1500 Ermittlungen und Anzeigen zu Stuttgart 21
Stuttgart - Die Proteste um Stuttgart 21 halten auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft in Atem: Fast 1500 Anzeigen und Ermittlungsverfahren wurden bisher gezählt, teilte Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler am Dienstag in Stuttgart mit. Zu den Auseinandersetzungen am sogenannten »Schwarzen Donnerstag« gingen immer noch Anzeigen ein.
Am 30. September 2010 hatte die Polizei Hunderte Demonstranten im Stuttgarter Schlossgarten verletzt. Auch einige Dutzend Polizisten hatten Verletzungen davongetragen.
Um die Vorgänge am „schwarzen Donnerstag“ aufzuklären, würden sich die Ermittler durch Hunderte von Einsatzprotokollen, Funkdurchsagen und Videoclips arbeiten. 160 Menschen wurden vernommen.
Dafür, dass Polizisten mit den Wasserwerfern gezielt Demonstranten aus den Bäumen geschossen haben sollen, gebe es derzeit keine Anhaltspunkt. Auch dass Polizisten als Demonstranten „verkleidet“ die Auseinandersetzung angeheizt hätten, hält Häußler für unwahrscheinlich. Zum Einsatz von Pfefferspray liefen Ermittlungsverfahren, zum Einsatz der Wasserwerfer müssten noch fachliche Fragen geklärt werden.
Gegen zahlreiche Demonstranten werde zudem wegen der Blockade des Bahnhof-Nordflügels, Behinderung von Bauarbeiten und anderer Verstöße ermittelt. „Diese Art der Vehemenz ist für uns auch etwas Neues“, sagte der Oberstaatsanwalt. Die Beschuldigten seien sehr unterschiedliche Menschen, die meisten seien nicht vorbestraft. Durch die Fülle der Anzeigen habe die Staatsanwaltschaft derzeit alle Hände voll zu tun. Deshalb wollte sich Häußler auch nicht festlegen, wann eine erste Bilanz gezogen werden könne. „Die Ermittlungen laufen aber parallel und werden auch zu Ergebnissen führen.“
Etwas Entlastung gab es für die Staatsanwaltschaft Stuttgart im vergangenen Jahr, weil die Zahl der neuen Verfahren 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 Prozent auf 174 658 sank, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Siegfried Mahler mit. 14 000 Verfahren bleiben offen, 11 Prozent weniger als 2009. Die Kapitaldelikte wie Mord und Totschlag sind allerdings von 125 auf 129 (+3,2 Prozent) gestiegen. Gegen 33 570 Menschen (-7,8 Prozent) wurden Haft-, Bewährungs- oder Geldstrafen verhängt. 31 Prozent der Verfahren wurden eingestellt. lsw