vom Strahl verheiratet − stringent in der Argumentation überführt die Juristin die Hauptfigur aus einem nicht näher definierten Mittelalter in den Rechtsraum des 19. Jahrhunderts.
Für Heinrich von Kleist galt das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794, ein Werk der Aufklärung von Friedrich dem Großen in Auftrag gegeben. Nach diesem Recht sind Eheleute verpflichtet, miteinander zu leben und sich nach Kräften wechselseitig Beistand zu leisten. Der Mann ist Haupt der ehelichen Gesellschaft. Die Frau "überkömmt durch Ehe den Namen des Mannes".
Sie muss dem Hauswesen des Mannes vorstehen, darf gegen seinen Willen keinen Beruf ausüben und keine Verträge schließen. Ist das Eherecht des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900 laut Peschel-Gutzeit noch immer "Patriarchat pur", so werden erst mit dem Bonner Grundgesetz (1949) erste Schritte der Geschlechtergleichstellung sichtbar. Auch wenn sich neben fortschrittlichem Güter-, Scheidungs- und Sorgerecht Relikte wie die ehemännliche Namensgebung bis 1994 und das "Kranzgeld" bis 1998 erhalten haben.
Schöne Aussichten
"Was heißt diese historische Entwicklung für Käthchen?" Mit hypothetischen Antworten rundet Peschel-Gutzeit ihren kurzweiligen Vortrag humorvoll ab: "Vermutlich würde sie Abitur machen, im Studium einen Baron zu Guttenberg kennen lernen und, gesichert durch einen Gentest, erfahren, dass sie nicht vom Handwerksmeister Friedeborn, sondern von einem Herrn aus großem Hause abstammt, vielleicht von Prinz Charles − sehr zum Missfallen der Queen, von Camilla und den Enkelsöhnen William und Harry." Schöne Aussichten auf das Ritterschauspiel als moderne Moritat und Seifenoper.