Windkraft im Süden könnte Flauten im Norden ausgleichen – Ausbau aber gefährdet
Energie aus dem Süden könnte Flauten in anderen Regionen effizienter ausgleichen, sagt der Klimasachverständigenrat. Ein schneller Ausbau ist aber unter Umständen gefährdet.

Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral sein, so steht es zumindest im Klimagesetz Baden-Württemberg. Damit das gelingt, sollen auch die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut werden, hierbei spielt die Windenergie eine zentrale Rolle. Um die Ausbausziele zu erreichen, soll 1,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie verwendet werden. Der Klimasachverständigenrat im Land hat ein neues Papier vorgelegt, wonach Windenergie im Süden windschwache Momente im Norden ausgleichen könnte.
Wind im Süden könnte Flaute im Norden ausgleichen
„Im Norden tritt durch die Nähe zur Küste im Mittel eine höhere Windgeschwindigkeit auf. Im Süden, insbesondere in Baden-Württemberg, treten dagegen häufig günstige Windbedingungen zu Zeiten auf, in denen der Norden ein schwächeres Windaufkommen verzeichnet“, so der Sachverständigenrat.
Durch dieses wechselseitige Muster könne sich die Verfügbarkeit von Windenergie zwischen verschiedenen Regionen ergänzen. Entsprechende Windverhältnisse würden demnach besonders im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb und in der Region Bodensee-Oberschwaben vorkommen.
Diese Regionen würden häufig dann überdurchschnittliche Windbedingungen aufweisen, wenn das Niveau der verfügbaren Windenergie bundesweit besonders niedrig ist. Für die Analyse wurden Daten von 35.646 Windenergieanlagen genutzt. Die Nutzung von Windenergie im Süden wird immer wieder kontrovers diskutiert, da es im Vergleich zu küstennahen Regionen weniger Wind gibt. Diesem Argument widerspricht der Sachverständigenrat und sagt, das treffe zwar grundsätzlich zu, werde aber durch die „technologische Entwicklung“ zunehmend relativiert.
816 Windanlagen in Betrieb, 1416 im Genehmigungsverfahren
Ein Problem bei der Erzeugung von Windenergie sind die sogenannten Flauten, also Zeiträume, in denen kein Wind bläst. Diese werden sich aufgrund des Klimawandels weiter verändern, weshalb laut des Klimasachverständigenrats Strategien für eine resiliente Energieversorgung entwickelt werden müssen.
Aktuell befinden sich in Baden-Württemberg 816 Anlagen in Betrieb, 1.787 sind in Planung, davon 1.416 im Genehmigungsverfahren. Die derzeitige Planungssicherheit werde durch die Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) gefährdet, da sie das Referenzertragsmodell bei EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz)-Ausschreibungen streichen will, erklärt ein Sprecher des Umweltministeriums in Stuttgart.
Bundeswirtschaftsministerin will EEG-Förderung ändern
Die EEG-Förderung funktioniert folgendermaßen: Es gibt nur Geld, wenn der Börsenpreis unter eine bestimmte Marke sinkt. Mit ebendieser Marke gehen Betreiber ins Rennen um EEG-Ausschreibungen. Im Süden liegen die Marken unter Umständen höher, weil die Unternehmen hier mehr investieren müssen. Es ist aufwendiger und deshalb teurer, ein Windrad in die Höhen des Schwarzwaldes zu bauen als in die Lüneburger Heide. Diese Unterschiede berücksichtigt das Modell und sorgt für einen Ausgleich der Kosten. Katherina Reiche will es streichen.
Die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) kritisiert das. „Ich setze mich massiv ein, dass dieser Südbonus für die Windkraft erhalten bleibt. Wir brauchen überall Stromproduktion vor Ort. Damit sinken die Gesamtkosten des Energiesystems. Dahinter stehen auch Arbeitsplätze bei den Projektierern im Land. Windräder stärken den Standort Baden-Württemberg, nicht umsonst bauen Unternehmen wie Zeiss eigene Windparks für ihre Werke. Diese Dynamik wollen wir fördern, der Bund darf sie nicht abwürgen.“

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