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Datenschutzbeauftragter Stefan Brink fordert Tempo bei Informationsfreigabe

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Verwaltungen sollen für Bürger relevante Informationen frei zugänglich im Internet veröffentlichen, fordert Dr. Stefan Brink, Beauftragter für den Datenschutz des Landes. Das hätte auch Vorteile für Verwaltungen.

Bislang herrscht ein großer Vorbehalt von Beamten gegen die Informationsfreiheit, sagt Baden-Württembergs Landesdatenschutzbeauftragter Stefan Brink.
Bislang herrscht ein großer Vorbehalt von Beamten gegen die Informationsfreiheit, sagt Baden-Württembergs Landesdatenschutzbeauftragter Stefan Brink.  Foto: Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

Für was braucht es ein Transparenzgesetz?

Stefan Brink: Damit Informationen, die ja bereits in der Verwaltung vorliegen, besser geteilt werden können als bislang. Viele Menschen gehen ja davon aus, dass solche Informationen nur den Verwaltungen selbst zustehen.


Welchen Vorteil hätte es für Bürger?

Brink: Bislang müssen sich Bürger an bestimmte Stellen wenden und einen Antrag stellen, um eine Information zu bekommen. Das kann mit Kosten verbunden sein. Beim Transparenzgesetz hingegen stehen die Informationen in einem Portal zu Verfügung. Dort kann jeder Bürger die Informationen schnell, anonym und kostenfrei abrufen.

 

Baden-Württembergs Landesdatenschutzbeauftragter Stefan Brink. 
Foto: dpa
Baden-Württembergs Landesdatenschutzbeauftragter Stefan Brink. Foto: dpa  Foto: KRISTINA SCHAEFER .0177/6882883

Und für Behörden?

Brink: Bislang herrscht ein großer Vorbehalt von Beamten gegen die Informationsfreiheit. Interessant ist jedoch, dass mit die häufigsten Nutzer Behörden-Mitarbeiter selbst sind. Sie kommen soviel schneller an Informationen als bisher. Das Transparenzgesetz bietet enorme Vorteile für alle Beteiligten.


Was sollte veröffentlicht werden?

Brink: Das größte Interesse kommt aus dem räumlichen Umfeld. Menschen möchten wissen: Was passiert vor meiner Haustüre? Wieso wurde die Buslinie verlegt? Welche Bücher kann ich in der Gemeindebibliothek ausleihen? Für Mitglieder von Bürgerinitiativen könnte ein Gutachten zur Standfestigkeit eines bestimmten Bauwerks interessant sein. Die meisten Zugriffe des Transparenzportals Hamburg hat das Baumkataster: Was stehen für Bäume in meiner Straße? Wer Interesse an politischen Informationen hat, kann sich Bebauungspläne oder Haushaltspläne anschauen. Das sind Informationen, die Bürgern zustehen und die der Staat auch hat.


Wo liegen die Grenzen, was darf nicht veröffentlicht werden?

Brink: Es gibt bestimmte Schutzgründe, warum ausnahmsweise der Informationszugang verwehrt werden kann, etwa aus Sicherheitsgründen. Die Polizei wird nicht vorab über Pläne für eine Razzia berichten, sondern danach. Auch Datenschutzgründe können entgegenstehen, etwa darf ein Sozialhilfebescheid nur mit Einverständnis des Betroffenen herausgegeben werden. Auch kann der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorgehen – mit Transparenz soll ja kein Schaden angerichtet werden.


Weshalb brauchte es Ihren Vorstoß?

Brink: Seitens des Innenministeriums hieß es, dass alles auf einem guten Weg sei, aber noch dauere – zunächst sollten die Schwächen des alten Gesetzes genau analysiert werden. Ich habe mich gefragt: Wann kommt denn das Transparenzgesetz dann? Es drohte aber die Gefahr, dass das Innenministerium in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr zu Potte kommt.


Das Transparenzgesetz ist Teil des grün-schwarzen Koalitionsvertrags. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass es in dieser Legislaturperiode kommt?

Brink: Wenn es nicht kommen sollte, wäre das ein herber Rückschlag, denn Baden-Württemberg kann das eigentlich. Sehr viele Menschen plädieren dafür. Auf Bundesebene gibt es einen Entwurf, es steckt also sehr viel Energie in dem Bereich. Die Frage ist deshalb: Wie schnell passiert das Ganze?


Können Sie erklären, weshalb der Sprecher des Gemeindetags das Transparenzgesetz kategorisch ablehnt? Ein Grund sei, dass die Behörden derzeit überlastet seien.

Brink: Ich kann es nicht wirklich erklären. Die Kommunen in Baden-Württemberg sind eigentlich sehr bürgerfreundlich und wollen auch digital erfolgreich unterwegs sein. Das Transparenzgesetz steht für Bürgernähe und für digitale Verwaltung. Ich gehe davon aus, dass über den Weg vom Informationsfreiheitsgesetz hin zum Transparenzgesetz noch nicht ausreichend informiert wurde. Das Transparenzgesetz bringt eine enorme Arbeitsentlastung für die Behörden-Mitarbeiter, auch darüber müssen wir reden.


Sie hören Ende 2022 auf und gehen nach Berlin. Was machen Sie dort?

Brink: Ich kümmere mich auch dort um Digitalisierung. Es geht mir darum, wie wir künftig mit unseren Daten umgehen. Datenschutz und Digitalisierung gehören zusammen, funktionieren nur zusammen und müssen gemeinsam gestaltet werden. Daran will ich mitwirken.


Welchen Anteil an der Entscheidung hat Innenminister Thomas Strobl? Das Verhältnis zwischen ihnen soll angespannt sein.

Brink: An meiner Entscheidung hat er keinen Anteil. Wir haben über die vergangenen sechs Jahre meistens gut zusammengearbeitet. Dass Datenschützer und Innenminister sich nicht immer auf einer Linie begegnen, liegt in der Natur der Sache.



Stefan Brink wurde am 1. Dezember 2016 mit der Mehrheit der Stimmen im Landtag zum Beauftragten für den Datenschutz des Landes Baden-Württemberg gewählt. Seit Januar 2017 ist er Baden-Württembergs oberster Datenschützer. Die Abteilung ist von anfangs 35 auf 80 Mitarbeiter angewachsen. Unlängst hat er die Weitergabe eines Schreibens vom Anwalt des ehemaligen Inspekteurs der Polizei, das an das Innenministerium adressiert war und das Thomas Strobl an einen Journalisten weitergeleitet hat, als rechtswidrig bezeichnet. Ende des Jahres hört Brink als oberster Datenschützer auf. Der 56-Jährige wurde in Kaiserslautern geboren, studierte in Heidelberg und ist Verwaltungs- und Verfassungsjurist. Der begeisterte Tennisspieler ist verheiratet und hat drei Töchter.

 

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