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„Ich habe einen Hang zum Trivialen“

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Sie singt, sie spielt Theater und sie wurde bekannt mit Fernsehserien: Mit der Kabarettistin, Schauspielerin und Sängerin Maren Kroymann, die am Samstag im Komödienhaus Heilbronn auftritt, hat Marion Mockler gesprochen

„Diese Lieder haben bei mir ein erstes Bild davon geprägt, wie Frauen sein müssen, damit Männer sie toll finden“: Maren Kroymann interpretiert in „Gebrauchte Lieder“ Hits von Stars wie Elvis Presley und Dusty Springfield.Foto: Agentur Charis
„Diese Lieder haben bei mir ein erstes Bild davon geprägt, wie Frauen sein müssen, damit Männer sie toll finden“: Maren Kroymann interpretiert in „Gebrauchte Lieder“ Hits von Stars wie Elvis Presley und Dusty Springfield.Foto: Agentur Charis

Sie singt, sie spielt Theater und sie wurde bekannt mit Fernsehserien wie „Oh Gott, Herr Pfarrer“ und „Mein Leben und ich“: Mit der Kabarettistin, Schauspielerin und Sängerin Maren Kroymann, die am Samstag im Komödienhaus Heilbronn auftritt, hat Marion Mockler über ihr Programm „Gebrauchte Lieder“ gesprochen.

Warum heißt ihr Programm ausgerechnet „Gebrauchte Lieder? Warum singen Sie nichts Neues?

Maren Kroymann: Das sind Lieder, die gebraucht sind, die ich andererseits aber auch gebraucht habe. Diese Lieder haben mich als Kind und Jugendliche sehr geprägt. Jetzt interessiert mich, den Gestus der Interpreten herauszufinden. Warum sie mich damals so ergriffen haben.

Bedeutet es für Sie eine Art zweite Jugend, diese Lieder zu singen?

Kroymann: Ach, meine Jugend ist ja noch gar nicht vorbei. Es passiert mir immer noch, dass ich Sätze sage wie „wenn ich groß bin“.

Wie reagiert denn das Publikum?

Kroymann: Ich sehe viele glänzende Augen. Besucher in meinem Alter können sich damit identifizieren. Dass dieses Triviale einen damals zutiefst ins Herz getroffen hat, das gesteht man sich ja nicht ein. Und junge Leute begreifen dadurch etwas von der Entwicklung ihrer Eltern. Außerdem packe ich die Leute bei ihren Vorurteilen: Sie merken, dass sie ein intelligentes Programm gesehen haben, dabei waren es doch nur Schlager. Ich arbeite gerne damit, dass ich unterschätzt werde.

Sie sind Schauspielerin, Kabarettistin, Sängerin. Was gefällt Ihnen besser, Bühne oder Fernsehen?

Kroymann: Ich stehe sehr gerne vor der Kamera. Auszuloten, wie weit man gehen kann im Mainstream-Medium Fernsehen, finde ich toll. Ich habe aber auch eine starke Entertainment-Seite. Und einen Hang zum Trivialen, auch wenn das häufig nicht zu meinen politischen Äußerungen zu passen scheint.

Sie sagen oft unbequeme Sachen, sind aber auch abhängig vom Wohlwollen des Publikums.

Kroymann: Oh ja. Ich hatte ja auch eine Phase, als nicht mehr so viele Angebote kamen...

...nach ihrem Coming Out 1993...

Kroymann: Ich glaube, es lag nicht nur daran, dass ich gesagt habe, ich bin lesbisch. Wäre ich konservativ oder angepasst, wäre das ok. Aber die Kombination aus lesbisch und feministisch war unverträglich für das Fernsehen. Damals, 2000, habe ich das Bühnenprogramm „Gebrauchte Lieder“ entwickelt.

Waren Sie nie versucht, ihre Weiblichkeit für die Karriere auszuspielen?

Kroymann: Am Anfang dachte ich, ich muss dem entsprechen, was die Leute so von einer Frau im Fernsehen erwarten. Ich habe mich allerdings nach und nach von diesem Anspruch genussvoll verabschiedet. Ich war einfach glücklicher, wenn ich meine eigene Sichtweise einbringen konnte. Ich bin so eine altmodische Inhaltliche. Heute denke ich, vielleicht war ich zu wenig karriereorientiert. Es ist viel mühsamer, wenn man eine Haltung hat.

Man sollte universell einsetzbar sein?

Kroymann: Mir kommt es so vor, als würde es als professionell empfunden, wenn man für alles zu haben ist. Es ist der Karriere förderlich, kein Schmerzempfinden zu haben.

Sie sind 58 Jahre alt. Würden Sie noch mal 30 sein wollen?

Kroymann: Im Grunde hatte ich mit 30 noch gar keine Ahnung, was mal aus mir wird. Inzwischen fühle ich mich manchmal wieder wie an einem Karriereanfang, weil ich durch „Verfolgt“ ganz andere Angebote bekomme, eher als Schauspielerin im so genannten ernsten Fach arbeite. Da tut sich etwas ganz Neues auf.

Sind Ihre jungen Kolleginnen, überhaupt junge Frauen, heute zu unkritisch?

Kroymann: Sie haben viel mehr Selbstbewusstsein und sagen selbstverständlicher „ich“. Ich musste das eher mühsam lernen. Das ist es ja, wofür unsere Generation der Feministinnen gekämpft hat.

Prägt sie ihre Kindheit im schwäbischen Tübingen heute noch?

Kroymann: Ich kann Programme machen über die piefigen 50er Jahre, weil ich so eine intime Kenntnis dieser Enge habe. Aber ich kann auch zwei Schritte nach außen machen und so darauf gucken.

Info: Maren Kroymann gastiert in der Reihe „Besuchszeit!“ im Komödienhaus am Samstag, 19. Januar, 20 Uhr. Karten: 07131 / 563001.

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