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Umstrittene Flüchtlingsunterkunft in Ludwigsburg steht auf dem Prüfstand

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Das Justizministerium hat eine Machbarkeitsstudie für die umstrittene Landeserstaufnahmeeinrichtung in Auftrag gegeben, die bei Ludwigsburg, Tamm und Asperg entstehen soll.

Die Wiese Schanzacker liegt zwischen Ludwigsburg, Tamm und Asperg. Die Fläche gehört dem Land Baden-Württemberg.
Foto: Theresa Heil
Die Wiese Schanzacker liegt zwischen Ludwigsburg, Tamm und Asperg. Die Fläche gehört dem Land Baden-Württemberg. Foto: Theresa Heil  Foto: Theresa Heil

Der Landkreis Ludwigsburg ist eines der am dichtesten besiedelten Gebiete Baden-Württembergs. Mitten im Ballungsraum der Stadt Ludwigsburg und der angrenzenden Gemeinden Asperg und Tamm liegt die Grünfläche Schanzacker.

Im Februar wurde bekannt, dass das Land Baden-Württemberg diese als möglichen Standort für eine neue Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) für Flüchtlinge in Betracht zieht. Denn die Lea in Ellwangen soll Ende 2025 schließen. Das Grundstück Schanzacker liegt auf Ludwigsburger Gemarkung und gehört dem Land. Bei den Gemeinden Asperg und Tamm stoßen die Pläne auf Protest.

Viele Gründe sprechen gegen den Standort

Für Christian Eiberger (parteilos) ist die Pflicht seiner Kommune klar: Menschen helfen, die in Deutschland Schutz suchen. Dennoch ist der Bürgermeister von Asperg strikt gegen eine Lea auf dem Schanzacker. "Ich erachte diesen Standort schlichtweg als falsch."

Für diese Ansicht hat er mehrere Gründe. Es gebe dort keinen Anschluss an Ludwigsburg, das Gebiet liege "mitten im Nirgendwo". Die dort untergebrachten Flüchtlinge müssten die Infrastruktur der angrenzenden Kommunen Asperg und Tamm nutzen. In dem ohnehin dicht besiedelten Gebiet sei man froh über die Wiese, da es ansonsten kaum Erholungsflächen gebe.

Der Schanzacker sei "umgeben von Landschaftsschutzgebiet", argumentiert auch Martin Bernhard, Bürgermeister von Tamm (parteilos). Eine solche Einrichtung mache "an dieser Stelle keinen Sinn", betont er. Die Fläche sei wichtig als Frischluftschneise und zur Sicherung des Wasservorkommens. Er findet es unverständlich, dass eine grün-geführte Landesregierung die Wiese versiegeln möchte. Für Bernhard sind auch die Kosten für die Erschließung und Errichtung ein Argument: "Wir rechnen mit einem dreistelligen Millionenbetrag." Dass rund Tausend Geflüchtete in der Lea untergebracht werden sollen, würde zudem "nicht zum Sicherheitsgefühl" der Anwohner beitragen, befürchtet Bernhard. Eiberger teilt diese Bedenken und betont, diese seien von der "Nationalität unabhängig". Die Menschen seien in einer Lea nicht optimal untergebracht und daraus ergebe sich Konfliktpotenzial.

Bürgermeister fordert Lea-Privileg für alle drei Kommunen

Aktuell nehmen die Kommunen im Rahmen der Anschlussunterbringung Geflüchtete auf. Dies geschieht mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher. Eine Lea könnte dieses System überlasten, befürchtet Bürgermeister Eiberger. "Schaffen wir das? Kriegen wir die Leute integriert?", fragt er sich. Zwar gibt es das Lea-Privileg, welches besagt, dass die Standortkommune keine oder weniger Geflüchtete über die Anschlussunterbringung aufnehmen muss. Das träfe aber nur auf Ludwigsburg zu, gibt Bernhard zu bedenken, da die Fläche auf der Gemarkung dieser Gemeinde liegt. Wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, hat der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht schon Mitte Februar gefordert, dass dieses Privileg für alle drei Gemeinden gelten müsse.

Land hat Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben

Bei einer Großdemonstration in Tamm Ende März protestierten etwa Tausend Menschen gegen den Schanzacker als Lea-Standort. Mit der Bürgerinitiative "Gemeinsam gegen Lea Tamm-Asperg" steht das Rathaus im Austausch. Kürzlich drohte Ministerpräsident Winfried Kretschmann damit, den Bau von Leas auch gegen den Willen der Kommunen durchzusetzen. Für Bernhard wäre dies der "falsche Weg". Schon in der Vergangenheit habe sich die Kommune gegen eine Erschließung der Fläche gewehrt.

Das Land strebe ein Einverständnis mit der Standortkommune an, erklärte ein Sprecher des von Marion Gentges (CDU) geführten Ministeriums für Justiz und Migration. Dieses hat nun eine Machbarkeitsstudie für das Grundstück Schanzacker in Auftrag gegeben. Dabei handele es sich um eine "ergebnisoffene Prüfung". Geprüft werden etwa das Planungs- und Baurecht, der Umwelt- und Naturschutz und die Erschließungsmöglichkeiten. Zum zeitlichen Ablauf könne noch keine Aussage getroffen werden. Martin Bernhard rechnet mit einem Ergebnis vor der Sommerpause.

Was ist eigentlich eine Lea?

Flüchtlinge unterzubringen und zu betreuen ist in Deutschland Aufgabe der Länder. Über das Asylgesetz ist geregelt, wie die Menschen auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden. Diese betreiben sogenannte Landeserstaufnahmeeinrichtungen (Leas). Darin werden die Menschen registriert, gesundheitlich untersucht und ihre Asylanträge werden angenommen. Baden-Württemberg hat derzeit Leas in Ellwangen, Freiburg, Karlsruhe und Sigmaringen. In Heidelberg steht zudem ein zentrales Ankunftszentrum, das im Grunde die gleiche Funktion hat.

Einem Bericht der "Stuttgarter Zeitung" zufolge gibt es von Menschenrechtlern Kritik am System der Leas. Darin würden die Grundrechte der Bewohner zu sehr eingeschränkt. Beispielsweise dürften sie den Landkreis nicht verlassen. Im Rahmen der Anschlussunterbringung werden die Geflüchteten von den Leas aus auf die einzelnen Städte und Gemeinden verteilt.

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