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Einbalsamierungen
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Warum Papst Franziskus so aussah, als würde er gleich die Augen öffnen

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Tausende verneigen sich vor dem toten Papst Franziskus. Sein friedlicher Anblick ist das Werk eines stillen Fachs: das eines Einbalsamierers. Was dahinter steckt, erklärt ein Thanopraktiker aus Deutschland.


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Der Petersdom ist ohnehin ein Besuchermagnet, doch bis Samstagmorgen herrscht dort ein besonders großer Andrang. Tausende Gläubige kommen, um dem toten Papst die letzte Ehre zu erweisen. In dem geöffneten Sarg liegt Franziskus, der am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstarb, beinahe, als würde er jeden Moment die Augen öffnen und ein letztes Segenswort sprechen.

Kaum jemand denkt in diesem Moment daran, welche stille Meisterleistung hinter diesem Anblick steckte: die Arbeit eines Thanopraktikers.

Papst Franziskus im Petersdom einbalsamiert: Wie funktioniert Thanopraxie?

Heiko Mächerle, von Bestattern im Raum Heilbronn als Koryphäe seines Fachs bezeichnet, ist ein Thanopraktiker. Er balsamiert Tote ein. „Wenn die das so meinen, freut mich das natürlich“, sagt der freundliche 50-Jährige bescheiden über das Lob seiner Kollegen. Mit seinem Bestattungsinstitut in Wörth am Rhein nahe Karlsruhe betreut er Kunden aus ganz Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Seit 2006 unterrichtet er das Fach als Dozent beim Bundesverband Deutscher Bestatter.

Mächerle hat die Konservierung des Papstes aufmerksam verfolgt – mit Hilfe von Fernsehberichten und Fotos. „Ich bin immer sehr interessiert, wie die Kollegen arbeiten. Da lernt man nie aus und weiß auch die eigene Arbeit mehr zu schätzen“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Bestatter Heiko Mächerle, Koryphäe der Thanopraxie, erklärt seine besondere Arbeit

Bis zu 100 Eingriffe dieser Art führt Mächerle pro Jahr durch. Ziel ist es, den Körper möglichst lange lebendig erscheinen zu lassen und die natürliche Zersetzung zu verhindern. „Zunächst werden alle Flüssigkeiten aus Bauchraum, Becken und Lunge entfernt“, erklärt er. Das Blut wird über die Venen abgelassen und durch ein desinfizierendes Gemisch ersetzt, das unter anderem aus Formalin, feuchtigkeitsspendenden und puffernden Substanzen, Farbstoffen sowie etwas Parfüm besteht. So werden Verwesung und unangenehme Gerüche verhindert.


Formaldehyd tötet Keime ab und schützt menschliche Zellen vor dem Zerfall. Je nach Menge kann der Körper über Wochen, Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg konserviert werden. Mächerles Arbeit dauert zwischen vier und acht Stunden. „Am Ende muss alles sauber sein. Der Verstorbene soll besser aussehen als zuvor. Makellos eben“, beschreibt der Bestatter seinen Anspruch.

Papst Franziskus im Petersdom einbalsamiert: Was dabei schieflaufen kann

Auch der Vatikan beauftragt für solche Aufgaben spezialisierte Leichenwäscher. Doch nicht immer gelingt die Konservierung reibungslos: 1978 etwa verteilte sich bei Papst Paul VI. das Formaldehyd nicht gleichmäßig und ein Bein begann sich zu zersetzen. 1958 wurde Papst Pius XII. in Kräuter und ätherische Öle eingewickelt. Das Ergebnis: ein starker Verwesungsgeruch, der angeblich Wachen in Ohnmacht fallen ließ.

Laut Heiko Mächerle wird Thanopraktik nur auf Wunsch der Angehörigen durchgeführt – etwa bei Überführungen ins Ausland, wenn sich die Beisetzung verzögert oder wenn Hinterbliebene sich auf diese Weise verabschieden möchten. Auch für wissenschaftliche oder museale Zwecke komme sie zum Einsatz. Ein bekanntes Beispiel: der russische Revolutionär Wladimir Lenin, der seit seinem Tod 1924 einbalsamiert in einem gläsernen Sarg in Moskau liegt.

Auch Papst Franziskus wird bis zur Beisetzung am Samstagmorgen, 10 Uhr, konserviert aufgebahrt. Anders als üblich, wird er nicht in drei Särge gelegt, sondern nur in einen. Zudem erfolgt die Bestattung nicht unter dem Petersdom, sondern auf seinen eigenen Wunsch hin in der Basilika Santa Maria Maggiore – einige Kilometer entfernt.

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