Endlich wieder auf den Wasen
Das Frühlingsfest in Stuttgart lockt die Besucher nach langer Corona-Pause auf den Wasen in Bad Cannstatt. Festzelte oder Partymusik gibt es in diesem Jahr aber nicht, daher zieht es vor allem Familien auf das Festgelände.

Es fühlt sich fast an wie immer - dabei gab es auf dem Cannstatter Wasen zum letzten Mal im Herbst 2019 ein große Volksfest. Seitdem kamen auf das 25 Hektar große Areal, direkt am Neckar gelegen, keine Menschenscharen mehr, um sich auf der Kirmes bei Bier, herzhaftem Essen und in Trachten gekleidet zu amüsieren. Corona hat auch den größten Festen des Landes im wahrsten Sinne des Wortes einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Lange Pandemiepause
Mit dem Stuttgarter Frühlingsfest, dem kleinen Bruder des Cannstatter Volksfestes im Herbst, legen die Veranstalter nach der langen Pandemiepause nun einen Neustart hin. Wobei nur auf den ersten Blick alles so zu sein scheint wie früher. So wird auf die Festzelte von Göckelesmaier oder Grandl verzichtet.
Dies hat nach Angaben des Veranstalters einen praktischen und moralischen Grund. "Bis Mitte Januar mussten die Festwirte Bescheid wissen, ob sie ihr Komplettprogramm machen können. Das konnten wird damals nicht garantieren", erklärt Andreas Kroll von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. Frühzeitige Planungen waren wegen der Pandemie nicht möglich, was das Aus für die Zelte bedeutete.
Keine ausgelassene Partystimmung
Dazu, so heißt es, sei es wegen des Krieges in der Ukraine nicht angemessen, ausgelassen zu feiern. Daher ist auf dem Areal keine Partymusik zu hören. Auch die Maß - das Symbol von Volksfesten in Süddeutschland - gibt es nicht zu kaufen. Bier wird natürlich trotzdem zur Genüge verkauft - in kleineren Gläsern. Ausgeschenkt wird nur im Freien an den Essensständen, an denen eine Biergarten-Atmosphäre herrscht. Unter dem Strich haben die ganzen Rahmenbedingungen dazu geführt, dass aus dem Frühlingsfest ein Rummel vor allem für Familien geworden ist.
Gutes Wetter lockte bislang Besucher an
Das schöne Wetter seit dem Beginn des Festes am vergangenen Samstag und wohl auch die Sehnsucht der Menschen nach Großveranstaltungen haben dazu geführt, dass der Andrang bislang riesig ist. Alleine an den ersten drei Festtagen seien es rund 200.000 Besucher gewesen, heißt es beim Veranstalter.
Noch bis zum 8. Mai geht das Frühlingsfest. Ob bis dahin - trotz des Fehlens der Zelte - die Marke von 2019 mit rund 1,2 Millionen Besuchern überschritten werden kann, ist eher fraglich. Dies liegt auch daran, dass das Fest in den nächsten beiden Wochen an den erfahrungsgemäß besucherschwachen Montagen und Dienstagen geschlossen bleibt - ebenfalls ein Novum.
Kaum noch Masken
Beim Gang über das Gelände herrscht jedenfalls Trubel und dichtes Gedränge. Vor allem am Familientag am Mittwoch in den Osterferien gibt es nur schwer ein Durchkommen. Die Menschen genießen die Freiheit, Corona ist weit weg. "Es gibt kaum noch Masken. Die Menschen sind glücklich. Schützen kann sich jeder selbst", sagt Kroll.
Masken sind allenfalls bei Besuchern höheren Alters zu sehen. "Ich habe sie aufgezogen. Hier ist es so voll, dass ich mich ohne Maske einfach unwohl fühle", sagt dann auch eine ältere Besucherin. Die beiden Frauen neben ihr, mit denen sie heute unterwegs ist, sehen das jedoch anders. Sie genießen das Bad in der Menge ohne Stofffetzen im Gesicht, genauso wie die überwiegend jugendlichen Besucher am späten Nachmittag.
Über 230 Schausteller dabei
Über 230 Schausteller sind auf dem Festgelände. Da die großen Zelte fehlen, hat der Platz für Fahrbetriebe wie die Geisterbahn, die legendäre Wilde Maus oder für den Freifallturm zugenommen.
Verband klagt über große Probleme
Beim Schaustellerverband Südwest, von dessen rund 150 Mitgliedern in Baden-Württemberg 120 auf dem Frühlingsfest vertreten sind, ist man jedenfalls erleichtert darüber, dass die lange Fest-Abstinenz nun endlich endet. Bei den Betrieben hat die Pandemie tiefe Spuren hinterlassen. "Viele Betreiber von Fahrgeschäfte überlegen sich, ob sie aufgeben und allenfalls noch eine Fressbude betreiben. In der Branche findet gerade ein großer Strukturwandel statt", sagt Mark Roschmann, Vorsitzender des Schaustellverbands Südwest. Den Betrieben seien zudem die Mitarbeiter während der Pandemie weggelaufen. "Die Personalnot ist für die Schausteller ein großes Thema", sagt er. Die größte Furcht sei aber, dass im Herbst die nächste Corona-Welle wieder alles stilllegt.
Wissenswertes
Das Frühlingsfest geht noch bis zum 8. Mai. An den Wochentagen ist ab 14 Uhr geöffnet, an den Wochenenden ab 12 Uhr. An den Montagen und Dienstagen am 25. und 26 April sowie am 2. und 3. Mai ist das Fest geschlossen. Auf dem gesamten Areal sind rund 800 Personen beschäftigt. Nach Angaben des Veranstalters ist das Frühlingsfest wirtschaftlich wichtig für die ganze Stadt Stuttgart, weil auch Handel, Dienstleistungen oder Hotellerie von den Besuchern profitieren würden. Ökonomisch deutlich bedeutsamer und besucherstärker ist jedoch das Volksfest im Herbst.