Influencer in Baden-Württemberg im Visier der Steuerfahndung – Prüfungen laufen
In Nordrhein-Westfalen sollen Influencer den Staat um 300 Millionen Euro betrogen haben. Auch in Baden-Württemberg ist die Steuerfahndung aktiv. Eine Expertin mahnt: Es herrscht viel Unwissenheit.
Influencer sollen den Staat um 300 Millionen Euro betrogen haben – und das allein in Nordrhein-Westfalen. Die Steuerfahndung nimmt Content Creator verstärkt ins Visier, es gibt erste Ermittlungen in NRW und auch in Sachsen-Anhalt. Nun bestätigt das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg auf Stimme-Nachfrage: Auch hier ist die Steuerfahndung aktiv.
Steuerfahndung prüft Influencer in Baden-Württemberg: Finanzministerium äußert sich
Wie Sebastian Engelmann, Sprecher des Finanzministeriums, der Heilbronner Stimme mitteilt, würde die Sondereinheit für Steueraufsicht „in diesem Bereich gerade“ prüfen. Noch würden keine Ergebnisse vorliegen. Seit wann die Überprüfung der Influencer durch die Steuerfahndung Baden-Württemberg konkret läuft und wie viele bisher betroffen sind, beantwortet Engelmann nicht. Die Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen seien jedoch nicht der Auslöser gewesen. Die Heilbronner Stimme hat mehrere Influencer aus der Region und Baden-Württemberg zu diesem Themenkomplex angefragt. Äußern wollte sich bislang niemand.
Influencer oder Content Creator sind auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Tiktok präsent. Sie geben Einblicke in ihren Alltag, testen und bewerben oft Produkte, Lebensmittel oder Restaurants. Nicht immer läuft das sauber ab: Allein in Nordrhein-Westfalen sollen Influencer den Staat um rund 300 Millionen Euro betrogen haben. Das dortige Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität analysiert mehreren Berichten zufolge derzeit ein Paket mit 6000 Datensätzen. Hieraus solle sich der mutmaßliche Millionen-Schaden ergeben.
Das Landesamt teilte der Deutschen Presse-Agentur mit: „Ziel der Ermittlungen sind professionelle Influencer, die ihre steuerlichen Pflichten mit hoher krimineller Energie umgehen.“ Es sei keine Seltenheit, dass ein Content-Creator monatlich mehrere zehntausend Euro verdiene, aber nicht einmal eine Steuernummer habe, heißt es weiter.
Steuerfahndung Baden-Württemberg prüft Influencer-Accounts mit Analysetools
Wie Engelmann, Sprecher des Finanzministeriums Baden-Württemberg, auf Stimme-Nachfrage mitteilt, gebe es bei den Prüfungen der hiesigen Sondereinheit für Steueraufsicht „keine festen Größen wie beispielsweise die Zahl der Follower“. Insgesamt würden laut Engelmann, Stand Frühjahr 2025, etwa 375 Personen in der Steuerfahndung Baden-Württemberg arbeiten. Wie viele davon Influencer prüfen, gibt Engelmann nicht bekannt.
Die Finanzämter Baden-Württemberg würden laut Engelmann zunächst die „Aktivitäten auf den verschiedenen Plattformen“ prüfen. Hierfür würden Analysetools oder Auskunftsersuchen genutzt. „Der betriebene Ermittlungsaufwand richtet sich unter anderem auch an der Höhe der möglichen Steuermehreinnahmen aus“, erklärt der Sprecher weiter.
Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren werde jedoch erst eingeleitet, wenn „konkrete tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass ein Influencer beispielswiese seine Einnahmen vorsätzlich nicht erklärt hat“. Aus ermittlungstaktischen Gründen will das Finanzministerium hierzu nicht ins Detail gehen.
Tübinger Steuerkanzlei hat Influencer als Klienten – und rät bei Fehlern zur Selbstanzeige
Doch steckt hinter dem Steuerbetrug von Influencern tatsächlich immer kriminelle Energie? Diana Schmid glaubt nicht daran, wie sie auf Stimme-Nachfrage sagt. Die Steuerberaterin ist Teil der Tübinger Kanzlei „Steuerdigital“, die sich unter anderem auf die Beratung von Influencern spezialisiert hat. Zu ihrem Klientenstamm gehören Content Creator aus Baden-Württemberg und dem gesamten Bundesgebiet.
„Es herrscht in diesem Bereich immer noch unglaublich viel Unwissenheit“, erklärt Schmid. Unter anderem würden Informationsmöglichkeiten für Content Creator fehlen. Und: „Es gibt kaum Steuerberater, die sich in diesem Gebiet auskennen oder ’heimisch’ fühlen.“
Wie sollten sich betroffene Influencer verhalten, die fürchten, ins Visier der Steuerfahndung zu geraten? Sollte bei der Steuer ein Fehler gemacht worden sein, könne der Betroffene eine Selbstanzeige erstellen, sagt Schmid. Dies solle er „bestenfalls“ mit seinem Steuerberater tun. „Das muss jedoch gemacht werden, bevor eine Betriebsprüfungsanordnung ins Haus geflattert ist“, mahnt die Expertin.
„Wenn eine vollständig und korrekt erstellte Selbstanzeige eingereicht wird, kann hieraus eine Straffreiheit resultieren“, sagt Schmid. Bislang seien ihr noch keine Selbstanzeigen in Baden-Württemberg bekannt.

Stimme.de