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Jugendliche zeigen bei Didacta Präsenz
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„Politik für Schüler nicht ausreichend“: Bundesschülerkonferenz kritisiert Politik

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Jugendliche fühlen sich von der Politik nicht ernst genommen. Auf der Didacta in Stuttgart fordert die Bundesschülerkonferenz mehr Schulsozialarbeiter, und sie hat klare Forderungen zur Digitalisierung und spricht sich für ein Gleitzeitmodell zum Unterrichtsbeginn.

Quentin Gärtner aus Waiblingen-Beinstein ist Mitglied der Bundesschülerkonferenz und vertritt die Gruppe als International Officer im Ausland.
Quentin Gärtner aus Waiblingen-Beinstein ist Mitglied der Bundesschülerkonferenz und vertritt die Gruppe als International Officer im Ausland.  Foto: Gajer, Simon

Die Bundesschülerkonferenz versteht sich als ständige Konferenz der Landesschülervertretungen der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Sie arbeitet überparteilich und überkonfessionell, und Mitglieder machen auf Belange der Jugendlichen bei der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart aufmerksam. Zu drängenden Themen bezieht Quentin Gärtner, 17 Jahre, aus Waiblingen-Beinstein klar Position.

Was treibt die Schüler bundesweit gerade um?

Quentin Gärtner: Also wir haben sehr viele Themen, Bildung ist sehr vielfältig. Aber wir bereiten gerade eine Kampagne zum Thema mentale Gesundheit an Schulen vor.

Warum das?

Gärtner: Wir sehen, dass bei Schülern aus unterschiedlichen Gründen die mentalen gesundheitlichen Probleme stark zunehmen.

Was sind die Ursachen?

Gärtner: Das hat unterschiedlichsten Faktoren, aber Corona ist einer davon, Social Media spielt eine Rolle. Wir haben zu wenig Sozialarbeiter, um das ganze Problem anzugehen, und wir sind die Generationen, die in Corona sehr viel einstecken musste. Jetzt geht es darum, dafür Sichtbarkeit zu schaffen. „Uns geht es gut“: So heißt die Kampagne. Es gibt Zahlen der Robert Bosch-Stiftung, die das unterstützen, dass wir als Schüler ein massives, wachsendes Problem haben.

Und was kann die Bundesschülerkonferenz tun?

Gärtner: Wir können Druck ausüben und immer wieder fordern, dass ausreichend Schulsozialarbeiter bereitgestellt werden. Wir müssen bei der Kultusministerkonferenz immer wieder sagen, dass da etwas auf den Weg kommt. Mentale Gesundheit muss auch in den Schulen thematisiert werden. Es braucht Personen wie Schulsozialarbeiter, die ansprechbar sind, aber auch im Unterricht muss darüber geredet werden.

Was erhoffen Sie sich davon?

Gärtner: Es darf nicht zum Problem werden. Schüler müssen sich getrauen, es im Unterricht anzusprechen. Es muss Thema sein, und es braucht Ansprechpersonen.

Wie lässt sich das Problem lösen?

Gärtner: Man kann das Schulsystem so gestalten, dass der Druck reduziert wird. Beispielsweise kann der Notendruck sinken. Man kann eine Lernatmosphäre schaffen, die dafür sorgt, dass Schüler sich wohler fühlen. Man kann den Unterricht etwas später beginnen lassen und dafür sorgen, dass Schüler selbst den Beginn auswählen können. Das nennt sich Gleitzeitmodell. Es gibt einige Faktoren, die man bespielen kann, und die werden aktuell nicht ausgereizt. Das frustriert uns ein Stück weit.

Werden Sie als Bundesschülerkonferenz gehört?

Gärtner: Nicht genug. Es ist immer sehr toll für Politiker und Ministerien, wenn sie sich hinstellen und sagen, dass sie eine Schülerstimme gehört haben, einen Schüler zum Anfassen hatten. Dann klopfen ganz viele Leute auf unsere Schultern, und man darf zu ein paar coolen Veranstaltungen. Am Ende des Tages sehen wir, dass Politik für Schüler nicht ausreichend gemacht wird – falls sie überhaupt gemacht wird.

Wer findet mehr Gehör?

Gärtner: Lehrerverbände sitzen da, ganz viele unterschiedliche Stakeholder. Wir haben oft das Gefühl, dass die Schülerstimmen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Politik muss sich klarmachen, dass wir die Zukunft sind. Wir müssen irgendwann mal die Rente finanzieren und die ganzen Positionen übernehmen. Bildung ist der Schlüssel für eine Industrienation, die nicht große, natürliche Ressourcen hat, um wirtschaftlich überleben zu können.

Industrienation ist gutes Stichwort. Klappt es bei der Digitalisierung im Unterricht?

Gärtner: Noch nicht ausreichend, also jetzt ist der Digitalpark 2.0 auf den Weg gekommen. Wir kritisieren daran, dass beispielsweise die verpflichtende Einbindung oder Mittelverwendung für Fortbildungen von Lehrern nicht berücksichtigt ist. Es wird einfach Geld gegeben. Das finden viele sehr toll. Aber natürlich müssen die Mittel auch gezielt eingesetzt werden. Vor allem dort, wo es brennt.

Woran hakt es?

Gärtner: Das Geld kommt nicht da an, wo es benötigt wird. Beim ersten Digitalpakt war es wahnsinnig komplex, die Gelder zu beantragen. Wir fordern, dass verpflichtende Fortbildungen elementare Bestandteile von Digitalisierung sind. Man kann sich nicht hinstellen, Ipads, Smartboards und Beamer verteilen, aber am Ende des Tages steht da eine Lehrkraft, die auf die Pension zugeht und keine Ahnung hat, wie man damit umgehen soll. Digitalisierung muss beides mit bedenken: die technische Ausstattung und die Schulung von Lehrkräften.

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