Grönemeyer-Konzert in Stuttgart: Herbert sorgt für Stundenglück
Herbert Grönemeyer begeistert 13.500 Fans in der ausverkauften Schleyer-Halle mit einem dreistündigen Auftritt ohne Schwächen. Eine gelungene Mischung aus alten Krachern, gefühlvollen Balladen und neuem Material.

"Sekundenglück" heißt ein Lied von Herbert Grönemeyer, es ist eines der besten auf dem "Tumult"-Album aus dem Jahr 2018. Natürlich spielt er es auch an diesem Dienstagabend in der pickepackevollen Stuttgarter Schleyer-Halle - und es handelt sich um die Untertreibung des Jahres. Grönemeyer beschert seinen 13.500 Fans Stundenglück, genauer gesagt Dreistundenglück.
Herbert hat Bock auf einen langen Abend
Schon als der 67-Jährige um 20.08 Uhr auf die Bühne tänzelt und sich von den Zuschauern feiern lässt, ist klar: Dieser Mann hat immer noch eine unbändige Lust auf Live-Auftritte, er singt, spielt, tanzt und jauchzt sich durch sein umfangreiches Werk, ohne auch nur einen Moment nachzulassen.
Die meiste Zeit verbringt Grönemeyer auf dem Bühnenteil inklusive versenkbarem Klavier inmitten der Fans, die ihn immer wieder zur Verzückung bringen - und er sie. Wenige Künstler bedanken sich so oft und innig bei ihrem Publikum wie Grönemeyer, und man nimmt ihm ab, dass er das wirklich ernst meint. Nichts wirkt aufgesetzt oder arrogant, stattdessen kokettiert er selbstironisch mit seinem "unverschämt" guten Aussehen und seinem, nun ja, unverwechselbaren Tanzstil.
Die Songauswahl ist exzellent
Grönemeyers besondere Stärke liegt darin, die Spannung über einen kompletten Abend hochzuhalten. Das liegt neben seinen erstklassigen Musikern, die immer wieder mit Solo-Einlagen glänzen, auch an der exzellenten Songauswahl. Der Mix aus gefühlvollen Balladen, tanzbarem Pop und groovigem Rock stimmt, genauso wie die Mischung aus Klassikern und neuem Material. Schon früh am Abend haut Herbert mit "Bochum", "Männer" und "Was soll das?" drei absolute Kracher raus, später folgen die umjubelten "Musik nur, wenn sie laut ist" und "Kinder an die Macht". Die Stimmung könnte nicht besser sein, der Geräuschpegel der textsicheren Fans ist gewaltig.
Gänsehautmomente gehören dazu
Aber kein Grönemeyer-Konzert ohne Gänsehautmomente. Stellvertretend für die vielen ruhigeren Stücke an diesem Abend steht "Der Weg", ein Juwel, das er im Jahr 2002 für seine verstorbene Frau geschrieben hat. Ein Meer aus Handytaschenlampen sorgt für die passende Illumination dieses emotionalen Vortrags. Auch die Appelle für Menschlichkeit, Solidarität und Liebe fehlen nicht, wobei Grönemeyer lieber Lieder wie "Der Schlüssel" oder das geniale "Deine Hand" sprechen lässt, statt zu monologisieren. Seine Anhänger muss er ohnehin nicht von seinen Botschaften überzeugen.
Grönemeyer spielt und singt sich in einen Rausch
Als sich Grönemeyer und seine Band um 21.54 Uhr nach einem grandiosen Finale mit den Liedern "Mensch", "Alkohol" und "Bleibt alles anders" vom "hinreißenden Publikum" in Stuttgart verabschieden, verlässt kaum einer die Halle. Drei, vier Zugaben sind schließlich immer drin, am Ende sind es deren zwölf, verteilt auf drei Blöcke.
Grönemeyer singt und spielt sich in einen regelrechten Rausch, zeigt mit dem Balladen-Klassiker "Flugzeuge im Bauch" und dem direkt danach folgenden Gassenhauer "Zeit, dass sich was dreht" seine ganze musikalische Bandbreite. Um 22.59 Uhr, nachdem "Der Mond ist aufgegangen" verklungen ist, ist dann wirklich endgültig Schluss. Wahrscheinlich hätten ihm die Verantwortlichen um 23 Uhr ohnehin den Saft abgedreht.
Beseelter Künstler, glückliche Besucher
Und so verlässt nicht nur Herbert Grönemeyer beseelt die Sauna Schleyer-Halle in die laue Frühsommernacht, sondern auch 13.500 glückliche Fans von recht jung bis ziemlich alt. Da stört sich auch kaum einer am obligatorischen Stuttgarter Parkplatzstau - das Herbertsche Stundenglück wirkt noch lange nach.
Zur Person: Herbert Grönemeyer wurde am 12. April 1956 in Göttingen geboren. Einem breiten Publikum wurde er als Schauspieler durch seinen Auftritt im Kinofilm "Das Boot" 1981 bekannt. Von 1984 bis 2018 platzierten sich alle seine deutschsprachigen Studioalben auf Platz eins der deutschen Albumcharts. Mit mehr als 18 Millionen im Inland verkauften Tonträgern ist Grönemeyer der kommerziell erfolgreichste zeitgenössische Musiker Deutschlands.