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Bad Wildbad
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Wolf-Riss bringt Schäfer-Familie an Grenze der Belastung

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Nach der mutmaßlichen Wolfsattacke bangt der Landwirt um die Sicherheit seiner Tiere. Die Bilder der zerfetzten Schafe haben sich ins Gedächtnis der Familie gebrannt.

Von Heike Kinkopf
Mitarbeiter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt haben die gerissenen Schafe untersucht. Die Herde von Gernot Fröschle weidet nun hinter einem Elektrozaun.
Fotos: dpa/ Heike Kinkopf
Mitarbeiter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt haben die gerissenen Schafe untersucht. Die Herde von Gernot Fröschle weidet nun hinter einem Elektrozaun. Fotos: dpa/ Heike Kinkopf  Foto: Christoph Schmidt

Das Leben von Gernot Fröschle und seiner Familie steht seit Montag auf dem Kopf. Von bisher rund 900 Schafen sind 42 Tiere tot, ein Lamm ist unauffindbar. Die Tiere sind mutmaßlich Opfer einer Wolfsattacke geworden. "Der Wolf ist eine Gefahr. Wir müssen vor ihm geschützt werden", sagt Karen Fröschle. Der Anblick der toten und verletzten Schafe und Lämmer hat sich ins Gedächtnis der Familie gebrannt. Die Fröschles sind emotional angespannt. In Bad Wildbad sind einige beunruhigt.

Besuchern und Touristen verspricht der Schwarzwald Erholung und Entspannung. Kleine Bachläufe schlängeln sich durch üppig grüne Wiesen; Bäume tragen ihr Frühlingskleid. Jeans, Pulli und Weste trägt Gernot Fröschle. Er steht am Zaun bei seiner Schafherde und sagt. "Wir wissen nicht, wie es weitergeht."

Seelische Belastung

Seit er am Montag in der Früh die zerfleischten Schafe fand, schläft er keine Nacht mehr durch. "Er steht auf, geht raus und guckt nach den Tieren", erzählt Karen Fröschle. Der Familienbetrieb kommt an die Grenzen seiner Kräfte. "Es ist eine seelische Belastung, die Bilder kommen immer wieder", sagt die 23 Jahre alte Tochter Christine. 16 Schafe lagen morgens tot, zerfetzt und blutig, auf der Weide; zehn stark verletzte Tiere waren nicht mehr zu retten und mussten getötet werden; weitere 16 Schafe haben sich in Panik gegenseitig erdrückt oder sind im Bach ertrunken.

Ob tatsächlich ein Wolf für die Attacke verantwortlich ist, steht noch gar nicht fest. Das Ergebnis einer Eilanalyse soll in knapp sieben Tagen vorliegen. Erste Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Schafe mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Wolf gerissen wurden. Fachleute und Politik streiten weiter über Konsequenzen. Den Wolf ins Jagdrecht zu nehmen, wie es unter anderem das Landwirtschaftsministerium und die Jäger wollen, sei keine Option, heißt es dazu im Landesumweltministerium.

Zäune zum Schutz

Die Fröschles arbeiten rund um die Uhr, um die Folgen des Schafsriss" in den Griff zu bekommen. Wie von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt des Landes geraten, hat das Ehepaar Elektrozäune aufgestellt. So sollen Schafherden gesichert werden sowie Ziegen, elf Kühe, Kälbchen und zwei Bullen. Der Betrieb setzt auf Offenstallhaltung wegen des Tierwohls, erklärt Gernot Fröschle. Inzwischen versperrt ein hoher Elektrozaun die offene Stallseite. "Außerdem sollen wir drei Mal am Tag die Zäune kontrollieren und dokumentieren, ob und wie viel Strom genau drauf ist", sagt Karen Fröschle. Sie seufzt. "Wir brauchen Hilfe. Jetzt."

Kommt der Wolf, wenn er es denn war, wieder? Mit der Frage stehen die Fröschles nicht alleine da. "Ich finde es ein starkes Stück", schimpft Gisela Gründer. Sie betreibt in der Nähe den Campingplatz Kälbermühle. Bad Wildbad sei auf den Tourismus angewiesen. Dass sich der Vorfall auf ihr Geschäft auswirkt, davon geht sie im Moment nicht aus. Sie selbst aber will künftig auf Spaziergänge im Wald verzichten.

Gernot Fröschle. Foto: Kinkopf
Gernot Fröschle. Foto: Kinkopf  Foto: csdcs

Betriebe unterstützen

"Die Leute hier sind beunruhigt", stellt Gründer fest. Auf die Bedeutung von Schafhaltern für die Landschaftspflege weist Claudia Günthner hin. Sie betreibt eine Gärtnerei und einen Blumenladen im Ort. Schafe seien wie "Öko-Rasenmäher". Ohne sie würden Wiesen und Wälder zuwuchern.

155 Hektar bewirtschaftet der Betrieb nach Angaben von Gernot Fröschle, ein Drittel davon in Steillagen. "Unser Schwerpunkt ist die Landschaftspflege." Das ist auch Helmut Riegger bewusst, Landrat im Kreis Calw. "Wir müssen unseren Schäfern eine vernünftige Perspektive bieten", sagt er. Es gehe um die Frage, wie Betriebe unterstützt werden können, um deren wirtschaftliche Existenz zu sichern.

 
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