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Trappensee Heilbronn
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Der See, das Schlösschen und weitere Deals

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Doppeljubiläum in Heilbronns Kleinod: 450 Jahre Trappenseeschloss und fünf Jahre Literaturhaus erzählen spannende Geschichte(n). Etwa wie der Trappensee zum Ausflugsziel wurde und was die Nazis planten.

Das Literaturhaus im Trappenschloss: Zum Ende der Ausstellung „Geschichte(n) vom Trappensee“ gibt Peter Wanner (r.) Auskunft.
Das Literaturhaus im Trappenschloss: Zum Ende der Ausstellung „Geschichte(n) vom Trappensee“ gibt Peter Wanner (r.) Auskunft.  Foto: Martina Kreet

Kleine Geschichten haben oft große Bedeutung, Lokalhistorisches kann ins Überregionale, ins Nationale und Internationale greifen. Die Geschichte des Trappenseeschlössles etwa und die Geschichten darum herum. Die jüngste Heilbronner Kulturinstitution, das Literaturhaus, also steht auf geschichtsträchtigem Boden. Ein Anlass für einen Arbeitskreis des Freundeskreises des Literaturhauses, das in eben jenem Schlösschen residiert, die Geschichte(n) des Sees und seiner Umgebung unter die Lupe zu nehmen. Herausgekommen ist die Ausstellung, die seit zwei Jahren Bemerkenswertes nachzeichnet und die nun zu Ende geht. Ein Grund für das Literaturhaus, ein Doppeljubiläum zu begehen. Das Schloss wird 450 Jahre alt, das Literaturhaus fünf.

Das kleine Schwesterchen Literaturhaus

Dass sich das kleine Schwesterchen Literaturhaus in kurzer Zeit unter seinem Chef Anton Knittel etabliert hat mit Lesungen zeitgenössischer Autorinnen und Autoren, mit Vorträgen, Diskussionsrunden, Workshops, wissenschaftlichen Tagungen sowie Wechselausstellungen, ist bekannt. Ebenso, dass andere Formate außerhalb des eigenen Hauses in Kooperation mit anderen Kulturträgern auf große Resonanz stoßen.

Weniger bekannt ist die wechselvolle Geschichte vom Trappensee, die Peter Wanner in einem so kundigen wie launigen Vortrag zum Besten gibt. Zwei Mal an einem Abend, so stark ist der Andrang.

Der Heilbronner Historiker ist ein profunder Kenner nicht nur der Heimatgeschichte. Auch wenn es darum hier in erster Linie geht. Seit wann gibt es den Trappensee? Seit 1519, was man weiß, weil in dem Jahr Mönche des Karmeliterklosters gegen einen Mann namens Jos Unverworren – was für ein Name – klagen. Unverworren hat den See mit dem Wasser des Köpferbachs angelegt, der eigentlich für den See der Mönche,  den Mönchsee, gedacht war. Der Ausgang des Prozesses übrigens ist nicht überliefert.

Wie es zu dem Dorf Alt-Böckingen kam

Jahre später lässt Philipp Orth, Bürgermeister von Heilbronn, 1576 ein auf Pfählen gestütztes Landhaus in Erinnerung an eine Italienreise im See errichten. Sodass der Trappensee erst einmal Orthensee heißt. Bis die Familie Trapp, auch sie aus der Oberschicht der Reichsstadt Heilbronn, 1653 den See erwirbt. Das Rokoko-Schlösschen lässt 1784 der holländische Admiral Heinrich August von Kinckel bauen. Dass See und Schloss in älteren Ansichten fehlen, führt Peter Wanner an, erst auf einer Karte aus dem Jahr 1734 ist der „Trapen See“ markiert, neben dem „Beckinger Brunn“. Auf einer anderen Karte, die Wanner in seinem Vortrag neben aufschlussreichem Bildmaterial zeigt, taucht der Name Böckingen mit dem Zusatz Alt- auf.

Die Bierbrauerei August Cluss & Co. kauft 1879 den Trappensee, das Schlösschen und die Landwirtschaft und errichtet an der Jägerhausstraße ein Ausflugslokal. Cluss, der jüngere Halbbruder von Adolf Cluss, dem Architekten und Erbauer Washingtons, dienen See und Seegut vornehmlich aus wirtschaftlichen Gründen. Der See ist Eislieferant zum Kühlen des Biers, es gab wohl noch weitere Eisseen in der Gegend. 1992 erwirbt die Stadt Heilbronn von der Brauerei das Lokal. 1994 kauft Peter Koch (Verwaltungs-GmbH) die Gaststätte. Das Gelände des Biergartens bleibt in Besitz der Stadt. 

„Eine faszinierende Geschichte“, so der Historiker. Mindestens 300 Jahre, wenn nicht sehr viel länger bestand das Dorf Böckingen hier, bis heute weisen Flurnamen darauf hin. 1333 kauft die Stadt Heilbronn dieses Böckingen den Grafen von Löwenstein ab, mit Erlaubnis des Kaisers. Altböckingen wurde aufgelöst und umgesiedelt. Erstmals belegt übrigens ist „dieses zweite Böckingen im Jahr 1037, in einer wohl gefälschten Urkunde, die aber tatsächliche Ereignisse wiedergibt“. Bischof Gebhard von Regensburg wandelt die Pfarrkirche in Öhringen in ein Chorherrenstift um und übergibt dazu vier Dörfer. Unter anderem das halbe Dorf Böckingen, damals Bocchingen, samt umliegenden Weinbergen fallen an den Bischof von Würzburg. Ein verschlungenes, im Mittelalter übliches Geschäft. Deals nennt man es heute.

Ein Porträt der Anna Regina Trapp vom Trappensee

Munter werden weitere Geschichten und Kurioses zu einem vielschichtigen Bild zusammengefügt. Wanner räumt mit Mythen auf, zum Beispiel, dass es keinen Fischmarkt am Trappensee gab, sondern mit Vischmarkt ein durch ein Strohbündel gekennzeichnetes Waldstück gemeint war. Anna Regina Trapp von Trappensee, Bürgermeisterstochter aus Lindau, wird eingeführt, eine Nachbildung ihres Porträts aus Anlass ihrer Verlobung 1677 hängt im Eingangsbereich des heutigen Literaturhauses.

August Cluss kauft das Seegut 1879. Schließlich entwickelt sich der Trappensee zum Naherholungsgebiet mit Gaststätte. Später lassen die Nationalsozialisten neben dem heutigen Biergarten ein Barackenlager vom Reichsarbeitsdienst errichten. Vor der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht mussten alle „jungen Deutschen beiderlei Geschlechts ihrem Volk im Reichsarbeitsdienst“ dienen, zitiert Peter Wanner ein Gesetz von 1935. Auch gibt es Pläne für einen Aufmarsch- und Thingplatz, die nicht umgesetzt werden.  Das RAD-Lager indes wird nach dem Krieg bis 1956 zur  Barackenanlage für Flüchtlinge und Kriegsheimkehrer.

Die Geschichte des Trappensees ist längst nicht zu Ende. Im Literaturhaus wird sie fortgeschrieben.   

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