Die meisten Corona-Ansteckungen erfolgen privat
Aktuelle Zahlen des Landesgesundheitsamts zeigen: Die Gastro-Branche spielt bei den nachverfolgbaren Corona-Infektionen eine geringe Rolle. Die Gefahr einer Ansteckung ist viel höher im privaten Bereich, in Alten- und Pflegeheimen sowie bei der Arbeit. Doch die Statistik hat ihre Tücken.
Der Ärger über den am Montag beginnenden neuerlichen Teil-Lockdown ist in den betroffenen Branchen groß. Vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe sieht sich zu Unrecht von der Politik zur Schließung ihrer Betriebe verdonnert. Schließlich habe man viel Geld und Arbeit in die Umsetzung von Hygienekonzepten investiert, um Gaststätten, Cafés und Hotels auch in Corona-Zeiten offen halten zu können, betont der Branchenverband Dehoga. Es gebe keine Belege dafür, dass die Gastronomie für das Infektionsgeschehen verantwortlich sei, "unsere Hygienekonzepte funktionieren", sagt der baden-württembergische Dehoga-Vorsitzende Fritz Engelhardt.
21,3 Prozent der Infektionen lassen sich zurückverfolgen
Stützen kann sich die Branche bei ihrer Argumentation auf aktuelle Zahlen, die zeigen, dass der Gastro- und Hotelbereich bisher nicht zu den wesentlichen Infektionstreibern im Land gehören. Das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg hat für die Kalenderwochen 41 bis 44 erhoben, wo sich die Menschen im Land mit dem Coronavirus angesteckt haben. Das ist natürlich nur bei den zurückverfolgbaren Fällen möglich. Im genannten Zeitraum waren dies 5127 von 24.122 Infektionen - das entspricht einem Anteil von exakt 21,3 Prozent.
Aus dieser Statistik geht klar hervor, dass sich die meisten Menschen im privaten Umfeld mit dem Coronavirus anstecken. In allen vier untersuchten Wochen lag der Anteil höher als 30 Prozent. Es hat sich also knapp jeder dritte zurückverfolgbare an Sars-Cov-2 Erkrankte im Land in einem privaten Haushalt angesteckt. Vergleichsweise groß ist diese Gefahr auch in Alten- oder Pflegeheimen, wenngleich der Anteil hier deutlich schwankt. Waren es in der Meldewoche 41 nur 6,6 Prozent der Erkrankten, stieg der Anteil in den folgenden Wochen an und lag in der Meldewoche 44 bei 27,2 Prozent.
Auch in Vereinen gibt es recht viele Infektionen
Viele der Corona-Infektionen, die zugeordnet werden können, erfolgen am Arbeitsplatz. Im der Meldewoche 41 waren es 9,1 Prozent, in der Woche 42 sank der Anteil auf 4,2 Prozent, um danach auf 9,7 Prozent (Woche 43) und 14,8 Prozent (Woche 44) zu steigen. Auch in Vereinen gibt es vergleichsweise viele Infektionen - hier variiert der Anteil im genannten Zeitraum zwischen 25 Prozent und 10,7 Prozent.
Das Hotel- und Gaststättengewerbe spielt für das Infektionsgeschehen im Land nach dieser Statistik so gut wie keine Rolle. In Restaurants und Gaststätten lag der Anteil in der Meldewoche 41 bei 1,3 Prozent und in der Folgewoche bei 0,1 Prozent. In den Wochen 43 und 44 waren es sogar null Prozent. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Speisestätten. Bei den Übernachtungsbetrieben lag der Anteil der am Coronavirus Erkrankten zuletzt bei 2,5 Prozent, vorher lag er bei 1,0 (Woche 43), 0,3 Prozent (Woche 42) und null Prozent (Woche 41).
RKI-Zahlen stützen den Befund aus Baden-Württemberg
Auch das Robert-Koch-Institut legte am 20. Oktober bundesweite Zahlen vor, die den Befund aus Baden-Württemberg stützen. Das Problem ist allerdings, dass sich immer weniger Infektionen zurückverfolgen lassen, weil die Gesundheitsämter überlastet sind. Es ist also durchaus möglich, dass in Kneipen, Restaurants oder Hotels Infektions-Hotspots entstehen, die nicht bekannt werden. Zumal einige Gastrobetriebe die Registrierungspflicht ihrer Gäste nicht sehr ernst nehmen.
Gleichwohl sind die Appelle der Politiker und Experten an die Bürger, die privaten Kontakte zu beschränken, nachvollziehbar. Ein Großteil der Corona-Infektionen geht auf private Feiern zurück. Und auch hier dürfte es eine beachtliche Dunkelziffer geben.


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