Interview
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Thomas Strobl: Steuererhöhungen wären Gift

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Der CDU-Bundesvize erteilt neuen Belastungen eine klare Absage. Um die Folgen der Coronakrise abzufedern, seien die Rückkehr zur Schuldenbremse und eine kräftige Konjunktur vonnöten. Im Interview spricht der Heilbronner auch über eine Einbindung von Friedrich Merz und sein neues Amt als Vorsitzender der deutschen Innenministerkonferenz. 

von Hans-Jürgen Deglow
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Foto: Archiv/Berger
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Foto: Archiv/Berger  Foto: Berger, Mario

Herr Strobl, Sie haben ein neues Amt, am Montag ist die offizielle Übergabe des Staffelstabs. Dieses Jahr leiten Sie als Vorsitzender die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern. In Pandemiezeiten eine besondere Herausforderung, oder?

Thomas Strobl: Die Innere Sicherheit ist und bleibt ein enorm wichtiges Thema: Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Deshalb freue ich mich darüber, als Innenminister wie auch als Vorsitzender der Innenministerkonferenz für die Sicherheit der Menschen arbeiten zu dürfen. In unseren Konferenzen in Rust und in Stuttgart werden wir zwei besondere Schwerpunktthemen besprechen: Die Bekämpfung von Cybercrime und von grenzüberschreitender Kriminalität sind große Herausforderungen der Zukunft. Umso wichtiger ist eine effektive und gut funktionierende Zusammenarbeit von Bundesbehörden, Ländern und den Sicherheitsorganen in Nachbarstaaten.

 

Apropos neues Amt. Zwei Wochen liegt nun die Wahl des neuen Vorsitzenden zurück. Armin Laschet hat inzwischen mit Blick auf die Bundestagswahl für die Union ein Ziel von 35 Prozent plus X ausgegeben. Eine ausreichend ambitionierte Vorgabe aus ihrer Sicht?

Strobl: Wenn wir uns einmal zurückerinnern: Vor einem Jahr haben wir in der CDU Deutschlands noch davon geträumt, als Union eine stabile 3 vorne stehen zu haben. Seitdem haben wir deutlich zugelegt in der Wählergunst. Insofern sind die 35 Prozent ein ordentliches Ziel und wir bleiben demütig –  freilich freue ich mich, wenn sich am Wahltag noch mehr Wählerinnen und Wähler für die CDU entscheiden, insofern können Sie das „plus X“ ja großzügig interpretieren. 

 

Die Rufe, den Wirtschaftsflügel stärker einzubinden in Partei und in der Regierungspolitik, sind nicht leiser geworden. Wie schafft es die CDU, den Zusammenhalt zu organisieren, und welche Rolle kann Friedrich Merz spielen?

Strobl: Nach unserem erfolgreichen digitalen Parteitag ist Armin Laschet in der Briefwahl mit einem sehr guten Ergebnis klar gestärkt worden. Ich arbeite seit Jahren eng und vertrauensvoll mit ihm zusammen und weiß persönlich, dass er alles daran setzen wird, die CDU zusammenzuhalten, mit all ihren Facetten und Strömungen. Dazu gehört natürlich eine Wirtschaftskompetenz, wie sie Friedrich Merz personifiziert. Wir können und wollen auf ihn und seinen Sachverstand nicht verzichten. Ich bin sehr dafür, ihn einzubeziehen. Das sieht auch Armin Laschet exakt genauso. Für die Wirtschaftskompetenz der CDU stehen natürlich auch andere, etwa wir Christdemokraten in Baden-Württemberg. Wir werden schon darauf achten, als starkes Land mit unseren vielen Mittelständlern, Familienbetrieben oder Handwerkern, dass die Wirtschaftsinteressen in der CDU Deutschlands stark vertreten sind. Das haben wir bisher so gemacht, das machen wir künftig so.

 

Die ökonomischen Belastungen dieser Krise sind enorm ...

Strobl: Die Pandemie hat bereits und wird noch tiefe Spuren in der Wirtschaft hinterlassen. Wir sind inmitten der tiefsten Krise seit Bestehen der Republik. Es kommt also darauf an, dass wir schnell und kräftig aus dieser Krise herauskommen. Voraussetzung dafür ist eine florierende Wirtschaft. Im Wirtschaftsland Deutschland und im Exportland Baden-Württemberg geht es darum, dass wir Weichen richtig stellen. Dafür haben wir in der CDU die besten Ideen und das beste Programm. 

 

Das heißt in der tatsächlichen Umsetzung?

Strobl: Dazu gehört beispielsweise, dass wir nur so viel Geld ausgeben wie wir einnehmen. Stichwort Schuldenbremse, eine Erfindung aus dem Südwesten. Gottseidank ist sie in den letzten Jahren auch im Bund eingehalten worden, dies hilft uns nun bei der Krisenbewältigung. Andere Staaten haben es schwerer. Es bedeutet aber im Umkehrschluss, dass wir so schnell wie möglich zu einem soliden und sparsamen Kurs zurückkehren sollten. Das heißt konkret: Die Schuldenbremse bleibt in der Verfassung. Und Schulden lassen sich im Übrigen nur mit Hilfe einer kräftigen Konjunktur zurückzahlen. Und dazu gehört auch, dass wir Innovationen fördern – Stichwort Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, pilotiertes Fahren, Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe. Und dass wir jungen Unternehmen nicht gleich einen schweren Rucksack aufsetzen, sondern ihnen Freiräume schaffen und sie unterstützen.

