Fleiß, Fleiß, Baby: Herr Schröder in der Harmonie Heilbronn
Schülerstreiche, Elternabende, Klassenfahrten: Ex-Lehrer und Comedian Johannes Schröder hat einiges zu erzählen und den Mikrokosmos Schule fein beobachtet. Bei seinem Auftritt am Donnerstag verrät der 50-Jährige außerdem, welche Verbindung er in die Region hat.

Das Klassenzimmer als Bühne, die Bühne als Klassenzimmer: Weil es in beiden Welten um direkte Kommunikation geht, haben sie mehr gemein, als man denkt. Nach Meinung von Johannes Schröder sind sie sogar identisch. Erst in der Rolle des Schülers, dann der des Lehrers konnte der gebürtige Berliner jahrelang Material sammeln, ehe er 2014 das Metier wechselte – von der Schule in die Comedy-Szene. Mit Erfolg: Zu Auftritten im TV kommen ein Podcast mit prominenten Gästen, ein „Spiegel“-Bestseller und zahlreiche Preise. Mehr als 750 000 Menschen folgen dem „dienstältesten Junglehrer“ auf Instagram.
„Der Rest ist Hausaufgabe“ heißt Schröders drittes Solo, mit dem der selbsternannte Korrekturensohn aktuell unterwegs ist. Und am Donnerstagabend auch in der ausverkauften Harmonie gastiert. Dass der 50-Jährige dabei mit Ortskenntnis punktet? Klärt sich schnell auf. Nach dem Staatsexamen in Freiburg besuchte Johannes Schröder während des Referendariats zwei Jahre lang in Heilbronn das Studienseminar, „wo früher das Kasernengelände war“. „Zufall?“ Gewohnt hat der angehende Deutsch- und Englischlehrer aber in Osterburken.
Die Grundschule Frankenbach wird zum Running Gag
Schülerstreiche, Elternabende, Klassenfahrten: Johannes Schröder hat einiges zu erzählen und den Mikrokosmos Schule fein beobachtet. Mit Selbstironie blickt er auf die pädagogische Zunft – von ihm auch Cholerikum genannt – , wohlwissend, dass sich diese nicht am ökonomischen Prinzip von Angebot und Nachfrage ausrichten muss. „Erzählt mir von der Welt, auf die ich euch vorbereiten soll“, bat er Berufsschüler, die er neben Gymnasiasten in Offenburg unterrichtete.
„Nicht nur Schüler sind verhaltensauffällig“, frotzelt Schröder gegen prägnante Mitstreiter aus dem Lehrerzimmer. Kunstlehrerin Jutta mit buntem Strickpulli und Feder-Ohrring – „das wandelnde Hundertwasserhaus“ – zeichnet der Comedian ebenso plastisch wie den einschüchternden, Ernte-23-rauchenden Geschichts- und Lateinlehrer Herr Leffringhausen. Generell auf dem Kieker hat er Sportlehrer: „So ein Schlüsselbund, aber keine Funktion an der Schule“. Einen Mathe- und Physiklehrer unter den Besuchern bezieht Schröder immer wieder in sein Programm ein.
Running Gag des Abends wird auch die Grundschule Frankenbach, deren Lehrpersonal in Gruppenstärke vertreten ist. Der Saal tobt, als Johannes Schröder eine stichprobenartige Anwesenheitskontrolle vornimmt, nachdem er in der Pause die GSF-Homepage studiert hat. „Gemeinschaft wird bei uns groß geschrieben“, amüsiert sich der Wahl-Kölner über das Leitbild, „das ist ja auch ein Substantiv.“ Mit Schulleiter Florian Scheufele gibt es ein Selfie auf der Bühne.
„Versetze dich in die Perspektive des Hurensohns“: Haftbefehl als Unterrichtsstoff?
Leicht überheblich, dafür ausgeprägt konfliktscheu ist Herr Schröder, diese Bühnenfigur, in die Johannes Schröder drei Stunden lang schlüpft. Wenn Offenbacher Schüler vor einigen Wochen forderten, Haftbefehl neben Goethe im Unterricht zu behandeln, spitzt der Comedian diese Diskussion lustvoll zu. Und fällt ihm eine Aufgabenstellung zu den Texten des Deutschrappers ein: „Versetze dich in die Perspektive des Hurensohns und schreibe eine Geschichte“.
Ad absurdum führt Schröder den Einsatz von KI im Unterricht, indem er aufzeigt, wie sich Lehrer und Schüler damit gegenseitig austricksen können. Dass es Bildung anders als Rauchen nicht passiv gibt, ist eine Lektion des Abends. „Du wirst nicht schlauer, weil jemand neben dir liest“, sagt Schröder und rappt „Fleiß, Fleiß, Baby“.
Mit liebevollem Spott blickt er auf diejenigen, die er im Klassenzimmer früher vor sich sitzen hatte. Wer erinnert sich nicht an die eigenen Aufenthalte im Schullandheim, als der „Mensch gewordene Overhead-Projektor“ von Fahrten nach Amrum und Barcelona erzählt. Mucksmäuschenstill hören ihm 1900 Besucher zu bei seiner so treffenden wie berührenden Ode auf die Sturm- und Drang-Zeit des Lebens. Wenn sie ihnen eine vollumfängliche Pubertät zugestehen, ist dies das größte Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können, so Schröder. Begeisterter Beifall vom Publikum.

Stimme.de