 

Und wie positionieren Sie sich in der Debatte um Steuererhöhungen?

Strobl: Mit einem klaren Nein. Steuererhöhungen wären Gift für die Erholung unserer Wirtschaft. Es darf keine neuen Belastungen geben. Wenn in anderen Parteien Steuererhöhungspläne durch die Köpfe schwirren, erteilen wir solchen Plänen eine klare Absage. Im Übrigen kann man mehr Steuern dann einnehmen, wenn die Wirtschaft brummt. Das ist wesentlich klüger als die Steuern zu erhöhen und damit Wirtschaft, Investitionen und Innovationen zu bremsen.

 

Sie sprachen den Zusammenhalt in der CDU an. Wie steht es um den Zusammenhalt in der Gesamtgesellschaft? Wie lange hält die Gemeinschaft diesen Ausnahmezustand aus? 

Strobl: Wir haben leider auch schon vor Corona gesehen, dass es immer schwieriger wird, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu wahren. Denken Sie nur an die vielen Filterblasen in den sozialen Medien, die eine Art Parallelwelt schaffen, in der nur noch die eigene Meinung zählt. Mit Corona sind bestimmte Fliehkräfte noch einmal stärker geworden. Da wieder eine gemeinsame Basis zu schaffen, ist die große Herausforderung für das neue Jahrzehnt. Ich glaube, dass es Armin Laschet gut gelingen wird, als Mann der Mitte zur Mitte hin zu integrieren. Das ist eine seiner großen Stärken.

 

Also wäre er auch der richtige Kanzlerkandidat?

Strobl: Diese Debatte führen wir jetzt nicht. Alles hat seine Zeit. Die Frage der Kanzlerkandidatur müssen wir bis Ostern, spätestens freilich Pfingsten entscheiden. Und das werden CDU und CSU gut zusammen machen.

 

Zurück zur Innenministerkonferenz IMK. Am 1. Februar übernehmen Sie das Amt von Ihrem Thüringer Amtskollegen Georg Maier (SPD). Was ist Ihre Agenda für die IMK? 

Strobl: Es stehen zwei große Konferenzen an. Im Sommer werden sich die Innenminister von Bund und Ländern in Rust treffen, wo wir uns der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Themen der Sicherheit zuwenden. Europa ist unsere Zukunft, Schengen ist eine der großen europäischen Errungenschaften. Der erste Lockdown mit den Grenzschließungen im Frühjahr hat gezeigt, wie schmerzlich es ist, wenn Handel mit den Nachbarn und Reisen erschwert oder nicht mehr möglich sind. Auf der anderen Seite ist ein Europa ohne Binnengrenzkontrollen ein einheitlicher Raum, in dem sich Kriminelle ungehindert bewegen können. Die Frage wird sein: Wie können wir grenzüberschreitende Kooperationen vertiefen? In Baden-Württemberg sind wir Pioniere, deutsche und französische Polizisten gehen auf Streife, wir haben sogar eine gemeinsame Wasserschutzpolizei. Auch in anderen Ländern mit Grenzen zu Nachbarstaaten gibt es Kooperationen. Schwerpunkte beim Thema grenzüberschreitende Kriminalität werden das Vorgehen gegen Wohnungseinbruchdiebstahl und Rauschgifthandel sein.

 

In Zeiten der Pandemie verlagert sich Kriminalität immer mehr in die digitale Welt, sagte vor kurzem BKA-Präsident Holger Münch unserer Redaktion. Sie haben Cybercrime zum Hauptthema der zweiten Konferenz auserkoren . . .

Strobl: Je mehr wir digitalisieren, je angreifbarer werden wir. Alleine durch digitale Erpressung entsteht ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe. Das Netz kennt keine Ländergrenzen. Gerade wir Deutschen haben viel zu verlieren, wenn Kriminelle versuchen, das Knowhow unserer Weltmarktführer abzufischen. Cybercrime, Cybersabotage, Cyberspionage - das sind die entscheidenden sicherheitspolitischen Herausforderungen zu Beginn der 20er Jahr. Wir müssen uns in der digitalen Welt besser schützen.

 

Viele neue und komplizierte Aufgaben kommen also auf die Ermittler zu, die ohnehin in der Pandemie besonders gefordert sind.

Strobl: Die Polizei leistet in dieser Krise Außerordentliches. Neben ihren normalen Aufgaben der Kriminalitätsbekämpfung hilft sie dabei, dass das Virus nicht noch weiter um sich greift, indem sie beispielsweise die Einhaltung der Infektionsschutz-Regeln kontrolliert. Unsere Polizei beweist täglich auch einen guten Umgang mit Coronaleugnern und jenen, die sich den Regeln widersetzen. Und wenn die Sicherheitslage sich ändert, passt die Polizei lage- und situationsbedingt ihre Arbeit an. Dafür verdienen unsere Polizistinnen und Polizisten übrigens höchste Anerkennung und unser aller Dankbarkeit. 

 

Zur Person

Thomas Strobl, geboren am 17. März 1960 in Heilbronn, ist seit 2011 Landesvorsitzender der CDU in Baden-Württemberg und seit Dezember 2012 einer von fünf stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Deutschlands. Der Heilbronner ist Landesinnenminister und stellvertretender Ministerpräsident. In diesem Jahr hat er der Vorsitz der deutschen Innenministerkonferenz übernommen.

 

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